Erinnerung an Pater Petrus Sinzig
„Petrus Sinzig - ein Linzer Priester in Brasilien“, unter diesem Titel widmete sich am 25. August ein Vortrag mit Musik in der Linzer Martinskirche dem Leben und Wirken eines großen Sohnes der Stadt. „Die Petrus-Sinzig-Straße kennt in Linz wohl jeder, die Lebensleistung des Menschen dahinter ist aber nur wenigen bekannt“, schilderte Bürgermeister Dr. Hans Georg Faust in seiner Begrüßung und bedankte sich ausdrücklich bei Gerda Becker aus Düsseldorf-Gerresheim, gebürtige Linzerin und Großnichte von Pater Petrus, für die Idee zu der Veranstaltung. Unter den Besuchern in der gut gefüllten Martinskirche waren auch viele Familienangehörige von Petrus Sinzig. „Das hätte ihm sicher gefallen“, freute sich Gerda Becker in ihrer Einführung mit privaten Erinnerungen an den Pater, „die Familie war alles für ihn“.
Linz. Stadtarchivarin Andrea Rönz stellte anschließend in einem Vortrag die wichtigsten Stationen im Leben des Ordensmannes vor: Am 29. Januar 1876 als Franz Stephan Sinzig im elterlichen Haus in der Neustraße 22 geboren, wechselte er schon mit 15 Jahren vom Linzer Progymnasium auf die Franziskanerschule im niederländischen Harreveld und trat nur ein Jahr später den Orden ein. Mit 17 Jahren reiste Petrus, so sein Ordensname, als Missionar nach Brasilien aus, wo er 1898 die Priesterweihe empfing und brasilianischer Staatsbürger wurde. „Durch seine eifrige Tätigkeit als Journalist, Redakteur, Komponist und Dirigent spielte Pater Petrus schon bald eine bedeutende Rolle im kulturellen Leben Brasiliens“, so die Stadtarchivarin. Der Franziskaner gründete mehrere Zeitungen und Zeitschriften, einen Verlag mit 700 Ortsgruppen und organisierte außerdem den ersten Kongress katholischer Journalisten. Daneben verfasste er etwa fünfzig Romane, Novellen, Essays und Übersetzungen, ein Musiklexikon, zwei Biographien sowie seine Erinnerungen.
Pater Petrus widmete sich außerdem der Reform der katholischen Kirchenmusik in Brasilien, komponierte im Laufe seines Lebens etwa 70 vor allem kirchenmusikalische Werke, darunter 14 Messen, sechs Litaneien, außerdem Lieder, Orgelstücke, Prozessionsmärsche, Dramen und Opern oder auch folkloristische Stücke und trat auch selbst als Dirigent auf. Er spielte sieben Instrumente, war Professor und Direktor der „Escola de Música Sacra“ sowie Mitglied der brasilianischen Musikakademie. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland bezog Petrus Sinzig schon früh Stellung gegen die NS-Diktatur. „Er geißelte in der Presse Rio de Janeiros unermüdlich die Verbrechen des Regimes. Auch die Drohung mit Repressalien gegen seine Verwandten in Deutschland konnte ihn nicht einschüchtern“, berichtete Rönz. Pater Petrus war darüber hinaus 1942 maßgeblich an der Gründung der Bewegung „Freies Deutschland“ in Brasilien beteiligt, einem Kreis von deutschen und österreichischen Hitler-Gegnern, in dem sich vor allem christliche Emigranten wiederfanden.
Von Pater Petrus Sinzigs musikalischem Talent konnten sich die Zuhörer in der Martinskirche selbst einen Eindruck machen, denn Johannes Fuchs an der Orgel intonierte neben Stücken von Bach, Händel und Buxtehude auch Sanctus und Benedictus aus Petrus Sinzigs Missa „Ex ore infantium“. A.-Peter Gillrath, Vorsitzender des Fördervereins St. Martins-Kirche Linz e.V., bedankte sich abschließend bei allen Beteiligten sowie bei Verein und Stadt Linz für die Durchführung der Veranstaltung, die abgerundet wurde von einer kleinen Ausstellung mit Fotos, Büchern und privaten Dokumenten des Paters, die die Stadtarchivarin aus zumeist privaten Leihgaben zusammengestellt hat. Die Exponate sind noch bis November in der Martinskirche zu sehen. Der Vortrag ist online unter https://archivlinz.hypotheses.org/1398 nachzulesen. (PM)
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