Die spanische Art der Berufsorientierung
Eine junge Frau aus Neuwied hat ihren Weg bei einem Auslandspraktikum in León gefunden: Catrina Meinhardt ist 18 und kommt gerade aus Spanien zurück. Dort war sie nicht im Urlaub, sondern nahm in der spanischen Stadt León am Projekt “Fit in Europe” des Europäischen Sozialfonds teil. Das Projekt dient dem Zweck, junge Menschen in ihren Berufsabsichten zu festigen und ihnen Mut zu machen, ihre berufliche Zukunft in Deutschland aktiv zu gestalten.
Neuwied. Catrinas Eindrücke aus dem vorher für sie fremden Land sind noch ganz frisch: “Ich bin ziemlich ohne Erwartungen dort hingefahren, weil ich nicht wusste, wie die Menschen dort leben und wie ihre Kultur ist. In der ersten Woche waren wir ziemlich viel unterwegs, in Bars und in Geschäften. Wir waren eine Gruppe Jugendlicher und wollten etwas erleben. Täglich sind wir aber auch zu unserer Betreuerin in der Partnerorganisation gegangen und haben dort am Spanischunterricht teilgenommen. In der zweiten Woche begann das Praktikum. Ich hatte eins bei einer Küchenfachberaterin. Meine Chefin arbeitet alleine, ich war die einzige Hilfe. Ich habe gelernt, wie man am PC Küchen entwirft, wie man den Preis berechnet und wie man die Elektrogeräte einkauft. Meine Chefin hat das vorher mit den Kunden besprochen und ich habe die Planung und Kalkulation umgesetzt. Mein Wunsch ist es sowieso, etwas mit Innenarchitektur beziehungsweise Einrichtungen machen. Deshalb war die Zeit in Spanien sehr interessant für mich und hat mich in meinem Berufswunsch eigentlich nur bestärkt.”
Die Idee, einen Beruf zu lernen, der etwas mit Einrichten zu tun hat, kam Catrina bei einem Ausflug ins Koblenzer Einrichtungshaus Ikea. Dahin war sie mit ihrem Team vom Projekt „Fit für den Job“ gefahren. „Fit für den Job“ ist ein Angebot des Landes Rheinland-Pfalz und des Europäischen Sozialfonds zur Unterstützung Jugendlicher nach der Schulzeit. In der Danziger Straße in Neuwied machen Mitarbeiter der Gesellschaft zur Förderung Beruflicher Integration (GFBI) die jungen Menschen fit für einen erfolgreichen Übergang ins Ausbildungs- oder Beschäftigungsleben. Dazu gehören auch Betriebsbesichtigungen und Praktika zur beruflichen Orientierung.
Als nächstes will sich Catrina weiter auf Ausbildungsstellen als Einrichtungsfachberaterin oder Gestalterin für visuelles Marketing bewerben. Sie hat ihre Unterlagen schon zu Firmen in Frankfurt, Mainz und Wiesbaden geschickt, sucht aber auch noch in Koblenz und in Köln nach Ausbildungsstellen. Auf jeden Fall orientiert sie sich an den Großstädten, weil es dort, wie sie sagt, „mehr Möglichkeiten gibt“.
Bei dem Aufenthalt in Spanien hat Catrina auch die im Vergleich zu Deutschland unterschiedliche Arbeitsweise in dem südlichen Land gut gefallen: “Vor der Arbeit wird erst mal in einem der Cafés gefrühstückt. Die eigentliche Arbeit beginnt zwischen 9 und 10 Uhr, die Mittagspausen sind fast vier Stunden lang, von 13.30 bis 17 Uhr. Anschließend wird noch mal bis 20 Uhr gearbeitet. Mir ist auch aufgefallen, dass die Kunden in Spanien bei der Planung nicht mit am Tisch sitzen. Erst wenn die Planung steht, wird ihnen alles gezeigt und sie können noch Änderungswünsche äußern oder ihr Okay geben.” Auch findet Catrina, dass die spanischen Jugendlichen offener auf andere Menschen zugehen als hier in Deutschland. Alle wirkten viel entspannter und weniger gestresst, war ihr Eindruck.
Weil Catrina in einem Studentenwohnheim lebte, hatte sie es auch leicht, andere Jugendliche kennenzulernen. Mit dem Nachweis ihres Praktikums in Leon erhöhen sich Catrinas Chancen auf einen Ausbildungsplatz als Einrichtungsfachfrau in Deutschland sehr. Weil es ihr so gut in Spanien gefallen hat, überlegt sie sogar, die Sprache gründlich zu lernen und dann vielleicht auch eine Ausbildung dort zu machen. Fest vorgenommen hat sie sich schon, nächstes Jahr für ein paar Tage in León Urlaub zu machen. Sie hatte dort einen Jungen aus Spanien kennengelernt, David, ein spanischer Student, den sie gerne wiedersehen will.
Unabhängig von ihren beruflichen Ambitionen hat Catrina einen weiteren Wert ihres Auslandsaufenthalts erlebt. Sie sagt: “Bei so etwas reift man auch als Persönlichkeit und wird noch ein ganzes Stück mehr selbstständig!” Mit diesem gewachsenen Selbstvertrauen und ihren erworbenen Qualifikationen dürfte es der jungen Frau nicht mehr schwerfallen, ihren Traumberuf zu erlernen und darin erfolgreich zu sein.
„Fit in Europe“ und das Neuwieder Projekt „Fit für den Job“ werden durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Kontakt: GFBI Neuwied, Fit für den Job, Danziger Straße 5, 56564 Neuwied, Tel.: 0 26 31 - 99 99 92, E-Mail: fit.neuwied@gfbi-bildung.de.
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