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Nachricht vom 07.06.2019    

Kreislers Musical „Heute Abend: Lola Blau“ ist immer noch aktuell

Dieses außergewöhnliche Stück für eine einzelne Sängerin und Schauspielerin erzählt von der Karriere einer jungen Bühnenkünstlerin, beginnend in der Zeit des Anschlusses Österreichs an Nazi-Deutschland. Mit nur drei Personen wurde der Blick hinter die Kulissen im Schlosstheater Neuwied dargestellt: Pianist, Sängerin und ein Schauspieler für alle Männerrollen und Geräusche-Illusionen reichen aus, um das Schicksal Lolas und des 20. Jahrhunderts darzustellen.

Lola Blau. Fotos: Veranstalter

Neuwied. Wien im März 1938. Die jüdische Schauspielerin Lola Blau packt voller Vorfreude die Koffer für ihr erstes Engagement in Linz. Theaterschauspielerin ist ihr Traumberuf. Sie singt schwungvoll: „Im Theater ist was los!“ Im gleichen Moment platzt der Traum, denn der Hauswirt kündigt Lola mit sofortiger Wirkung, um keine Probleme zu bekommen. Und das Engagement wird telegraphisch abgesagt. Lola will zu ihrem Freund Leo Glücksmann in die Schweiz flüchten, doch auch die Schweiz bietet ihr keine Heimat, und so geht die Künstlerin auf ein Schiff in die USA. Dort wird sie mit frivolen Revue-Liedern zum Star, aber auch desillusioniert. Sie zerbricht an diesem ungewollten Leben mit Sex und Sugar-Daddys und greift zum Alkohol. Außerdem hat sie vergessen, ihren Freund Leo zu vergessen. Sie will nur noch zurück in die österreichische Heimat und zu ihrem Liebsten. Also besteigt sie nach Kriegsende wieder ein Schiff, um zurückzukehren. Aber sie hat Angst vor den Schmidts, die Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Ewig-Gestriges beibehalten haben. Die Heimat ist ihr genauso fremd geworden wie das fremde Amerika.

Eine temporeiche Musiknummer jagt die nächste und seit der Uraufführung von 1971 ist das Musical auch heute noch aktuell wie eh und je. Die ironisch-kabarettistischen Liedertexte Georg Kreislers sind immer noch ein Genuss. Atischeh Hannah Braun sang die Lola mit variantenreicher Stimme, am Klavier begleitet von Klaus Lothar Peters. Alle Emotionen von Glückseligkeit über Einsamkeit bis zur Hoffnungslosigkeit legten die beiden Künstler in die Lieder. Dazu spielte Helmut Büchel sehr überzeugend zeitgemäße Sounds wie Telefon, Dampflokomotive, Schiff, Radiodurchsagen und alle kleinen Männerrollen.



Georg Kreisler sagte selbst: „Sie (Lola) will eigentlich nichts als ein bisschen tanzen und singen und ihrem Publikum Freude machen. Aber sie muss einsehen, dass es nichts nützt, nur einen kleinen bescheidenen Platz an der Sonne erhaschen zu wollen. Jeder Mensch muss vor allem versuchen, die Hindernisse, die die Sonne verstellen, für sich und seine Mitmenschen aus dem Weg zu räumen.“

Lola Blau sagt schließlich „den Brettern, die nicht mehr die Welt sind", ade´ und macht Kabarett, denn "Im Theater ist nichts los!“ Leider war im Schlosstheater Neuwied am Donnerstagabend tatsächlich nicht viel los. Kreisler und das spielfreudige Mini-Ensemble hätten mehr Zuschauer verdient gehabt. Den anwesenden zufriedenen Theaterbesuchern wurde sogar eine motivierende Zugabe für den Heimweg gegeben: „Sex is a wonderful habit.“ htv


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