Amerikanische Invasoren in Bächen und Teichen
Von Helmi Tischler-Venter
Die einheimischen Flusskrebse im Kreis Neuwied sind durch invasive Arten sehr stark bedroht. Daher luden die Fischereibehörde der Kreisverwaltung sowie der Fischereiberater des Landkreises Neuwied, Friedhelm Kurz, am Samstag, 17. August zu einer fachlichen Informationsveranstaltung ein, die auf großes Interesse stieß.
Neustadt (Wied). Anlass für das Seminar war laut Kurz, dass in der Wied zahlreiche invasive Signalkrebse in Reusen gefangen wurden und man sich fragt, wie sich diese auf das Bach-Biotop auswirken und was lokal getan werden kann.
Fach-Referent Sascha Schleich, der sich seit über 15 Jahren intensiv mit Flusskrebsen beschäftigt stellte eindeutig fest, dass sowohl die Arten als auch die Artenkenner zurückgehen. Die genaue Bestimmung der Tiere ist jedoch essentiell, denn viele Krebse sind nicht einheimisch. Nur der europäische Edelkrebs, Steinkrebs und Dohlenkrebs (in Österreich vorkommend) zählen zu den einheimischen Arten. Bestimmungsschlüssel für unterwegs: www.flusskrebse-rlp.de/Bestimmung/start.html.
Bis in die Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es weit verbreitete Bestände an Edelkrebsen und Steinkrebsen, die leicht verfügbare und beliebte Nahrungsmittel waren. 1975 wurde die Krebspest in Deutschland eingeschleppt, wodurch es zu einem dramatischen Zusammenbruch der heimischen Krebsbestände kam. Später verstärkten Gewässerverschmutzung und Gewässerbau das Artensterben.
In Rheinland-Pfalz gibt es sechs invasive Arten mit fest etablierten Populationen: Galizischer Sumpfkrebs, Marmorkrebs, Kamberkrebs, Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Signalkrebs und Kalikokrebs. Die invasivste Art ist der Rote Amerikanischer Sumpfkrebs, von Schleich als „Kampfschwein“ bezeichnet, weil er als Allesfresser Tier- und Pflanzenbestand auffrisst, auch zwei Kilometer über Land läuft bis zum nächsten Gewässer, schneller wächst als die einheimischen Edelkrebse und eine besonders hohe Fortpflanzungsrate hat.
Beim kleineren Marmorkrebs wurden bisher nur weibliche Tiere nachgewiesen, das heißt, er pflanzt sich selbst durch Parthogenese fort.
Die heimischen Arten sind streng geschützt, die noch vorhandenen intakten Bestände sind ein Schatz!
Die invasiven Krebse wurden durch Angler und Aquaristiker in die Natur eingebracht, wo sie sich mangels Fraßfeinden und aufgrund ihres wesentlich schnelleren Lebenszyklusses gegen einheimische Arten durchsetzen und diese verdrängen. Eine weitere Gefahr besteht in der Übertragung der gefürchteten Krebspest, einer tödlich verlaufenden Eipilzerkrankung, gegen die amerikanische Arten weitestgehend immun sind. Die Krebspestsporen können in jedem Wassertropfen enthalten sein, auch Wanderfische und Angler sowie wohlmeinende Naturschützer können sie mittels Stiefeln, Kescher und Reusen übertragen.
Daher darf nicht am selben Tag an mehreren Stellen untersucht werden, das gesamte Zubehör muss durch aufwändiges Desinfizieren, Einfrieren oder mindestens dreitägiges Trockenen übertragungsfrei gemacht werden. Besatz von gebietsfremden Arten ist verboten, ebenso sinnlos ist der Besatz von Edelkrebsen in Gewässern mit Präsenz von amerikanischen Arten. Fisch- und Krebsbesatz sollte nur von seriösen Züchtern bezogen werden, selbst deren Krebse müssen genau bestimmt werden. Vorkommende Arten sollen gemeldet werden unter www.flusskrebsschutz.de.
Gegenmaßnahmen gegen Signalkrebs und Co. sind bisher noch nicht existent. Da alle Krebse, auch die invasiven, dem Fischereirecht unterliegen, dürfen sie laut Roland Mauden von der SGD Nord, genutzt werden, fehlt ein „vernünftiger Grund“, müssen sie nach dem übergeordneten Tierschutzgesetz wieder zurückgesetzt werden.
Ein vernünftiger Grund ist das Fangen zum Essen, das zurzeit das probateste Gegenmittel gegen eine noch weitere Verbreitung der schmackhaften Invasoren bildet. Kochrezepte gibt es auf www.Gourmet-Blog.de/flusskrebse-zubereiten-flusskrebse-selber-machen/. htv
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