Im virtuellen Raum sicher unterwegs
Willkommen im digitalen Zeitalter. Was für die Elterngeneration noch nicht galt, ist heute für den Nachwuchs absolut selbstverständlich: Der alltägliche, gern auch zeitintensive Umgang mit den neuen Medien. Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen. Was also tun, damit dieser Umgang ein positiver werden möge? Rund um „Medienkonsum und Medienerziehung: Chancen und Risiken für Kinder und Jugendliche heute“ referierte Frank Schallenberg vor vollem Saal im Heilpädagogisch-Therapeutischen Zentrum (HTZ) Neuwied.
Neuwied. Schallenberg ist Pädagoge, zertifizierte Kinderschutzfachkraft und Geschäftsführer von „Brücke Köln“, einer Initiative zur Kriminalprävention.
In jedem Jahr organisieren HTZ-Team und Neuwieder Kreisverwaltung eine Fortbildungsveranstaltung. Sie richtet sich an alle im Gesundheitswesen Tätige. Dieses Mal thematisch im Fokus: die neuen Medien. Eine Welt, in der sich die jungen Leute meist ebenso selbstsicher wie blauäugig bewegen. Den Eltern jedoch fällt der Zugang schwer. Was macht mein Kind da eigentlich, wie geht das, ist das gefährlich, muss ich für Schutz sorgen?
„Medienerziehung statt Medienkonsum“ hätte der Vortrag auch betitelt werden können. Denn dies war die Quintessenz: Vor allem solange sich der Nachwuchs noch nicht aufgrund der Pubertät von den Eltern ablöst und entwicklungsbedingt Widerstand leistet, möchte Frank Schallenberg Müttern, Vätern sowie Fachkräften Mut machen, die Kinder mit den Medien nicht allein zu lassen. Inhalte sollten nicht unkritisch konsumiert, sondern möglichst gemeinsam reflektiert werden. Dazu gehört aber, dass sich auch Eltern mit den Medien beschäftigen, altersgerechte Regeln nebst transparenter Begründung aufstellen und das Gespräch mit dem Nachwuchs suchen.
„Man kann Dreijährige schon durchaus einige Minuten an die Computertastatur lassen, um ihre Neugierde zu befriedigen“, so der Experte. „Aber natürlich kontrolliert.“ Bis zu zwanzig Minuten täglich etwas Kindgerechtes gemeinsam mit Mama oder Papa im Internet gucken, könne der nächste Schritt sein. Bis das Kind zehn Jahre alt ist, kann Ziel sein, es an die Idee heranzuführen, Infos aus dem Netz zu ziehen. „Zu Risiken kommt es dann, wenn das Kind nicht gut begleitet ist“, so Schallenberg. Schlichtweg keine Zugänge zur neuen Mediennutzung zur Verfügung zu stellen, „bringt nichts.“ Spätestens in der Pubertät suchten sich die jungen Leute heimlich Orte, um auszuprobieren, was sie ausprobieren möchten. Denn die neuen Medien gehören einfach dazu.
Zum Hintergrund: Die Entwicklungsaufgaben der Kinder haben sich im Vergleich mit anno dazumal nicht geändert. Aber die Bedingungen. Fand die Sozialisation des Nachwuchses früher in Familie, Kindergarten, Schule und Peer-Group statt, komme heute eine neue Sozialisationsinstanz hinzu: der stets größer werdende „virtuelle Raum“. Dabei verschiebe sich auch die Teilnahme an heutzutage gern mehreren Peer-Groups in die Netzwerke, schildert Frank Schallenberg. Hier sei viel Selbstdarstellung angesagt. Und wenig Platz, um reales Kommunikationsverhalten oder gar eine gute Streitkultur zu erlernen. Dies müsse idealerweise in der Kernfamilie geschehen: „Die Medien dürfen kein Lückenfüller sein.“
Kurz: Vieles am Ist-Zustand bereitet auch den Experten Kopfzerbrechen. Wünschenswert wären Kenntnisse in puncto Medienangebote bei Eltern sowie Fachkräften der Jugendhilfe. Denn nur, wer selbst sicher unterwegs ist im neuen Medienraum, kann auch anleiten, vernünftige Regeln aufstellen und Kinder und Jugendliche sensibilisieren, wo Gefahren lauern und wo die Chancen sind. Am Ende der Veranstaltung gingen die Teilnehmer mit vielen neuen Impulsen nach Hause. (PM)
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