Die Fichten leiden im Elgerter Teil des Stadtwaldes Dierdorf
Trotz des heftigen Regens konnte Stadtbürgermeister Thomas Vis über dreißig Personen begrüßen, die sich an der jährlich stattfindenden Lehrwanderung durch den Dierdorfer Stadtwald, die im vierjährigen Turnus alle Stadtteile betrifft und diesmal im Elgerter Forst stattfand, beteiligten. Sehr erfreulich war auch die altersmäßige Durchmischung: 80 Jahre lagen zwischen der jüngsten Teilnehmerin im Kinderwagen und den ältesten Waldfreunden. Revierförster Harald Schmidt erläuterte anschaulich den momentanen Zustand des Waldes und die forstlich geplanten Maßnahmen.
Dierdorf. Das nasse Wetter kam dem durch Hitze und Trockenheit arg geschädigten Wald zugute. Wenn es nach ihm ginge, müsste es nass und kühl bleiben, am besten noch mit Schnee, weil dann die Borkenkäfer passiv im Boden blieben. Das Thema der Exkursion war der Waldzustand nach den Wetterextremen der letzten Jahre. Besonders die Fichte, der „Brotbaum“ des Westerwalds hat unübersehbar darunter zu leiden. Auf der nur drei Kilometer langen Rundwanderung waren zahlreiche geschädigte und abgestorbene Fichten zu sehen. Dazu passte die Geräuschkulisse: Vom Tontauben-Schießstand des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz, auf dem angehende Jäger trainierten, knallten ständig Schüsse über die Wipfel.
Insgesamt 153 Hektar Fläche bedeckt der Elgerter Wald. Ein Hektar ist etwa so groß wie zwei Fußballplätze, wie Schmidt immer veranschaulicht. Nach dem Hitzejahr 2018 und davor stattgefundenen Sturmereignissen treten Schäden auf, die es in diesem Ausmaß noch nicht gegeben hat. Die Forstverwaltung kann daher nur noch reagieren und nicht - wie im Forsteinrichtungswerk vorgezeichnet - planen und agieren, um die Schäden zu begrenzen. Der finanzielle Schaden ist bereits immens. Der Preis für Wirtschaftsholz ist durch das Überangebot von minderwertigem Holz eingebrochen und es besteht die Gefahr, dass die Stadt zukünftig sogar mit roten Zahlen rechnen muss.
Eine Maßnahme ist der Einsatz eines Vollernters, der für Mai/Juni avisiert ist, damit umgefallene und kranke Bäume schnell aus dem noch gesunden Bestand entnommen werden. Wo keine Rückestraßen für die große Maschine zur Verfügung stehen oder Einzelbäume betroffen sind, müssen die Waldarbeiter per Hand mit herkömmlichen Schäleisen die Rinden abschälen, um den Lebensraum des Käfers zu zerstören. Die Arbeiten an den kreuz und quer liegenden Bäumen sind gefährlich. Viel Erfahrung und Absicherung ist nötig, damit keiner der Arbeiter zu Schaden kommt.
Dass die forstlichen Maßnahmen wirken, war an einem Eschenbestand erkennbar. Bei der letztjährigen Wanderung im Brückrachdorfer Stadtwald hatte Harald Schmidt auf das Problem des Eschensterbens hingewiesen. Ursache des Eschentriebsterbens, bei dem die Krone langsam von außen nach innen abstirbt, ist ein aus Ostasien stammender Schlauchpilz, das „falsche weiße Stengelbecherchen“. Befallene Bäume werden nur soweit nötig entnommen, man hofft auf eine resistente Naturverjüngung. Im Elgerter Stadtwald zeigte diese Maßnahme die erhoffte Wirkung. Es wird auf den Einsatz von Giften, wie er vor Jahrzehnten üblich war, völlig verzichtet.
Es gibt durchaus auch schöne Momente im Wald, zum Beispiel der Anblick einer Naturverjüngung im 80-jährigen Buchenbestand, in dem weiße Punkte auf den Stämmen die Buchen kennzeichnen, die mit gradem Stamm und einem astfreien Stück sehr schön gewachsen sind und daher zuletzt gefällt werden. Das langsame Wachstum und lange Leben der Bäume bedingt nachhaltiges Wirtschaften über mehrere Generationen.
Mehrere große Waldameisenhaufen weisen auf ein intaktes Biotop hin. Die überaus nützlichen Waldameisen helfen bei der Eindämmung der Schädlinge. Sie dürfen daher auf keinen Fall gestört werden.
Besonders idyllisch ist auch ein naturbelassenes sieben Hektar großes „Urwald“-Stück, das zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, das heißt, der Wald wird schon länger nicht mehr bearbeitet. In diesem Bereich findet man als nette Laune der Natur zwei zu einem Baum zusammengewachsene Hainbuchen. Ein Highlight beim Waldspaziergang, das man - neben der guten Luft und dem vielstimmigen Vogelgezwitscher - einfach genießen kann.
Der Rundweg führte zur höchsten Erhebung der Verbandsgemeinde Dierdorf, dem Prangenberg, wo in früherer Zeit Antimon, ein silberglänzendes und sprödes Halbmetall abgebaut wurde. Start- und Endpunkt der Wanderung war die Grillhütte „Seeblick“, wo wie üblich ein gemütlicher Abschluss mit Kaffee und Kuchen stattfand. htv
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