Malerei und Grafik von Gerhard Wienss im Roentgen-Museum
Mit schwungvollen modernen Melodien eröffnete der Saxophonist Dennis Kessler die Vernissage am Sonntagmittag. Sehr zur Freude des Publikums und des Landrats Achim Hallerbach, der selbst viele Jahre lang dieses Instrument spielte. Hallerbach stellte auch erfreut fest, dass alle Sitz- und Stehplätze vergeben waren, weil sich der Künstler als Publikumsmagnet erwies.
Neuwied. Es handele sich um „eine besondere Ausstellung eines besonderen Künstlers, der schon viele Jahre mit dem Roentgen-Museum verbunden ist und eine feste Größe in der Kunstszene darstellt“, lobte der Landrat. Einzelausstellungen sind meist mit einem runden Geburtstag des Künstlers verbunden, Gerhard Wienss wird während der Ausstellungszeit seinen achtzigsten Geburtstag feiern.
Wienss wurde 1939 in Danzig geboren. Er studierte von 1960 bis 1965 an der Freien Akademie Mannheim und an der Werkkunstschule Kiel mit dem Schwerpunkt Kunst am Bau. Von 1966 bis 1969 war er als freischaffender Künstler in Bad Hönningen tätig, danach bis 1974 Kunsterzieher und Werklehrer in Duisburg. In den Jahren 1983 bis 1989 war er Dozent an der VHS Neuwied. 1991 erhielt er den dritten Preis bei der Landeskunstausstellung Rheinland-Pfalz.
Seit vielen Jahren lebt Wienss in Thalhausen und hat dort sein Atelier. Für den Brunnen in der Dorfmitte gestaltete er eine Bronze-Motivplatte. Zahlreiche Objekte schuf er als Kunst am Bau in Bad Hönningen, Dierdorf, Linz, Puderbach, Rengsdorf, Rheinbrohl, Straßenhaus und Thalhausen. Sein erfolgreiches Wirken zeigte er zudem in vielen Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland.
Der Landrat machte dem Künstler das Kompliment, er sei in jeglicher Hinsicht jung geblieben. Bei der Erwähnung des Hobbys Gleitschirmfliegen warf Wienss ein, damit habe er „aus Vernunftgründen aufgehört“ und erntete dafür Applaus.
Der Künstler zeigt zirka 70 Gemälde und Grafiken aus verschiedenen Jahrzehnten. „Wir präsentieren einen Querschnitt des Lebenswerkes von Gerhard Wienss“, resümierte Hallerbach.
Die Kunsthistorikerin Dr. Denise Steger erinnerte in ihrer Einführungsrede an die Ausstellung zum 70. Geburtstag des Jubilars, zu der sie ebenfalls die Einführungsrede hielt. Ob das in zehn Jahren wieder der Fall sein werde, ließ sie hoffnungsvoll offen.
Die aktuelle Ausstellung zeige eine eindrucksvolle Retrospektive, ein zeitloses Gesamtwerk mit Bildern in Öl, Acryl, Aquarell, Zeichnungen, Holzschnitt und Aquatinta in kleinen und großen Formaten sowie einen Spannungsraum der Stile: Abstraktion und Realismus im Dialog.
Bei großformatigen abstrakten Acrylwerken mit breiten Pinselstrichen und starken Farben, die zunächst durchzogen und verwischt und danach ordnend bearbeitet wurden, um Raum für die Figuren zu schaffen, oft aus dem Themenbereich Atelier, Maler und Modell, verschränken sich beim Näherkommen Figur und Raum. Farbdominanz herrscht in vielen Bildern. Die Farbe Gelb steht für Licht.
Auffällig sei, dass die Signatur bei einigen Werken mehrere Jahreszahlen aufweise, die Rückschlüsse auf den Arbeitsprozess zuließen. „Wienss sucht in jedem Bild eine neue Herausforderung. Er hat einen hohen Reflexionsanspruch.“
In einem Raum sind Spiegelungen ausgestellt und klar konturierte Gegenstandsausschnitte, daneben gibt es feine, filigrane Grafiken und immer wieder Landschaft, die den Künstler in den Bann zieht. Bilder malen, als seien sie ein Stück der Natur, aber andere Natur, sei das Bemühen des Künstlers.
Die Nachahmung der Natur habe ihre deutlichsten Grenzen bei der Darstellung von Menschen. Wienss zeigt zarte realistische Portraits von Menschen in seinem Umkreis, manche schnell skizziert. Die Zeichnung als ursprüngliche Form der bildenden Kunst ist die Keimzelle für große Bildkompositionen. Die Bilder besitzen insgesamt eine tiefe Intensität, ausgehend vom langen Sehen und allmählichen Verstehen.
Gerhard Wienss philosophierte: „Kant wurde an seinem fünfzigsten Geburtstag mit „ehrwürdiger Greis“ tituliert. Wie redet man dann achtzigjährige Greise an?“ Er habe im Roentgen-Museum drei Einzelausstellungen gezeigt. Die erste Arbeit sei im Jahr 1966 der Holzschnitt „Kröte“ gewesen. Dieses Werk sei vor 58 Jahren während des Studiums in Kiel als Beitrag für den Lehrer zu dessen Charakterisierung entstanden. Der habe das Bild mit Humor ertragen.
Museumsleiter Bernd Willscheid kündigte an, dass es während der Ausstellungszeit bis zum 17. März Termine mit dem Künstler geben wird, die noch in der Presse publiziert werden. Es ist ein von den Söhnen des Künstlers gemeinsam erstellter Katalog an der Kasse erhältlich.
Geöffnet ist das Museum dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags zwischen 14 und 17 Uhr. htv
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