Unser Dorf hat Zukunft: Oberraden siegt im Gebietsentscheid
Den ersten Platz der Sonderklasse im Gebietsentscheid des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ belegt in diesem Jahr die Ortsgemeinde Oberraden vor Dernau und Meddersheim, dies hat die ADD bekanntgegeben. Die Kommission bescheinigt der Ortsgemeinde eine Ideenreiche, aktive und zukunftsfähige Entwicklung und bescheinigt Oberraden beispielhaften Charakter einer gelebten Dorferneuerung. Nunmehr muss sich die Ortsgemeinde im Landesentscheid messen. Nachstehend die Begründung für den Sieg.
Oberraden. Ortsfremde können sich über eine freundlich gestaltete, aktuelle Homepage auf ihren Besuch in der Gemeinde einstimmen und einen ersten Überblick gewinnen. Oberraden ist sehr verkehrsgünstig in der Nähe der Autobahn A3 (Köln-Frankfurt) gelegen. Das Grundzentrum Rengsdorf ist von hier aus in etwa fünf, das Mittelzentrum Neuwied, in 15 Minuten mit dem Auto zu erreichen. Aufgrund ihrer Lage ist die Gemeinde ein attraktiver, ländlich geprägter Wohnstandort.
Seit gut zehn Jahren betreibt die Ortsgemeinde aktiv einen Dorferneuerungsprozess. Es ist gelungen die Dorferneuerung als Initialzündung zu nutzen, um viele Akteure in die Ortsentwicklung einzubinden. Mit der Beteiligung aller Generationen wird der Dorferneuerungsprozess auf eine breite Basis gestellt. Insbesondere Jugendliche sollen mittel- und langfristig an die Gemeinde gebunden und zum Bleiben animiert werden. Der Dorferneuerungsprozess wird in Oberraden als eine stetige Weiterentwicklung in der Gemeinde begriffen.
Die Bürger in diesem vergleichsweise kleinen Ort haben in den vergangenen Jahren drei aus dem Prozess entwickelte „Großprojekte“ umgesetzt:
• Den Bau eines Dorfgemeinschaftshauses
• Die Errichtung einer Buswendeschleife in der Ortsmitte
• Die Neuanlage eines Schulgartens
Besucht man Oberraden bleibt in baulicher Hinsicht zunächst das zwischen den Ortsteilen Ober- und Niederraden gelegene Dorfgemeinschaftshaus in Erinnerung. Das Gebäude liegt etwas abgerückt vom Ortsrand, ist jedoch über einen von Obstbäumen begleiteten Weg fußläufig vom Dorf aus gut zu erreichen. Das Haus ist in seinen Abmessungen von innen und außen angemessen gegliedert und wirkt wohltuend offen und heiter. Hierzu trägt auch die gelungene künstlerische Ausgestaltung am Eingangsbereich bei.
Im Ortskern selbst ist historische Bausubstanz eher selten anzutreffen. Ortsbildprägend sind dagegen die ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen, die alte Schule in der Ortsmitte und ein Kulturdenkmal in der Mittelstraße. Diese Gebäude gilt es sorgfältig weiter zu entwickeln und möglichst zu einem „dörflichen Ganzen“ zusammen zu fügen. An den Gebäuden innerorts finden sich mehrere bereits umgesetzte private Erneuerungsmaßnahmen zur Aufwertung von Häusern und Gärten. Hier ist es wünschenswert, den Prozess zukünftig noch weiter zu intensivieren und die Eigentümer der Gebäude fachlich angeleitet und begleitet zu weiteren Maßnahmen anzuregen.
Schön sind die ortsbildprägenden Natursteinmauern, die vielen schönen Einfriedungen, insbesondere die als dörfliches Element an vielen Stellen wieder eingeführten Staketenzäune, die dabei helfen dem Ort einen unverwechselbaren Charakter zu verleihen. Die Gemeinde wird ermutigt, dieses Thema weiter zu pflegen. Erfreulich ist auch der Bestand des gut geführten Gasthauses Waldblick. Die Existenz einer Gastwirtschaft stellt heute keine Selbstverständlichkeit mehr für eine Gemeinde dieser Größenordnung dar.
