Einen Weg aus dem Teufelskreis der Alkoholsucht eröffnen
„Jeder Tag, an dem ein Mensch mit einer Alkoholerkrankung es schafft, nicht zu trinken, ist ein guter Tag“, sagt Dr. Margareta Müller-Mbaye. „Denn Alkohol ist ein sehr schädigendes Gift, auch wenn alkoholische Getränke in unserer Gesellschaft einfach dazu gehören“, so die Chefärztin des Marienhaus Klinikums St. Antonius Waldbreitbach. Als Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik gehört die akute Entgiftung alkoholabhängiger Patienten zum Leistungsspektrum. Seit Juli bietet das Haus jedoch zusätzlich eine dreiwöchige qualifizierte Entgiftung an, „mit der wir den Betroffenen einen Weg aus dem Teufelskreis ihrer Alkoholsucht eröffnen möchten“, so Dr. Müller-Mbaye.
Waldbreitbach. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht Deutschland seit Jahren an der Spitze des weltweiten Alkoholkonsums. Danach trinkt ein Deutscher im Durchschnitt mehr als zehn Liter reinen Alkohol pro Jahr. Laut Statistik sind 2,5 bis drei Prozent der Bevölkerung alkoholabhängig – das sind mehr als zwei Millionen Menschen – und sechs bis zehn Prozent betreiben einen riskanten Alkoholmissbrauch. Alkohol am Steuer ist eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle, und rund 50.000 Führerscheine werden jährlich allein deshalb eingezogen, weil die Fahrer zuvor Alkohol getrunken haben. – Schon diese Zahlen zeigen, dass Alkoholmissbrauch ein gesellschaftliches Problem ist, das alle angeht.
Alkohol ist ein Zellgift und die Ursache zahlreicher Erkrankungen. Betroffene stehen häufig am Rande der Gesellschaft, oftmals verlieren sie ihre Arbeit, und ihre Beziehungen zerbrechen. „Es ist ein Teufelskreis, sie trinken, weil es ihnen schlecht geht, und weil sie trinken, geht es ihnen schlecht“, so Müller-Mbaye. Um diesem Teufelskreis zu entkommen, brauchen die allermeisten Hilfe.
Ein erster Schritt kann eine akute Entgiftung sein, die in der Regel im Krankenhaus stattfindet. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. In diesen fünf bis sieben Tagen macht der Patient einen körperlichen Entzug, den die Ärzte überwachen und medikamentös begleiten. Darüber hinaus bieten ihnen die Therapeuten eine Suchtberatung an und motivieren sie, ein Bewusstsein für ihre Probleme zu entwickeln und sich mit ihrer Alkoholerkrankung auseinanderzusetzen. Darüber hinaus werden die Patienten untersucht, denn oftmals leiden sie zusätzlich unter einer psychischen Erkrankung wie zum Beispiel unter einer Depression oder einer bipolaren Störung. „Allerdings müssen wir meist zuerst die Alkoholabhängigkeit behandeln“, sagt Dr. Müller-Mbaye. „Für die Behandlung der anderen psychiatrischen Erkrankungen sollte der Patient drogenfrei sein, am besten abstinent leben.“
Nach der akuten Entgiftung muss die Suchterkrankung der Patienten weiter therapiert werden. Dafür finanzieren die Krankenkassen einmal im Jahr auch eine längere Behandlung. „Wir freuen uns, dass wir alkoholkranken Patienten jetzt in unserem Klinikum zusätzlich eine dreiwöchige qualifizierte Entgiftung anbieten können“, sagt Dr. Müller-Mbaye.
Am Anfang steht auch hier zuerst der körperliche Entzug. Danach erhalten die Patienten zahlreiche Therapien, die ihnen helfen sollen, wieder ein Gefühl für ihren Körper zu bekommen, das sie nach Jahren des Alkoholmissbrauchs verloren haben. Deshalb bieten die Ärzte und Therapeuten ihnen – je nach körperlicher Verfassung – leichte sportliche Aktivitäten wie Aquajogging, -gymnastik und Walken an, sie haben die Möglichkeit, Entspannungstechniken zu erlernen, und die Aromatherapie beispielsweise kann ihnen helfen, ihre Sensibilität und ihre Sinneswahrnehmungen zu stärken. Zusätzlich nehmen sie am Training sozialer Kompetenz und an der Ergotherapie teil. Schwerpunkt der Therapie sind Motivationsbehandlung und Klärung des weiteren Umgangs mit Alkohol.
Nach der Entlassung ist es in der Regel wichtig, die Suchtberatung und eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Deshalb können die Patienten schon während ihres Klinikaufenthaltes Kontakt zur Selbsthilfegruppe und zur ambulanten Suchtberatung in Neuwied aufnehmen. Deren Mitarbeiter kommen regelmäßig ins Haus. „Denn es ist wichtig, dass die Patienten nach den drei Wochen in der Klinik wissen, wie es für sie weitergehen kann“, sagt Dr. Müller-Mbaye. „Nicht selten ist aufgrund er Schwere ihrer Erkrankung unsere gemeinsame Empfehlung, sich in eine Langzeittherapie zu begeben.“
Menschen mit einer Alkoholerkrankung brauchen eine Perspektive und Unterstützung, um am besten ohne Alkohol ihren Alltag zu meistern. „Die ersten Schritte in ihr neues Leben ohne Alkohol, können sie in der qualifizierten Entgiftung gehen“, so Dr. Müller-Mbaye. (PM)
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