Hallerbach kritisiert Förderbedingungen des Landes
Ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Kindertagesstätten zu schaffen und vorzuhalten, das ist seit vielen Jahren eine der großen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Kreisjugendtamtsbezirk Neuwied.
Neuwied. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren nach Kräften und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln gemeinsam mit den Kommunen und freien Trägern dafür eingesetzt, möglichst wohnortnah so viele Plätze zu schaffen, beziehungsweise einzurichten, dass die beschriebenen Rechtsansprüche sichergestellt werden können“, erklärt der 1. Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach und reagiert damit auf das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20. Oktober, welches Eltern das Recht auf Schadenersatz zuspricht, wenn ihnen benötigte Kita-Plätze nicht zur Verfügung gestellt werden.
Immerhin haben Zweijährige in Rheinland-Pfalz schon seit dem 1. August 2010 einen Rechtsanspruch auf einen wohnortnahen beitragsfreien Kindergartenplatz. Seit dem 1. August 2013 wird dieser Rechtsanspruch noch ausgedehnt, beziehungsweise ergänzt durch den Anspruch auf frühkindliche
Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Der gilt für alle Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr. Seit 2009 sind im Bereich des Kreisjugendamtsbezirks (ohne die Stadt
Neuwied) 25 zusätzliche Gruppen entstanden und der Landkreis Neuwied wird gegen Ende dieses Jahres, beziehungsweise zu Beginn des Jahres 2017 mit mehr als 4.450 Plätzen in 216 Gruppen so viele Kita-Plätze vorhalten, wie nie zuvor. „Weitere - mehr als zehn Gruppen - werden im nächsten Jahr noch folgen. Sie verteilen sich dann auf insgesamt 56 Kindertagesstätten. Hinzu kommen noch einmal rund 100 Plätze in öffentlich geförderter Kindertagespflege", beschreibt Hallerbach die
Perspektive. Rein rechnerisch können also die Kinder aus 4,5 Geburtenjahrgängen einen Platz in einer Kita bekommen: sprich alle Kinder zwischen dem 2. und 6. Geburtstag.
„Nach zwei Jahren 2014 und 2015 mit einer eher entspannten Belegung in unseren Kitas verspüren wir aktuell einen wachsenden Druck auf das Kita-Angebot. In vielen Gemeinden explodieren die Kinderzahlen regelrecht - aus unserer Sicht eine deutliche Auswirkung von Zuzügen in
die Region. Das war so für uns auch nach dem Gutachten des Schulentwicklungsplaners der Projektgruppe „Bildung und Region" nicht abzusehen und zusätzliche Kita-Plätze lassen sich vielerorts nicht über Nacht schaffen", skizziert der 1. Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach die aktuelle Situation. Hier bedarf es einer guten und sorgfältigen Planung; schließlich geht es nicht nur darum, die bestehenden Rechtsansprüche „irgendwie" sicherzustellen sondern „unter räumlichen und personellen Bedingungen, die eine gelingende Erziehungs- und Bildungsarbeit in den Kitas ermöglichen", so Hallerbach weiter.
Zu berücksichtigen seien ebenfalls die Förderbedingungen des Landes. Der Ausbau von Kindergartenplätzen muss konkret gegenüber dem Landesjugendamt nachgewiesen werden. Eine überdimensionierte Bedarfsplanung beziehungsweise auf Vorrat geplante Struktur werde nicht gefördert. „Erschwerend für uns als Bedarfsplanungsbehörde und für die Träger sind die nur noch zweimal im Jahr möglichen Förderantragsfristen. Damit wurde uns seitens des Landes die flexible Steuerung einer Bedarfsplanung genommen. Und jetzt dieses Urteil des Bundesgerichtshofes", bedauert Hallerbach. Bedarfsplanung bewege sich dabei ständig im Spannungsfeld zwischen einem zu wenig an Plätzen - was dann unter Umständen zu Klagen betroffener Eltern führt, und andererseits einem vermeintlichen Überangebot, falls vorgehaltene und zu finanzierende Plätze nicht - wie angenommen/geplant - tatsächlich belegt werden.
Jugendamtsdezernent Achim Hallerbach: „Erschwert wird das Ganze durch den ständig steigenden Fachkräftebedarf, der kaum noch gedeckt werden kann. Und spätestens dann, wenn für ein vorgesehenes Platzangebot nicht genügend gut qualifiziertes Personal einsetzen kann, laufen die Bemühungen um ein bedarfsgerechtes Angebot ins Leere." Alles in allem ist Hallerbach zuversichtlich, dass die bestehenden Rechtsansprüche auch in Zukunft möglichst wohnortnah und möglichst zügig umgesetzt werden können und Eltern die Ansprüche für sich beziehungsweise ihre Kinder nicht einklagen müssen. Allerdings wird das - wie bisher - nicht immer die Wunsch-Kita der Eltern sein können.
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