Barocke Farbenpracht lockt in den Abteigarten
Er ist ohnehin ein Kleinod in der Region, der Garten in der ehemaligen Prämonstratenser-Abtei Rommersdorf Doch für das Barockjahr hat er sich besonders feingemacht. Gartenmeister Johannes Blum hat gemeinsam mit Auszubildenden die Anlage rund um den Brunnen neu gestaltet – mit bunt blühenden Pflanzen, die für die Barockzeit typisch waren.
Neuwied-Heimbach-Weis. Damals erlebte die Gartenkunst, aufbauend auf die in der Renaissance gemachten Erfahrungen, eine neue Blüte. Allerorten versuchten weltliche und geistliche Herrscher, sich mit Anlagen zu übertrumpfen, in denen die jüngsten Errungenschaften aus der Neuen Welt erblühten. Doch eines hatten sie alle gemeinsam: Die Gärten von Versailles galten als großes – und nur schwer zu kopierendes – Vorbild. „Um immer wieder neue Farbtupfer präsentieren zu können, bezahlten die Königs- und Fürstenhäuser, die Bistümer und Abteien Pflanzensammler, die sich in den Kolonien auf die Suche nach bislang Unentdecktem machten“, weiß Blum.
Er hat sich seit Beginn des Jahres eingelesen in die Welt der Barockgärten, die im Original meist auch von einer Vielzahl großer Statuen „bevölkert“ waren. Die findet man in Heimbach-Weis nun nicht, doch dafür entdeckt der Besucher anderes, was für die Barockzeit typisch war. „Die Längs- und Querschnitte dieser Anlagen waren immer spiegelgleich, viele Beete verfügten zudem über eigene Brunnen“, berichtet der Mann aus Gladbach. An diese Symmetrie hat er sich auch bei der Bepflanzung der vier Beete rund um den großen Brunnen im Abteigarten gehalten, mit der die Gärtner Ende Mai/Anfang Juni begannen. „Dafür habe ich speziell Pflanzen ausgesucht, die während der Barockepoche ihren Weg nach Deutschland gefunden haben“, berichtet der Experte, „und zudem solche, die im Sommer blühen.“
Darunter befindet sich zum Beispiel die herrlich schimmernde Blaulilie, die ihre Heimat in Südafrika hat. Sie wurde 1625 erstmals in Europa angepflanzt. Gegen Ende jenes Jahrhunderts konnte die Pflanze dann auch in Deutschland bewundert werden, in einem Garten in Leipzig. Nicht alle Gartenblumen sind Exoten wie die Mauretanische Malve oder die Canna indica aus Peru. Zu sehen sind auch einige mittlerweile „banalen“ Pflanzen, die jeder kennt, wie Antirrhimun majus, das schlichte Löwenmäulchen, oder Tropaeolum majus, hier besser bekannt als Kapuzinerkresse. Beide kamen Ende des 16. Jahrhunderts in die Hände deutscher Gärtner. Ins Auge fallen auch exotische Gemüsesorten, die sich schon in Renaissance-Gärten großer Beliebtheit erfreuten, darunter der sehr dekorative rotblättrige Grünkohl. An einem der Beete erleichtern „Namensschilder“ die Orientierung. „Es weiß ja nicht jeder, dass sich hinter der hoch trabenden Bezeichnung Lobelia erinus Männertreu verbirgt“, meint Blum lachend.
Der Gartenmeister weiß auch noch eine weitere interessante Geschichte aus jener Zeit zu berichten: Keimfreies Wasser war damals quasi unbekannt. Es zu benutzen galt eher als gefährlich. Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Hygiene, regelmäßiges Waschen war nicht unbedingt an der Tagesordnung. Die Folge war, dass es meist nicht gerade sehr fein roch, auch nicht in den Herrschaftshäusern. Um dem Odeur zu Leibe zu rücken, stellten die Bediensteten stark duftende Blumen wie Geranien und Zitruspflanzen in die Zimmer des Adels, zudem entwickelten Spezialisten Parfums, die sich durch „schwere Düfte“ auszeichneten. Zehn dieser Herausforderungen an den Geruchssinn kann man im Abteigarten „zur Nase nehmen“. Dabei empfiehlt es sich, beim ersten Mal eher dezent einzuatmen. Im Barock liebte man es eben etwas deftiger.
Barock mit allen fünf Sinnen – Neuwied in der Barockregion: Das sind unterschiedliche Veranstaltungen wie Ausstellungen, Feste und Konzerte ganz im Zeichen des Barockzeitalters. Dessen Hang zu Pracht und Opulenz einerseits, Fantasie und Innovationsfreude andererseits stellt das Amt für Stadtmarketing mit dieser Reihe in den nächsten Wochen und Monaten vor. Mehr dazu: www.neuwied.de/barock.html
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