Eine echte Chance für Langzeitarbeitslose
Dragan S. war 9 Jahre arbeitslos – dank Teilhabechancengesetz kann er jetzt beruflich neu durchstarten. „Wer Arbeit möchte, findet Arbeit“ – ein landläufig weit verbreiteter Spruch, der gleichzeitig das Vorurteil impliziert, dass alle Menschen, die arbeitslos sind, gar nicht arbeiten wollen. „Auch, wenn der Arbeitsmarkt derzeit sehr gut ist, gibt es viele Menschen, die davon nicht profitieren, und das nicht, weil sie nicht arbeiten möchten“, sagt Juliane Vack vom Jobcenter Neuwied.
Kreis Neuwied. Dragan S. ist einer davon. Neun Jahre war der gelernte Landschaftsgärtner arbeitslos. Trotz seiner Bemühungen, über Minijobs und Fortbildungen in eine Anstellung zu kommen, fand er keinen festen Job.
Warum das so war, kann er nur mutmaßen. „Ich habe keinen PKW-Führerschein, das hat mich für viele Stellen direkt disqualifiziert“, so der 49-Jährige. Und er ist kein Mann der großen Worte – sich selbst gut zu verkaufen, das ist nicht sein Ding.
Als zu Jahresbeginn das Teilhabechancengesetz in Kraft trat, war Dragan S. einer derjenigen, der mit der Förderung in Arbeit gebracht werden sollte.
Mit dem Gesetz werden Arbeitslose gefördert, die innerhalb der letzten sieben Jahre mindestens sechs Jahre Jahre Hartz IV bezogen haben. Es gibt Lohnkostenzuschüsse bis zu 100 Prozent des Arbeitsentgelts für die Dauer von bis zu fünf Jahren. „Das Programm ist eine sehr gute Chance für beide Seiten, aber es ist natürlich auch eine Herausforderung. Für die Arbeitgeber, die vielleicht Kompromisse machen und den Arbeitnehmer an die neuen Aufgaben heranführen müssen. Und für die Teilnehmer, die nach vielen Jahren zuhause plötzlich eine große Veränderung des gewohnten Lebens mitmachen“, sagt Juliane Vack, die dieses Programm beim Jobcenter Neuwied betreut. 60 langzeitarbeitslose Menschen sollten im ersten Jahr dadurch in Arbeit vermittelt werden – doch inzwischen sind es fast 100 Personen geworden.
Dragan S. bekam seine Chance – Michael und Petra Wiest von der Firma MWK Technik in Neuwied-Distelfeld gaben ihm nicht nur die lang ersehnte Arbeit als Hausmeister und Gärtner, sondern gleich einen unbefristeten Arbeitsvertrag. „Das ist bei uns so üblich, denn wir wollen gar keinen Druck mit einer Befristung aufbauen. So können unsere Mitarbeiter sich viel besser entfalten“, sagt Geschäftsführerin Petra Wiest. Auch das ist wichtig für das Selbstbewusstsein der Menschen, die eine geförderte Beschäftigung aufnehmen und somit auch den Erfolg der Integration: Sie sind Arbeitnehmer und keine Teilnehmer eines Programms.
Petra Wiest hatte gleich ein gutes Gefühl bei Dragan S.- und wurde nicht enttäuscht. „Herr S. ist ein absoluter Glücksfall für unsere Firma“, sagt sie. „Er ist ehrlich, pünktlich, höflich und unglaublich fleißig – er arbeitet immer, selbst in seiner Pause steht er da und macht weiter. Wenn alles so bleibt wie es ist, stehen ihm hier alle Möglichkeiten offen.“ Und dass das ehrlich gemeint ist, merkt man auch: Die Wiests haben Dragan S. ins Herz geschlossen und der Umgang untereinander ist herzlich und respektvoll.
Natürlich ist es am Anfang eine große Umstellung. Feste Arbeitszeiten, frühes Aufstehen, täglich arbeiten. Doch Dragan S. hat sich sofort einen strikten Ablauf auferlegt, an den er sich trotz flexibler Arbeitszeiten hält. Er kommt jeden Tag pünktlich um acht – er brauche diese Planbarkeit, sagt er. „Ich bin sehr froh, dass ich hier arbeiten darf und werde alles, was in meinen Möglichkeiten steht, tun, um länger hier bleiben zu dürfen“, sagt er.
„Herrn S. merkt man deutlich an, wie dankbar er für die Chance ist, die ihm durch unser Projekt gegeben wurde. Die Integration verläuft bislang vorbildlich“, sagt Juliane Vack. Sie begleitet teilnehmende Langzeitarbeitslose und Arbeitgeber auch über die Integrationsphase hinaus. Die Qualität der Vermittlungen steht über der Quantität, denn das Ziel ist natürlich eine nachhaltige Vermittlung über die Phase der Förderung hinaus. Bei Dragan S. sieht es sehr gut aus. Die Arbeit macht ihm nicht nur Spaß, sondern gibt ihm eine völlig neue Lebensperspektive. Er plant, den Führerschein zu machen, damit ihn der Chef nicht immer fahren muss, um Astschnitt zu entsorgen: „Endlich geht es für mich wieder nach vorne.“