Unkeler Initiativkreis Wider das Vergessen - Begegnung gegen Extremismus
In der Veranstaltung zum Jahrestag der Reichspogromnacht wird der Unkeler Initiativkreis Wider das Vergessen über das Zusammenleben der deutschen und der jüdischen Bevölkerung vor 100 Jahren erzählen. Der Fokus liegt dabei auf dem Appell „Nie wieder!“, der – zum Glück – breiten Zuspruch erfährt.
Unkel. Und doch: Um den nächsten extremistischen Anschlag zu vermeiden, reicht es nicht aus, einmal im Jahr „Nie wieder“ zu sagen. Mehr noch: „Wenn die deutsche Presse über Judenhass spricht, bringt sie diesen oft in Verbindung mit Migranten aus dem Mittleren Osten, und verkennt dabei, dass deutscher Rechtsextremismus eine mindestens genauso große Gefahr darstellt. Wenn wir uns wirklich für ein „Nie wieder!“ stark machen wollen, müssen wir alle miteinbeziehen und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammenbringen.“
Vor drei Jahren fand das erste Projektelement des Unkeler Bürgerparks einen großzügigen Spender: Daniel Pincus, Enkel zweier jüdischer Holocaust-Überlebender aus dem nur 20 Kilometer von Unkel entfernten Meckenheim, spendete einen bedeutsamen Betrag an die Integrationswerkstatt, um damit die Einrichtung eines interreligiösen Gebetsraumes zu finanzieren. Dieser Gebetsraum wurde unterstützt von Pfarrer Arend und der katholischen Kirchengemeinde sowie von der Muslim Jewish Conference in Wien.
Sie alle teilen das Wissen von Pincus und seinen Großeltern, dass der Abbau von Vorurteilen und Hass auf vermeintlich Andersartige nur möglich ist, wenn wir miteinander reden. Dazu bedarf es eines neutralen Treffpunktes als Ort des Kennenlernens der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Diese Begegnung im gemeinsamen Raum ist die Voraussetzung für ein tieferes Verstehen der vermeintlichen Andersartigkeit und ihrer Umdeutung als bereichernde Vielfältigkeit der übergeordneten Gesellschaft.
Die Absicht der Integrationswerkstatt, den Bürgerpark als einen solchen Begegnungsort zu etablieren ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Wohltätigkeitsorganisation American Jewish Joint Distribution Committee 14.000 US-Dollar für Personalkosten für soziale Aktivitäten im Bürgerpark zur Verfügung stellte. Ähnlich verhält es sich mit dem Deutschen Integrationspreis, für den das Unkeler Projekt nominiert wurde aufgrund der Betonung des gemeinsamen Begegnungsraumes für alle Bevölkerungsgruppen. „Wir haben zusammen das Passahfest, Ostern, und andere Feiertage begangen als Teil dieses Projektelements und als Zeichen für Unkel als Ort der Toleranz und Offenheit.“
Nur ein paar Tage nach der Veranstaltung zum mahnenden Gedächtnis der Reichspogromnacht wird wieder die Lenkungsgruppe zusammentreffen, um über die Zukunft des Bürgerparks zu sprechen. Manchen von uns ist es unangenehm, über Religion zu reden; längst ist das Glaubensthema zur Privatsache geworden. Doch die Thematisierung der Religion in der Öffentlichkeit sollte keine lästige Gretchenfrage oder Gewissensprüfung sein. Wer von uns – egal ob dem Atheismus oder einer bestimmten Religion zugeneigt – kann sich wirklich frei von Überzeugungen und Ideologien nennen? Trotz Säkularisierung sind es immer noch unserer Werte und tradierten Glaubenssysteme, die unser Zusammenleben bestimmen.
Deshalb ist der interreligiöse Gebetsraum der Integrationswerkstatt auch nicht als Manifestation einer womöglich missionierenden Gesinnung des Projekts anzusehen. Nein, bei diesem Raum geht es – ebenso wie bei allen interreligiösen und interkulturellen Veranstaltungen – um die Vorbeugung und Bekämpfung extremistischen Gedankenguts sowie um die Förderung des Dialogs aller Bevölkerungsgruppen und die Stärkung der Teilhabe aller Menschen an unserer Gesellschaft. Wir müssen miteinander reden und versuchen, einander zu verstehen, wenn wir wirklich den nächsten Anschlag vermeiden wollen. Ohne entscheidende Schritte, die sich für ein echtes Miteinander einsetzen, droht das „Nie wieder“ als ehrenhafte aber wirkungslose Äußerung wohlgemeinter Worte zu verhallen. (PM)
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