Wer wird Stadtbürgermeister von Dierdorf? Holger Kern oder Thomas Vis
INTERVIEW | Bei der Kommunalwahl am 26. Mai gab es drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt der Stadt Dierdorf. Keiner der drei Kandidaten hatte die absolute Mehrheit geschafft. Für Thomas Vis, dem Amtsinhaber, gab es 42,53 Prozent. Der Herausforderer der SPD, Holger Kern, kam auf 29,73 Prozent. Ulrich Schreiber landete auf Platz drei. Somit gehen Thomas Vis und Holger Kern am Sonntag, den 16. Juni in die Stichwahl.
Dierdorf. Wichtig ist auf jeden Fall am kommenden Sonntag zur Wahl zu gehen oder die automatisch zugesandten Briefwahlunterlagen mit einem Kreuz versehen zurückzusenden. Um unseren Lesern eine Entscheidungshilfe zu geben, haben wir den beiden Kandidaten Thomas Vis und Holger Kern drei Fragen gestellt, die beide nachfolgend beantworten.
Was können Sie im Fall Ihrer Wahl tun, um die Innenstadt von Dierdorf wieder geschäftlich zu beleben und/oder Leerstände zu beseitigen?
Holger Kern: „Bei allen Planungen muss man das aktuelle Verbraucherverhalten berücksichtigen. Es macht keinen Sinn, an den bestehenden Verhältnissen vorbei zu planen. Das Käuferverhalten hat sich verändert. Wer nicht mit dem Einkaufswagen bis an den Kofferraum seines Wagens fahren kann, sucht sich andere Geschäfte. Eine Option für die Innenstadt können deshalb nur Anbieter hochwertiger Waren und Dienstleistungen sein. Gleichzeitig sollte ein kulturelles und erlebnisgastronomisches Angebot die Attraktivität der Innenstadt erhöhen. Ein Vorbild dafür kann der Alte Markt in Hachenburg mit seinen monatlichen Livekonzerten sein. Der Marktplatz und die Innenstadt müssen attraktiver gestaltet werden, mit mehr Grün und Sitzgelegenheiten. Man kann dort auch Infoveranstaltungen und kleine Ausstellungen organisieren. Wenn man in diese Richtung geht, wird sich das Problem mit den Leerständen von alleine erledigen. Zwingen kann man ohnehin niemanden, leere Geschäftsräume zu mieten.“
Thomas Vis: „Das Problem hierbei ist, dass sich die Immobilien in Privatbesitz befinden. Hier kann die Politik keinen direkten Einfluss nehmen. Der letzte prominente Abgang aus der Innenstadt war die Westerwaldbank. Hier wurden im Vorfeld Gespräche geführt. Letztlich hat die Bank aus kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Gründen entschieden, dass sie ins Industriegebiet umsiedelt. Letztlich entscheidet der Verbraucher wie er einkauft. Dies hat seinerzeit auch den REWE-Markt veranlasst die Innenstadt zu verlassen. Ein ungebrochener Trend des Verbrauchers ist auch im Internet zu kaufen. Dies geht allerorts zu Lasten der kleinen Geschäfte in den Innenstädten.
Aber es gibt auch positive Beispiele, wie der neue Norma-Markt, der stadtnah geblieben ist. Hier ist es mir und dem Stadtrat gelungen, den Markt an diesem innerstädtischen Standort zukunftsfähig zu etablieren. Dies war nicht einfach, aber wir haben es geschafft und somit eine wohnortnahe Versorgung geschaffen. Auch der Leerstand (ehemaliger Rewe-Markt) Uhrturmzentrum ist mittlerweile verkauft. Auch da hatten wir in den letzten Jahren ständig Kontakt mit dem Eigentümer. Den neuen Investor unterstützen wir tatkräftig.
Wir werden weitere Verbesserungen – wie etwa die Parkplatzsituation und auch die seniorengerechte Gestaltung, “Das Stolperpflaster kommt weg“ vornehmen. Dies wird alles mit den Bürgern und Gewerbetreibenden zusammen geschehen. Da muss man immer dranbleiben. Große Versprechungen, die dann nie eingehalten werden können, helfen da überhaupt nicht.“
Was ist ihr wichtigstes Ziel für die kommende Legislaturperiode?