Der Grundsatz zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird in Oberraden verfolgt. In der Vergangenheit wurde bewusst auf das Ausweisen von Neubaugebieten in der Ortslage verzichtet. Aktuell wird ein Bauflächenprojekt zur Innenentwicklung betrieben. Eine Freifläche von rund 2.500 Quadratmeter wurde erworben und neu parzelliert. Hier sollen vier Bauplätze mit einer Bauverpflichtung veräußert werden. Die Gemeinde wird ausdrücklich ermutigt, diesen Weg fortzusetzen.
Als weiteres besonderes Projekt hervorzuheben ist der Ausbau einer Buswendeschleife mit Wartehäuschen in der Ortsmitte. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die örtliche Busanbindung erhalten und möglichst noch weiter ausgebaut wird.
Sieben Vereine bereichern das Dorfleben. Ohne Vereine ist ein lebendiges Dorf nicht vorstellbar. So hat beispielsweise der Burschenverein mit einer 25 Meter langen Trockenmauer das größte von einem Verein im Dorfbild sichtbare Bauwerk errichtet. Die jungen Leute betreiben zudem ein sehr gepflegtes Grillhaus am Ortsrand.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Feuerwehr, die neben ihren originären Tätigkeiten aktiv das Gemeindeleben unterstützt. Nicht zuletzt um Nachwuchs zu gewinnen gibt es eine Jugendfeuerwehr und den Brandschutztag im Kindergarten.
Die „Spielplatzrentner“ haben rein ehrenamtlich die Pflege des Spielplatzes in der Ortsmitte übernommen. Ehrenamt und Eigenleistung sind ein weiteres Element, das die Entwicklung eines Dorfes in Zeiten klammer Kassen überhaupt ermöglicht. In der Nähe zur ehemaligen Schule wurde ein schöner Schulgarten angelegt, der den Kindern das Heranziehen und Ernten von Gemüse und Früchten vermittelt.
Als eines der nächsten Zukunftsprojekte wurde die Errichtung eines „Backes“ angekündigt. Der Betrieb eines Backes stellt erfahrungsgemäß ein belebendes Element für die Dorfgemeinschaft dar, weil sich viele Bewohnerinnen und Bewohner am Betrieb und Genuss beteiligen können.
Aus landespflegerischer Sicht sind zunächst der liebevolle Erhalt und die Pflege der alten Obstbäume, sowie die Neuanpflanzung von mehr als 350 neuen Obstbäumen zu erwähnen. Besonders positiv ist dabei der ganzheitliche Ansatz, dass neben der Anpflanzung von Obstbäumen auch die Pflege und die Nutzung des Obstes beinhaltet. Beim Dorf gibt es eine Apfelannahmestelle für Großhändler und Privatmostereien.
Gut stehen dem Dorf auch die extensive Grünlandnutzung und die Offenhaltung von Flächen zu Gesicht. Das Gestüt Aubachtal mit seinen Islandpferden ist zudem ein örtlich ansässiger, dankbarer Abnehmer für das Heu.
Auffällig ist auch die Nutzung vieler ländlich gestalteter Gärten. Das Pflanzen von solitären Großbäumen an geeigneten Orten wird angeregt. Vielleicht kann eine Idee sein, für jedes neugeborene Kind einen Baum zu pflanzen. Die Straßenräume erscheinen in manchen Bereichen fast zu gepflegt, sodass die Gemeinde zu mehr „Lässigkeit“ im Umgang mit innerörtlichem Grün aufgefordert werden kann.
Insgesamt wirkt die Entwicklung der Gemeinde ideenreich, aktiv und zukunftsfähig. Der Prozess verspricht anhaltende Dynamik und vermittelt glaubhaft gute weitere Entwicklungsperspektiven. Oberraden ist mit seiner gelebten Dorferneuerung beispielhaft für andere Gemeinden.
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