Fahrt ins Berufsleben mit den Neuwieder Zukunftskisten
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Bald schon flitzen die bunten Seifenkisten wieder rasant durch den Sayner Schlosspark. Beim 40. Burgen- und Parkfest in Bendorf-Sayn am 1. und 2. September sind sie wieder dabei, die kleinen Rennmaschinen, die umweltfreundlich (weil rein durch Schwerkraft angetrieben) die Rampe und die Rennstrecke hinunter sausen.
Neuwied/Bendorf-Sayn. Seit sechs Jahren gehört das Event des Jobcenter-Projekts „Neuwieder Zukunftskisten“ zu der Großveranstaltung am Fuß der Burg Sayn. Wenige Wochen vor dem Rennen werfen wir einen Blick hinter die Kulissen des Projekts „Zukunftskisten“.
"Neuwieder Zukunftskisten" heißt das Angebot des Jobcenters Neuwied, an dem Menschen auf dem Weg zurück ins Arbeitsleben - oder zum ersten Mal dorthin - teilnehmen. Im Gebäude des ehemaligen Luchterhand-Verlags in Neuwied in der Heddesdorfer Straße werden sie von den Mitarbeitern der GFBI (Gesellschaft zur Förderung Beruflicher Integration) bei der Berufsorientierung und beim Erstellen von Bewerbungen unterstützt. Außerdem hilft man ihnen, Hindernisse vielfältiger Art zu beseitigen, die einer Arbeitsaufnahme im Wege stehen.
Gleichzeitig bereiten die Teilnehmer des Projekts das einmal jährlich stattfindende große Seifenkistenrennen im Sayner Schlosspark vor. Das ist viel Arbeit. Es fängt damit an, dass neue Seifenkisten gebaut werden. Das geschieht in der Werkstatt der "Neuwieder Zukunftskisten". Diverse Holz- und Metallarbeiten sind erforderlich. In den Seminarräumen in den oberen Stockwerken kümmern sich derweil andere Teilnehmer um die organisatorischen Vorbereitungen des Rennens. Hier müssen viele kaufmännische Arbeiten erledigt werden. Dazu gehört die zeitliche Planung, die Gewinnung von Rennteilnehmern, das Marketing für das Rennen, die Personalplanung und die Kalkulation der Ausgaben des Events.
Eine der Verantwortlichen für die Vorbereitung ist GFBI-Mitarbeiterin Helena Kähm. Sie sagt: „Insgesamt arbeiten wir mit 20 Leuten an der Planung des Seifenkistenrennens und dem Bau der Kisten. Eine Gruppe trifft die Vorbereitungen im Eventbereich, die andere baut die Seifenkisten in der Werkstatt.“ Geplant ist, dass 24 Seifenkisten an den Start gehen können. Es fahren immer zwei Rennteilnehmer nebeneinander die Rampe herunter.
Die Teilnahme hat bei vielen mitmachenden Teams schon Kultstatus, so dass einige „Wiederholungstäter“ an den Start gehen. Es sind aber auch fünf neue Rennfahrer-Teams dabei. Das „Fahrerlager“ besteht aus Firmen- und Vereinsfahrern, darunter in diesem Jahr ein Männergesangverein, eine Karnevalsgesellschaft, der Sportverein Blau Weiss 1911 und das THW Bendorf. Zum ersten Mal fährt ein Team der Polizei Neuwied mit sowie die Unternehmen Bit IT, WiWi Umweltgesellschaft, die Breuer GmbH und das Hotel Friends.
Damit alle an diesem Spaß teilhaben können, legen sich die Teilnehmer des Projekts "Neuwieder Zukunftskisten" schon Wochen und Monate vorher kräftig ins Zeug. Ihr Ziel ist nicht nur ein spannendes und reibungslos verlaufendes Rennwochenende. Sie versprechen sich von der Teilnahme an diesem Projekt auch einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben, was in vielen Fällen auch gelingt.
Einer von ihnen ist Jens Reinhard, 30 Jahre alt, der sowohl in der Werkstatt als auch im Eventbereich bei der Vorbereitung des Seifenkistenrennens geholfen hat. Er hat an der Entwicklung der Logos und Buttons mitgearbeitet und war an der Herstellung der Teilnehmerurkunden beteiligt. Jens sagt: " Das Projekt ist gut. Man bereitet sich auf etwas vor und hat ein Ziel vor Augen."
Im Verlauf der Vorbereitungen gab es immer wieder auch mal Probleme zu lösen. Zum Beispiel werden für die Absicherung der Rennstrecke kleine Strohballen benötigt. Die stellt aber kaum noch ein Landwirt her. Als die Zukunftskisten-Teilnehmer endlich einen Bauern ausfindig gemacht hatten, der auch kleine Ballen pressen konnte, fuhr eine Gruppe aufs Feld hinaus und half beim Einfahren der Ernte. Auch beruflich hat Jens wieder ein Ziel vor Augen: Er möchte sich im Entsorgungssektor selbstständig machen.Ähnlich positiv sieht eine 49-jährige Frau ihre Teilnahme am Zukunftskisten-Projekt: "Ich weiß dadurch wieder, wofür ich morgens aufstehe."
In der Werkstatt kümmert sich Schreinermeister Tino March um die Reparatur der alten und den Bau der sechs neuen Rennkisten. Ihm zur Seite steht Mike Czerwinsky (43), einer der Werkstattteilnehmer. Früher war er Automechaniker. Durch die Zukunftskisten will er sich Perspektiven für einen neuen Berufsweg eröffnen: "Das kann alles Mögliche sein. Ich bin handwerklich geschickt, das ist mir hier noch mal klar geworden."
Jenny Heinrichs gehört ebenfalls zum Werkstatt-Team. Sie schätzt es, dass man eine Aufgabe hat und auch soziale Kontakte zu anderen Menschen. Für die Zukunft stellt sie sich jetzt einen Beruf vor, bei dem man handwerklich arbeiten kann: "Da sieht man auch das Ergebnis seiner Arbeit!"
Am ersten Festtag, Samstag, den 1. September, finden die Rennen der Vereins- und Firmenseifenkisten statt. Am Sonntag, 2. September, sind die beliebten Jedermann-Rennen.
Gefördert wird das Projekt durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz sowie den Europäischen Sozialfonds und das Jobcenter Landkreis Neuwied.
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