Roberto Capitoni und Freunde - Comedy vom Feinsten
Melsbach entwickelt sich zum Mekka der Comedians. Zum dritten Mal in Folge veranstaltete die Gemeinde eine ausverkaufte Comedy-Nacht. Einen Türken und einen Kölner hatte Moderator Roberto Capitoni am 2. März auf die Bühne des Bürgerhauses mitgebracht. Sie lösten Begeisterungsstürme beim Publikum aus.
Melsbach. Ortsbürgermeister Holger Klein bewies selbst Talent zum Comedian, als er bei der Begrüßung voller Häme gegen die SPD und die GroKo lästerte, das uralte Krokodil, das sich gegen das Aussterben wehrt. Techniker Daniel Koch überbrückte anfängliche Probleme mit den Funkmikrophonen mit einem unterhaltsamen Auftritt, der das Publikum einstimmte auf das Feuerwerk an Gags und Skurrilitäten, das die drei Künstler im Anschluss abfeuerten.
Der quirlige Roberto Capitoni, Deutscher mit schwäbischen und italienischen Wurzeln, ist im ständigen Konflikt mit seinen genetischen Veranlagungen, denn der Italiener denkt immer nur an Romantik und Amore, während der Schwob immer ans Sparen denkt nach dem Motto „Second Hand tut’s auch“. Zahlreiche lebensnahe Beispiele dieses Dauerkonflikts in Capitonis Leben verdeutlichten, dass ihn das fertig macht, wobei der Deutsche in ihm inzwischen eher neutral dazu steht.
Mit schauspielerischem Talent, ausdrucksstarker Mimik und furchterregendem Augenrollen imitierte der Künstler seinen Onkel Luigi aus Palermo, der aussieht „wie Pavarotti in dick“ und auftritt wie ein Gockel, um seine Lebensweisheiten zu verteilen, zum Beispiel „Du musst immer klug sein, dann kannst du dich dumm stellen, andersrum ist schwierig.“ Bei Zuwiderhandlungen drohen Betonschuhe.
Zuwiderhandlungen sind das Metier des Kölner Verbal-Künstlers Markus Barth, der Anweisungen gern wörtlich befolgt, wie die in der U-Bahn: „Bitte benutzen Sie beim Einsteigen alle Türen!“ Fragen verursacht der Name eines Dessous-Ladens, der „Scusi“ und somit „Entschuldigung“ heißt. Was bedeutet das für die Erotik? Markus Barth, der wirklich diesen Namen trägt, liebt Holländisch, das wie lallen ohne Alkohol klingt und wegen Interferenzen zum Deutsch leicht zu Missverständnissen führt. Eindeutiger ist das Gebaren seines Vaters, der fehlende Fremdsprachenkenntnisse im Ausland durch sehr lautes Sprechen ersetzt, was besonders in Frankreich auf wenig Verständnis stößt. Verständnisfördernd dagegen erweist sich, wie Barth bei seinen Eltern feststellt, dass mit zunehmendem Alter Geräusche die Sprache ersetzen.
Deutsche Wörter wie „Rindenmulch“ inspirieren den Wortkünstler zu kreativen Assoziationen und zu einer gelungenen Grzimek-Imitation mit dem Vortrag zum „Gemeinen Rindenmulch“. Rindenmulch kann auch eine Krankheit sein oder Trend-Food.
Technische Neuerungen regen Barth zu ungewöhnlichen Reaktionen an. Nach lautstark geführten privaten Handy-Gesprächen im ICE führt er das Gespräch mit dem Sitznachbarn weiter und googelt heimlich unter dem Tisch den Luftröhrenschnitt, wenn alte Menschen in beängstigender Weise im Zug essen. Ökostrom, E-Zigaretten und Schockbilder auf Zigarettenpackungen, französische Kohlenhydrate und Pfannkuchenteig aus der Flasche provozieren lebensbejahende Widerstandshandlungen, zu denen der Künstler sein Publikum eindringlich aufforderte. Dafür erhielt er heftigen Applaus.
Der „Kollege mit Migrationshintergrund“, Serhat Dogan, der 2004 aus der Türkei nach Deutschland kam und seither geblieben ist, schrieb seine Erfahrungen mit der ganz anderen Kultur in einem Tagebuch auf, aus dem er mit stoischer Miene und erstaunt blickenden blauen Augen vorlas. Ausgerechnet nach München hatte ihn der erste Weg geführt, in die Stadt mit ewig grauem Himmel, einem Hofbräuhaus mit Bierkrügen in der Größe von Aquarien und Menschen, die kein Deutsch sprechen. Seine Erlebnisse, die sehr zutreffend und komisch zugleich waren, verursachten heftige Lachanfälle im Publikum. Seine Deutschlandreise führte Dogan weiter nach Sachsen, wo die Menschen Deutsch sprechen, das aber komisch klingt. Urkomisch waren auch die Erlebnisse des anpassungsbereiten Türken in Dresden, Bitterfeld und Hoyerswerda. Verwundern konnte er sich über die Institution „Sonnenstudio“. Auf der Suche nach einem Café für Männer landete er im „Stiefelknecht“ bei ledergewandeten freundlichen Herren. Dort lernte er Roberto Capitoni kennen.
Der demonstrierte drastisch seine Probleme mit der Handy-Manie mit familiär erprobten Lösungen und schwelgte in nostalgischen Erinnerungen an Schreibmaschine und Schallplatten, meist in englischer Sprache. Mit Liedern Deutsch lernen wollte Serhat Dogan. Er musste allerdings feststellen: „Deutsch lernen mit Herbert Grönemeyer ist wie Englisch lernen mit Lothar Matthäus.“ Auch inhaltlich blieb dem Neubürger das Deutsche fremd, vor allen Dingen versteht er deutsche Männer nicht. Allerdings hat er viel gelernt. Das war ein Kulturschock, denn es gibt tausend Unterschiede zwischen der Türkei und Deutschland. Zum Beispiel ist in der Türkei die Liebe ganz einfach: Da treffen sich die Eltern. Fertig. Für die Disco macht sich ein türkischer Macho ganz schick, die Verwandlung zeigte Dohan in drei Stufen, die das Publikum zum Toben brachten.
Der Multi-Kulti-Comedy-Nacht mit humoristischem Integrationsfaktor werden weitere folgen, wie Orts-Chef Holger Klein beim Überreichen des beliebten Melsbacher Apfelsafts bereits versicherte. Comedy-Freunde können sich bereits auf einen Lachmuskeln strapazierenden lustigen Abend mit Roberto Capitoni und neue Kollegen freuen und vorbereiten: Bestimmt wird dann wieder ein attraktiver Preis für den gelungensten Zuschauerwitz vergeben. htv
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