Macht Schuld Sinn? - Ein Theaterstück gibt Antworten
Wer einen lieben Menschen verloren hat, fühlt sich nicht selten den Gefühlen seiner Trauer hilflos ausgeliefert, fast schon erdrückt von einer schweren Last. So jedenfalls brachten die Trauerbegleiterin Chris Paul und die Clownin Aphrodite (Ida Maria Paul) im Evangelischen Gemeindezentrum in Heddesdorf die Situation Trauernder auf die Bühne.
Neuwied. Die beiden Frauen thematisierten nicht nur den Umgang mit dem schmerzlichen Verlust, sondern blickten noch viel tiefer. Denn Sätze, wie etwa „Ich bin schuld. Ich habe etwas falsch gemacht“, hört die Chris Paul in ihrer Funktion als Trauerbegleiterin immer wieder. Doch warum liefern sich Menschen dem Gefühl der Schuld aus? Warum machen sie sich selbst oder anderen Vorwürfe, wenn sie trauern? „Wenn alles, was vorher leicht war, verloren gegangen ist, dann können sogar Schuldgefühle helfen, eine große Not zu überstehen“, machte Chris Paul deutlich. Die Schuldvorwürfe oder –zuweisungen seien Ausdruck für das tiefe Bedürfnis, zu verstehen, warum ein Mensch plötzlich nicht mehr da ist. „Wenn es keine Antwort darauf gibt, muss ich oder jemand anders es doch schuld gewesen sein“. So schwierig es für Außenstehende auch klingen mag, laut Chris Paul sind die Gefühle der Schuld für Hinterbliebene auch eine Möglichkeit, die Bindung zu dem Verstorbenen nicht zu verlieren. Wie Krücken bieten sie Halt auf dem Boden, der unter ihren Füßen so plötzlich zerbrochen ist.
Gemeinsam mit über 100 Zuschauern, die auf Einladung des Hospiz im Kreis Neuwied (Ambulantes Hospiz und Neuwieder Hospizverein), der Waldbreitbacher Hospiz-Stiftung und der Katholischen Erwachsenenbildung Koblenz nach Heddesdorf gekommen waren, fanden die beiden Akteurinnen auf der Bühne eine Antwort auf die Frage: Macht Schuld Sinn? Einfühlsam brachten sie ein schweres Thema zur Sprache, aber nicht, ohne die Leichtigkeit und den Humor zu vernachlässigen.
Mit ihren eindrucksvollen Szenen öffneten sie ihren Zuschauern neue Wege, sich dem Thema Schuld zu nähern und vieles zu verstehen. So nahmen sie auch zur Lebenswirklichkeit von Kriegskindern Stellung, passend zum Jahresthema des Hospiz im Kreis Neuwied, „Sterbe- und Trauerbegleitung der Kriegs-und Kriegsenkelgenerationen“. Und sie wandten sich an jene, die trauernden Menschen begegnen. „Lassen sie uns Abstand halten, Innehalten und respektvoll mitfühlend Räume ohne Strafe schaffen. So kann man verzeihen und sich selbst von Schuld befreien“, sagte Chris Paul.
Ein ergreifender Abend, der für Verständnis warb, Antworten auf gestellte und nicht gestellte Fragen gab.
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