Holger Kern: „Wir müssen den verpassten Anschluss an die Nachbarkommunen wieder aufholen. Rengsdorf, Puderbach und Selters zum Beispiel entwickeln sich viel schneller und sind uns bald um Nasenlängen voraus. Das betrifft die gewerblichen Entwicklungen und die Angebote an Wohn- und Lebensqualität. Wir werden als letzte Stadt das Problem der täglichen Verkehrsbelastung durch die B413 nicht in fünf Jahren lösen, aber die lange geplante Umgehungsstraße muss endlich einmal vorangetrieben werden.
Das Schlossweihergelände ist eine vernachlässigte Perle von Dierdorf. Auf der Insel kann der Weihnachtsmarkt stattfinden und das Gelände bis zum Hallenbad kann zur Freizeitanlage mit gastronomischen Angeboten entwickelt werden, ähnlich der Freizeitanlage Quendelberg in Montabaur. Die Jugend muss mehr Mitsprachemöglichkeiten bekommen und die Stadt muss sicherer und bequemer für Fußgänger, Radfahrer und Menschen mit Gehhilfen werden. Darüber hinaus gibt es noch viel Handlungsbedarf in den Stadtteilen. Das muss aber mit den jeweiligen Ortsvorstehern und Ortsbeiräten besprochen und geplant werden.“
Thomas Vis: „Dierdorf mit seinen Stadtteilen Giershofen, Wienau, Elgert und Brückrachdorf zu Orten zu entwickeln, wo wir gut und gerne leben. Hierzu gehört die Schaffung von neuem Wohnraum ebenso, wie die Entwicklung weiterer Gewerbeflächen für Arbeitsplätze hier bei uns. Auch eine Verbesserung der Mobilfunkversorgung und der Ausbau des schnellen Internets für Alle ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Meine guten Kontakte zu dem Landkreis und auch zu Regierungsstellen werden dabei helfen dies zu realisieren.“
Welchen Spielraum gibt es für künftige Investitionen?
Holger Kern: „Wie man immer wieder hört, hat Dierdorf kein Geld. Warum ist das so? Reicht es, sich immer nur über fehlende Zuschüsse und zu hohe Abgaben zu beklagen? Ist es nicht der bessere Weg, durch Wirtschaftsförderung und neue, kreative Angebote Dierdorf wieder bekannter und attraktiver zu machen? Das führt letztlich zu höheren Einnahmen durch Gewerbe- und Einkommenssteuer. Außerdem sollte man sich mal im Raum der Unterstützung durch sinnvolle Landes-, Bundes- und EU-Projekte umsehen, wie sie zum Beispiel in den LEADER-Programmen enthalten sind. Mit diesem Vorgehen schafft man sich Spielraum für künftige Investitionen.“
Thomas Vis: „Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Bürgermeister kenne ich die finanziellen Spielräume natürlich sehr genau. Investitionen haben wir in den letzten Jahren immer vorgenommen. Durch die von mir genannten Ziele, Gewerbe zu stärken und auszubauen, werden auch unsere Einnahmen steigen. Das Thema Umlagen, also die 4 Millionen, die wir an Verbandsgemeinde und Kreis zurzeit jedes Jahr von unseren Einnahmen zahlen, müssen wir reduzieren um Spielraum für dringend notwendige Investitionen zu erreichen.
Meine über Jahre gewachsene Vernetzung mit Behörden und politisch Verantwortlichen kann ich zudem nutzen, um weitgehende Zuschüsse und Förderprogramme für Dierdorf zu erreichen. Aber auch bei den Investitionen müssen wir die Notwendigkeit auf den Prüfstand stellen. Eine Stadthalle/ Jugendzentrum hat für mich zurzeit viel weniger Priorität, als der weitere Ausbau der Kinderbetreuung und Sporteinrichtungen, die wir dringend brauchen.“
Die Fragen stellte Wolfgang Tischler
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