Tagesmütter und –väter in der Stadt Neuwied gesucht
Die Geburt eines Kindes ist der glücklichste Tag für Eltern. Es ist aber auch ein Ereignis, das viele Überlegungen mit sich bringt. Nur noch in wenigen Familien ist es heute möglich, dass einer von beiden Eltern für mehrere Jahre zuhause bleibt. Deshalb muss schon frühzeitig ein Kindergarten- oder Tagespflegeplatz angefragt werden. Aber warum anfragen und nicht einfach selber machen? Frauen und Männer können sich in einem Kurs zur Tagesmutter oder –vater ausbilden lassen, und während sie ihren eigenen Nachwuchs groß ziehen noch andere Kinder betreuen und dabei noch etwas dazu verdienen.
Neuwied. Lilly Ruff ist Tagesmutter und das aus Leidenschaft. Derzeit betreut sie drei Kinder im Alter zwischen 11 Monaten und zwei Jahren und alle zwei Wochen die vierjährige Lea-Marielle. Sie essen gemeinsam, gehen mit dem Hund Gassi, kümmern sich um die weiteren Tiere im Haus, basteln und spielen viel im Freien. Ab und zu sind auch Ausflüge zum Wochenmarkt oder Hofladen eingeplant.
Jeder Tag ist ein bisschen anders, aber immer nach den Kindern ausgerichtet. Das fängt schon mit Beginn des Tages an, denn Lilly hat keine festen „Bring- und Abholzeiten“ und kommt den Eltern hier entgegen. Für Robert Konrad ist das ein wahrer Segen. Seine Tochter Lea-Marielle kam schon früh zu Lilly - gezwungenermaßen. Als alleinerziehendem Vater blieb ihm nichts anderes übrig als schnell wieder arbeiten zu gehen, um für sich und seine Tochter den Lebensunterhalt zu verdienen. Das Jugendamt der Stadt Neuwied vermittelte ihm Lilly. Zunächst beschnupperten sich alle und entschieden sich dann zu einer längeren Eingewöhnungsphase, die immer Bestandteil der Tagespflege ist. Dabei bestimmen die Kinder das Tempo, in dem sie die Tagesmutter oder –vater kennenlernen. Das gab Robert Konrad ein gutes Gefühl: „Du gibst morgens das Wichtigste in deinem Leben in die Obhut eines anderen Menschen. Aber du weißt, hier läuft alles und du merkst, es tut deinem Kind gut. Durch die Altersstaffelung der Kinder hat Lea-Marielle soziale Kompetenzen und auch das Sprechen schneller gelernt. Lilly ist für sie wie eine zweite Familie geworden und sie band mich immer in die Entwicklung meiner Tochter mit ein, so dass ich nie das Gefühl hatte, etwas von ihr zu verpassen.“
Heute ist Lea-Marielle im Kindergarten und kommt trotzdem alle zwei Wochen zu Lilly. Immer dann wenn Robert Konrad Frühschicht hat, bringt er schon morgens um 5 Uhr seine Tochter zu Lilly Ruff. Hier kann die Vierjährige, wenn sie es möchte, noch eine Runde schlafen, bevor es in den Kindergarten geht. Diese Flexibilität zeichnet die Tagespflege aus, ist aber kein Muss wie Stefanie Felderhoff vom Jugendamt der Stadt Neuwied weiß: „Manche Eltern suchen eine Betreuung für nur einige Stunden, andere hingegen für einen ganzen Tag. Genauso sieht es auch bei den Tagesmüttern und –vätern aus, die selbst vorgeben, wie lange sie eine Betreuung anbieten und für welche Altersklasse.“ Die Tagespflege ist nämlich für Kinder von Geburt bis 14 Jahren möglich. Eine Kostenübernahme durch das Jugendamt ist für alle Eltern, abhängig von ihrem Einkommen, auf Antrag möglich.
„Mit zwei Kolleginnen kümmern wir uns dann darum, für die Eltern und ihr Kind die entsprechende Tagespflegeperson zu finden. Neben den Rahmenbedingungen wie den Betreuungszeiten müssen natürlich auch die Chemie und die Erziehungsansätze zusammenpassen. Dabei sind wir in der Eingewöhnungsphase mit dabei und für beide Seiten zu jeder Zeit Ansprechpartner und Berater“, führt Stefanie Felderhoff aus.
Derzeit werden im Stadtgebiet Neuwied Tagesmütter und –väter gesucht, da die Betreuungsstellen rückläufig sind. Ein ganz normaler Prozess, denn viele kombinieren die Tätigkeit mit der Erziehung ihrer eigenen Kinder, was allerdings keine Voraussetzung ist. Auch Kinderlose oder Familien, in denen die eigenen Kinder bereits erwachsen sind, können als Tagespflegepersonen arbeiten. Bei Lilly Ruff fing es mit der Geburt ihres jüngsten Sohnes an: „Mein Sohn ist der Nachzügler in unserer sechsköpfigen Familie. Und als er ein Jahr wurde, war klar, dass ich aus finanziellen Gründen wieder arbeiten muss. Aber ich wollte ihn nur ungerne in eine Fremdbetreuung geben.“ Durch Zufall las sie einen Bericht über die Tätigkeit als Tagesmutter und setzte sich mit dem Jugendamt in Verbindung. Nur wenig später konnte sie mit dem notwendigen Qualifizierungskurs starten. Heute sind dafür 210 Stunden angesetzt plus einem Erste-Hilfe-Kurs am Kleinkind. Nur wer diese Qualifikation hat, darf als Tagespflegeperson arbeiten und wird vom Jugendamt vermittelt.
Reich wird man damit nicht. Aber zumindest konnte im vergangenen Jahr erreicht werden, dass Tagespflegepersonen einen höheren Stundensatz verdienen, der derzeit altersabhängig zwischen 5 und 5,50 Euro pro Kind und Stunde liegt. Spielmaterial, Bücher, Kindersitze und vieles mehr können aus einem Gerätepool des Jugendamtes geliehen werden.
Lilly Ruff wollte eigentlich nur Tagesmutter sein, bis ihr Sohn vier Jahre ist. Jetzt ist er fast elf. Immer wieder kam ein Kind, dass sie dazu bewegte, nicht aufzuhören. Und fast alle, die sie nicht mehr betreut, besuchen sie und ihre Familie noch heute. Ihr Sohn fand über die Tagesbetreuung sogar seinen besten Freund. Nur einer der vielen Vorteile, wie Lilly Ruff findet: „Gerade wenn man selber Kinder hat, ist die Betreuung eine große Bereicherung für das eigene Kind. Es ist nie alleine, hat Spielkameraden und lernt früh soziales Verhalten. Und wenn es mal krank ist oder Ferien sind, bin ich eh Zuhause. Für mich selbst ist es toll, mein eigener Chef zu sein. Ich bin flexibel und kann machen, wozu ich und die Kinder Lust haben.“
Wer jetzt selbst Lust oder Neugier an der Tätigkeit einer Tagesmutter oder –vater bekommen hat, erhält bei Stefanie Felderhoff, 02631 802 314 oder sfelderhoff@neuwied.de, und Stephanie Kötting, 02631 802 373 oder stephanie.koetting@neuwied.de, alle relevanten Informationen. Ein nächster Qualifizierungskurs ist für das Frühjahr 2019 vorgesehen. (PM)
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