Buchtipp: „Welt der Kobolde – Neue Abenteuer“ von Karin Klasen
Von Helmi Tischler-Venter
Die Kobolde aus Koboldend sind wieder in Abenteuer verstrickt: Nasefried, sein Freund Ohrefried, die Littlefrieds, der Schusterfried und auch der Gedankenspringer Bennfried sind unterwegs auf ihren Gedankenreisen, Wanderungen oder in ihrem Geheimversteck, dem Möckili im Koboldwald. Autorin Karin Klasen aus Wirscheid behandelt in ihren Kobold-Geschichten Themen wie Freundschaft, Schule und Vertrauen.
Dierdorf/Wirscheid. In liebevoller Weise werden die Protagonisten, die umgebende Natur, Mitbewohner und Nachbarn geschildert: Sehr sympathisch beschreibt Ohrefried seine Probleme mit dem Lernen: „Mein Kopf hat manchmal Lieferschwierigkeiten mit dem Gedankennachschub. Oft genug sitzt jemand in mir drin, der mir sogar `nen Vogel zeigt, wenn du verstehst, was ich meine.“ Auf der Suche nach den grau-braunen „Trapplern“, den Waldmäusen, stellt Nasefried erstaunt fest: Hey, Ohrefried, ich dachte, dass es bei uns daheim schon wuselig ist. Mir scheint, dass es hier geradezu chaotisch zugeht.“
Karin Klasen lässt wortmalerisch Bilder erstehen, die es unglaublich erscheinen lassen, dass die Autorin blind ist: „Draußen regiert, wie schon seit Tagen, der Regen. Eine geheimnisvolle Dämmerung begleitet ihn. Ein Spinnennetz aus Wasserrinnen ist dabei, den Dorfplatz zu umzingeln.“ Das führt die Kobolde zu der Frage, wie die Wolken entstehen. Natürlich weiß Schlaufried die Antwort: „Also, winzig kleine Teile wie zum Beispiel Staubkörner braucht es zunächst einmal. Um die herum bilden sich noch winzigere Tröpfchen.“ In kindgerechter Weise schildert er die Wetterphänomene.
Im Kontakt mit anderen Waldbewohnern lernen die Kleinen, dass es außer Reden noch andere Möglichkeiten des sich Erzählens und Zuhörens gibt. „Zeichen, die keiner Worte bedürfen“ wie das Flügelschlagen eines Schmetterlings. Beim Umherstreifen im Wald begegnen sie zum Beispiel Waschbären, Stinktieren und Füchsen, alle Begegnungen bringen auch wissenschaftliche Erkenntnisse.
Da die Kobolde Gedankenreisen unternehmen können, verlassen sie des Öfteren ihren Lebensraum Wald. „Slagroomsnoepjes“ lässt die erstaunten Kobolde in das holländische Flachland reisen, in dem sie Blumenfelder und Windmühlen sehen und eine sehr lustige Sprache hören. Bei der Reise zu den Langnasen in Afrika, erfahren sie, dass Elefanten ständig mit den Ohren wedeln, weil sie nicht schwitzen können. In Australien treffen sie Kängurus mit stabilen Schwänzen und Beuteln am Bauch.
In Schusterfrieds Märchenerzählungen gibt es eine geheimnisvolle Welt mit Einhörnern, die Schlechtes in Gutes verwandeln können und beim Davonrasen einen Schweif aus hunderten von Sternen hinter sich her ziehen.
Klasen lässt auch schwierige Themen wie Angst und Tod nicht aus. Einfühlsam erfahren die Protagonisten in „Die letzte Reise“, dass die Großmutter gestorben ist: „Kein Laut ist zu hören, nur der Regen rauscht unablässig. In der Stunde, als sich Tag und Nacht begegnen, wenn es weder hell noch dunkel ist, beginnt der Regen nachzulassen und die Wolken verschwinden. In diesem Halbdunkel ertönt die Stimme des Nachtwächterfrieds. Mit einem speziellen Singsang ruft er alle Koboldender zum Haus des alten Muttchens im Heckenweg. Noch erhellt Mondlicht die dahineilenden Gestalten. Diese Nacht ist nicht spurlos vorübergegangen. Das Koboldmuttchen hat vor einer Stunde für immer ihre gold-braunen Augen geschlossen. Obwohl sie schon sehr alt war, umarmt Traurigkeit die Koboldgemeinschaft, besonders Littlefried Neun, dessen Großmutter sie war.“ Zum feierlichen Schweigen gibt es zunächst einmal Preiselbeertee. Dann tröstet Ohrefried den vor Trauer zitternden Neun: „Sieh mal, es macht einen Riesenunterschied, ob jemand gelebt hat oder nicht. Ohne das Muttchen gäbe es weder deine Mama noch dich. Stell dir vor, ohne ihr Rezept könnte unsere Kobold-Omi kein einziges Sahnebonbon zubereiten! ..,Ich für meinen Teil werde immer an sie denken, wenn ich welche lutsche.“ Und da Nummer Neun unsicher ist, wie man richtig trauert, erzählt Ohrefried von seiner Art der Trauerbewältigung und bestärkt Neun: „Wie du mit deiner Traurigkeit umgehen kannst, wirst nur du herausfinden, niemand anders! Das wäre ja noch schöner! Das eigentlich Wichtige ist, dass du deinen eigenen Weg findest.“
In einer anderen Geschichte stellt sich ein mutterloses Mädchen vor, dass die Polarlichter am Himmel tanzende Feen sind, die Kinder trösten wollen. Seine Oma meint: „Natürlich nennt man die Naturerscheinungen Polarlichter, aber eben auch tanzende Feen! Besonders Minikobis und Littlefrieds dürfen sich aussuchen, was sie glauben wollen oder nicht.“
Unter jeder der 22 Erzählungen ist ein kleines Schwarz-Weiß-Bild abgedruckt. Am Ende verabschiedet sich die Autorin aus der Welt der Kobolde. Das Buch ist geeignet zum Vorlesen, Kuscheln und miteinander Reden über die Kobolde und ihre erkenntnisreichen Abenteuer. Erschienen ist der Band bei: Edition Paashaas Verlag, ISBN 978-3-96174-054-3. htv
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