Pianist jonglierte ohne Hasenkostüm in Waldbreitbach
Es war einiges neu im Rittersaal des Hotels zur Post: Uwe, der Techniker, war nicht im Hintergrund versteckt, sondern vorn neben der Bühne, auf der neben dem bekannten hauseigenen Klavier ein Mini-Flügel und weitere Musikinstrumente auf den Künstler des Sonntagabends warteten. Das Publikum saß gemütlich an Tischen und Andreas Gundlach klimperte „Ein Männlein steht im Walde“ als regionales Lied für Waldbreitbach.
Waldbreitbach. Er wolle Musik machen, aber nur mit Humor, bekannte der Künstler. Diese Kombination fand beim Auditorium größten Beifall. Das Adjektiv „multitaskingfähig“ ist für Andreas Gundlach eine herzhafte Untertreibung. Was der Mann alles gleichzeitig spielen, singen und bewegen kann, erfordert Anerkennung trotz des elegischen Lieds „Klavier spielen ist schwer!“ Mit Humor und Selbstironie erzählte, sang und spielte Gundlach seinen künstlerischen Werdegang und die zahlreichen Fehlschläge bei dem Versuch, als Jazz-Pianist Geld zu verdienen. Nebenbei lernten die Zuhörer Musikgeschichte und Instrumente kennen. Ein Paartherapeut fand heraus, dass der Kontrabass sogar Gespräche zwischen verfeindeten Ehepaaren wieder in Gang bringt. Dieses Instrument imitierte Gundlach, während er gleichzeitig Klavier, Schlagzeug und Saxophon bediente und erzählte.
Mit Hilfe eines Buch-Spiels und durchnummerierten Klaviertasten gelang dem Musiker eine personalisierte Komposition, eine Boogie-Improvisation für das „bewegte Persönchen“ im Publikum. Mit Fußmaschine für Tanzmusik und Fill-in-Taster am Alleinunterhalter-Keyboard, gelang mit dem gesamten Publikum ein Aggressionsabbau, indem der Pianist auf ein bekanntes Volkslied nacheinander Jazz, Swing, Bill Evans Melancholie und freie Improvisation à la Keith Jarrett losließ. Das singende Publikum sang unbeirrt und freudig den Refrain weiter.
„Man kann spielen, was man will, man kommt früher oder später immer bei Bach raus.“ Mit der linken Hand Tasten anschlagend und rechts einen wild verdrehten Zauberwürfel zurückdrehend, erzählte Gundlach die Geschichte der gespielten Melodie inklusive Zitaten von Beethoven und Goethe und philosophischer Exkursionen zur Beziehung zwischen Bach und Kant.
Das Hasenkostüm bei einem Klavierkonzert war dem Zwang zum Geld verdienen geschuldet und außerordentlich peinlich. „Was hab ich gelitten! In Wirklichkeit bin ich ein Tiger im Hasenkostüm.“ Das Gedicht „Der Hase im Rausch“ von Sergej Michalkow passte wunderbar zu dieser Lebensepisode genau wie die lyrischen Eigenkreationen. Der „Spielwarenladen“ auf der Bühne wurde noch um Chimes – „Die verwandeln alle Musik in Schönklang“ - und eine Gitarre erweitert, denn „Gitarre ist leichter zu stimmen und zu transportieren als ein Klavier“.
Zur Höchstform lief der Künstler mit Panflöte, Klavier, Rassel und Schellen als Panflötenspieler im Stil südamerikanischer Fußgängerzonen-Mafia auf: Alpaka und der Jazz – optisch und akustisch ein Genuss! Als Begleitmelodie-Spielerin erlernte Petra aus dem Publikum in dreißig Sekunden das Klavierspiel. Und als Zugabe gab Gundlach eine Kombination aus exzellentem Klavierspiel und Ball-Jonglage zum Besten.
Wer so extrem vielseitig und unterhaltsam auftritt wie Andreas Gundlach, muss garantiert nicht mehr unfreiwillig im Hasenkostüm am Piano sitzen, obwohl das bestimmt auch ganz lustig aussieht. Vielleicht beim nächsten Auftritt in Waldbreitbach? Wer den Künstler am 12. Februar erlebt hat, freut sich auf ein Wiedersehen! htv
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