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Nachricht vom 25.03.2018    

Wenn süße Streuner zur Plage werden

Als Klaus und Helga Müller (Name geändert) den abseits gelegenen Aussiedlerhof im Landkreis Neuwied übernahmen, war ihnen bewusst, dass viel Arbeit auf sie zukommen würde. Und auch die eine oder andere „streunende“ Katze gehört zu einem solchen Anwesen wohl einfach dazu. Dass es mehr als 20 Vierbeiner sein würden, die sich auf dem weitläufigen Hof eingerichtet hatten, überraschte sie dann aber doch.

Von April bis Oktober sind die Pflegestellen der Katzenhilfe Neuwied üblicherweise fest in der Hand von Katzenmüttern und ihrem Nachwuchs. In diesem Jahr startet die Babysaison wegen der Fangaktion auf einem Aussiedlerhof früher. Foto: Doris Litz

Neuwied. Schnell war klar: Einfach sich selbst überlassen konnten die neuen Besitzer ihre vierbeinigen Mitbewohner nicht. Denn ziemlich offenkundig waren viele von ihnen trächtig – und das Problem drohte sich damit binnen weniger Wochen zu vervielfältigen.

„Eigentlich hatten wir wirklich keinen Kopf dafür, uns auch noch um ein ganzes Rudel halbwilder Katzen Gedanken zu machen“, gesteht Helga Müller. Doch schließlich habe man eingesehen, dass Abwarten keine Alternative sei. Eine Bekannte brachte sie schließlich auf die Idee, die Neuwieder Katzenhilfe um Unterstützung zu bitten. Und die ehrenamtlichen Helferinnen rückten tatsächlich nach einigen Telefonaten, in denen Organisatorisches geklärt wurde, mit Futter, Lebendfallen und Transportboxen an. Binnen weniger Tage hatten den größten Teil der Tiere eingefangen – die Hälfte davon weiblich und tragend.

„Zuerst haben wir die Tiere mal zum Tierarzt gebracht“, erklärt Patricia Breithausen, die die Fangaktion für den Verein koordiniert. Nachdem der allgemeine Gesundheitszustand überprüft war, wurden die Kater kastriert und die werdenden Mütter auf Pflegestellen des Vereins untergebracht. Dort sollen sie ihre Babys bekommen und später in ein neues Zuhause vermittelt werden – so sie zahm genug sind, um ihr weiteres Leben in menschlicher Gesellschaft zu verbringen. Denn Müllers und die Katzenhilfe haben sich darauf geeinigt, dass der Verein alle Tiere, die nicht für eine Vermittlung geeignet sind, zurück auf den Hof bringt, wo sie von der Familie versorgt werden.

Auch wenn die ersten Tage des Projektes vielversprechend angelaufen sind, rechnet Patricia Breithausen damit, dass es schwerer werden könnte, die verbliebenen Katzen einzufangen. „Sie werden immer misstrauischer – und uns läuft die Zeit davon.“ Denn wirklich schlecht wäre es, wenn die halbwilden Kätzinnen ihren Nachwuchs auf dem Hof bekommen, erklärt die Tierschützerin. „Wahrscheinlich dauert es sechs bis acht Wochen, bevor wir die Kleinen zu Gesicht bekommen. Und dann sind sie schon so wild, dass es sehr schwer wird, sie noch an Menschen zu gewöhnen. Natürlich können in dieser Zeit auch die Mütter nicht eingefangen werden, denn die Babys müssen ja von ihnen versorgt werden.“

Das ist allerdings nicht das einzige Problem, das die Katzenhilfe-Frauen zu lösen haben. Denn die Aktion ist für den Verein auch eine enorme Herausforderung. Mehr als zehn Ehrenamtliche opfern augenblicklich ihre Freizeit, um Fangaktionen, Tierarztbesuche und das Verteilen auf die Pflegestellen zu bewältigen. Dabei ist Spontanität gefragt, denn wenn die Katzen erst einmal in der Falle sitzen, müssen die Tierschützerinnen schnell handeln. Außerdem müssen die vielen Kastrationen bezahlt werden und auch die Versorgung von Müttern und Babys ist eine langwierige und teure Angelegenheit.



Allerdings kann Patricia Breithausen auch von positiven Aspekten ihres Einsatzes berichten. „Wir haben sehr viele Unterstützungsangebote von umliegenden Tierschutzvereinen bekommen, die uns einen Teil der trächtigen Tiere abnehmen werden. Alleine könnten wir das gar nicht bewältigen. Schließlich steht der Frühling vor der Tür und da werden wir wie alle Tierheime ohnehin mit Katzen überschwemmt.“ Auch vor diesem Hintergrund weiß die Neuwieder Katzenhilfe die Solidarität der anderen Tierschützer zu schätzen.

Dankbar ist aber auch Familie Müller. Denn obwohl sie selbst ja nichts zum Entstehen des Problems beigetragen hat, ist ihr klar, dass die Katzenhilfe ihr völlig freiwillig zur Seite gesprungen ist. Schließlich sind die Neuwieder Tierschützer – wie alle Mitglieder derartiger Vereine – Privatleute, die freiwillig einen großen Teil ihrer Zeit und meist auch viel persönliches Geld in die selbstgestellte Aufgabe stecken. Denn auf Unterstützung durch die oft hoch verschuldete so genannte „öffentliche Hand“ warten die meisten Vereine vergeblich.

„Dieses Beispiel macht sehr deutlich, warum wir uns so vehement für eine Katzenschutzverordnung einsetzen, die Katzenbesitzer verpflichtet, ihre Tiere kastrieren und kennzeichnen zu lassen“, erklärt Sabine Stumm, die Vorsitzende der Neuwieder Katzenhilfe. Letztlich sei nämlich davon auszugehen, dass es sich bei der nun versorgten Katzenkolonie ursprünglich um Tiere handelt, die von ihren Besitzern ausgesetzt wurden und sich dann unkontrolliert vermehrt haben. „Für uns ist das wie der berühmte Kampf gegen Windmühlen. Es müssen nur zwei unkastrierte Tiere neu zur Gruppe stoßen und das ganze Spiel beginnt von vorn.“

Stumms Fazit: „Nur wenn es weniger Katzen gibt, können wir unsere Arbeit auf Dauer erfolgreich weiterführen. Denn Aktionen wie die jetzige bringen uns an die Grenze dessen, was wir ehrenamtlich leisten können – personell und finanziell.“

Wer die Katzenhilfe Neuwied unterstützen will, kann spenden (Sparkasse Neuwied, IBAN: DE83 5745 0120 0030 2743 44) oder auf vielfältige Weise aktiv helfen. Info: 0157 – 52687661.


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