IHK-Realsteueratlas 2018: Kommunen fehlt es an wirksamer Haushaltsstrategie
Geht es nach den Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Rheinland-Pfalz, sollten die Kommunen sich ein attraktiveres Umfeld für die Ansiedlung von Unternehmen schaffen, um sich neue Einnahmequellen zu erschließen. Das haben die rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) bei der Vorstellung des IHK-Realsteueratlas 2018 vorgeschlagen. Der Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, Arne Rössel, warnte: „Es scheint so, als fehle es den Kommunen an wirksamen Vorsorge-Konzepten. Zwar generieren sie Rekordeinnahmen in der jetzigen Phase der Hochkonjunktur. Kommt es aber zu einem konjunkturellen Abschwung, bleibt den Stadt- und Gemeinderäten kaum ein anderer Ausweg, als Steuern und Abgaben erneut zu erhöhen.“
Koblenz/Region. Die Kommunen in Rheinland-Pfalz sollten sich ein attraktiveres Umfeld für die Ansiedlung von Unternehmen schaffen, um sich neue Einnahmequellen zu erschließen. Das haben die rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) bei der Vorstellung des IHK-Realsteueratlas 2018 vorgeschlagen. Aus Sicht der IHKs haben Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren zu einseitig auf die Erhöhung kommunaler Steuern und Abgaben gesetzt, anstatt durch Reduzierung der konsumtiven Ausgaben eine Haushaltsentlastung herbeizuführen, bzw. durch Investitionen in die Infrastruktur langfristig wirksame Einnahmestrukturen zu schaffen.
Konzepte fehlen
Der Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, Arne Rössel, blickt warnend in die Zukunft: „Es scheint so, als fehle es den Kommunen an wirksamen Vorsorge-Konzepten. Zwar generieren sie Rekordeinnahmen in der jetzigen Phase der Hochkonjunktur. Kommt es aber zu einem konjunkturellen Abschwung, bleibt den Stadt- und Gemeinderäten kaum ein anderer Ausweg, als Steuern und Abgaben erneut zu erhöhen.“ In der Folge sinke ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort.
Zwar stellen die IHKs fest, dass die rheinland-pfälzischen Kommunen nicht mehr so kräftig an der Steuerschraube drehen wie noch in den Vorjahren. Dies liege vor allem an der anhaltend guten und stabilen Konjunktur, aber auch den kräftigen Erhöhungen der Hebesätze in den vergangenen Jahren. Damit sind es vor allem die ortsansässigen Unternehmen, die über die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer maßgeblich zu den Einnahmeverbesserungen von Städten und Gemeinden beitragen.
In Rheinland-Pfalz beträgt der durchschnittliche Hebesatz für die Gewerbesteuer 374 Prozent und für die Gewerbesteuer B 383 Prozent. Nahezu jede zehnte Kommune hat einen Hebesatz von mehr als 400 Prozent für die Gewerbesteuer und fast jede vierte Kommune für die Grundsteuer B. Im Landkreis Trier-Saarburg sind es 90 Prozent der Kommunen, die einen Grundsteuer B-Hebesatz von 400 Prozent veranlagen.
Der Schuldenberg bleibt
Trotz alledem ist die kommunale Verschuldungssituation im Land weiter prekär. Darauf haben jüngst unter anderem die Bertelsmann-Stiftung und der Landesrechnungshof hingewiesen. Die Kommunen sind trotz Kassenüberschüssen nicht in der Lage, den hohen Schuldenberg nachhaltig abzutragen. Stattdessen suchen sie nach neuen Einnahmequellen oder werden von der Kommunalaufsicht dazu gezwungen, die Einnahmeseite zu verbessern.
Arne Rössel regt langfristig ausgerichtete Strategien an. „Anstatt weiter an der Steuerschraube zu drehen, könnte auch die Ansiedlung neuer Unternehmen zu weiteren Einnahmen führen.“ Als Beispiel nannte er den Landkreis Ahrweiler: „Ein Vergleich mit den angrenzenden Landkreisen in Nordrhein-Westfalen - Euskirchen und Rhein-Sieg-Kreis - zeigt, dass der durchschnittliche Hebesatz im Landkreis Ahrweiler für Grundsteuer B rund 220 Prozentpunkte und für die Gewerbesteuer rund 100 Prozentpunkte niedriger ist. Für Unternehmen kann dies ein maßgeblicher Grund für eine Ansiedlung sein, wie es das Beispiel des Süßwarenherstellers Haribo belegt.“
Erstmals seit Einführung des IHK-Realsteueratlas im Jahr 2008 haben die rheinland-pfälzischen IHKs in diesem Jahr die Frischwassergebühren in ausgewählten Kommunen erhoben und analysiert. Die Gebühren und Preise für Frisch- und Abwasser stellen für viele (produzierende, personalintensive oder flächenintensive) Unternehmen einen wichtigen Kosten- und Standortfaktor dar. Allerdings wird die Wasserversorgung in den Städten und Gemeinden von verschiedenen privat-rechtlich oder öffentlich-rechtlich organisierten Wasserversorgungsunternehmen sichergestellt. Die Vielzahl von Preis- und Gebührenmodellen ist im Einzelfall intransparent und erschwert direkte Vergleiche zwischen einzelnen Städten und Gemeinden.
Standortfaktoren variieren
Dennoch macht das folgende Rechenbeispiel deutlich, dass auch diese Gebühren relevante Kostenfaktoren und damit Standortfaktoren darstellen können: Die Nettopreise je Kubikmeter Frischwasser variieren in den ausgewählten Kommunen zwischen 1,30 Euro (Haßloch/Pfalz) und 2,90 Euro (Idar-Oberstein). Ebenfalls große Unterschiede ergeben sich in der Zählergebühr für einen haushaltsüblichen Wasserzähler. Sie schwanken zwischen 24 Euro (Haßloch/Pfalz) und 120 Euro (Idar-Oberstein) jährlicher Nettogebühr. Für ein Unternehmen, das beispielsweise 500 Kubikmeter Frischwasser im Jahr verbraucht, ergibt sich innerhalb der Gruppe der untersuchten Gebietskörperschaften eine Preisdifferenz zwischen der Kommune mit den niedrigsten Frischwassertarifen und der teuersten von 896 Euro. Diese Differenz ist höher als die Gebühr der günstigsten Kommunen. (PM)