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Nachricht vom 09.04.2020    

Klara trotzt Corona, XII. Folge

GASTBEITRAG | Die Limburger Pfarrhausermittler lassen sich auch kurz vor Ostern nicht unterkriegen, denn die Autoren Christiane Fuckert und Christoph Kloft schreiben täglich eine neue Episode, mit der Sie in dieser schweren Zeit am Alltag der schrulligen Haushälterin Klara Schrupp und ihres gutmütigen Chefs Pfarrer van Kerkhof teilhaben können. Damit wird Ihnen etwas Trost, Unterhaltung und hin und wieder vielleicht sogar ein Lächeln geschenkt.

Symbolfoto

Kölbingen. Folge XII vom 9. April
Schon seit einer ganzen Weile verfolgte van Kerkhof, dass seine Haushälterin irgendetwas vorbereitete. Der Küchentisch war leergeräumt und füllte sich nun nach und nach mit seltsamen kleinen Stapeln von Papierschnipseln und bunten Motiven. Im Vorbeigehen erhaschte der Pfarrer einen Eindruck, um was es sich da handelte: Es waren uralte Glanzbildchen, Blumen, Schmetterlinge, Osterhasen, die meisten an den Rändern mit Silberglanz versehen. Klara bewegte sich treppauf, treppab und legte ihre Werkzeuge bereit. Schere, Klebstoff, Lineal, verschiedene Stifte und farbiges Tonpapier. All das hatte sie wohl im Schrank droben in der Rumpelkammer aufbewahrt. Jetzt wurde er doch neugierig.

„Was haben Sie vor, meine Liebe? Wollen Sie ein Geschäft mit Bastelsachen eröffnen? Vielleicht den Verkauf durch unser Küchenfenster anbieten?“ „Sie immer mit Ihren Geldgedanken! Ich will etwas Gutes tun. Und das gelingt mir am besten, wenn ich Sie aus den Füßen habe. Gehen Sie mal bisschen in Ihr Büro, hier bringen Sie mich nur durcheinander.“ Sie schob ihren Chef aus der Küche hinaus in den Flur. „Bevor ich es vergesse, bringen Sie mir doch gleich mal einen großen Briefumschlag.“

In seinem Büro kam dem Pfarrer ein Gedanke. Das war nun wirklich die Gelegenheit! Heute Vormittag trafen sich doch ein paar Mitglieder des Pfarrgemeinderates. Aus Sicherheitsgründen nahm er als ältere gesundheitsgefährdete Person nicht daran teil, man wollte ihn später über die Ergebnisse der Tagung informieren. Aber er hatte einen Computer! Warum nicht auch einmal auf eine Weise mitarbeiten, wie er es täglich im Fernsehen verfolgte? Er rief seine Sekretärin an und ließ sich erklären, wie er vorzugehen hatte. Gleich danach telefonierte er mit dem Ratsvorsitzenden und bat darum, dass man ihn anhand der Computerkamera mit in die Sitzung einband. Sie machten einen Test und es funktionierte wahrhaftig sofort. „Können Sie uns alle drei sehen?“, fragte man ihn. Und van Kerkhof bestätigte hocherfreut: „So deutlich wie eine Runde bei Frau Maischberger.“

Die anderen hatten ihr Aufnahmegerät so angebracht, dass sie, wenn auch in gebührendem Abstand, so doch alle drei nebeneinander, an einem langen Tisch gut zu erkennen waren. „In fünf Minuten können wir gern beginnen“, sagte van Kerkhof mit dem Gefühl stolzer Vorfreude, nun auch Teil des Online-Wirkungsbereiches zu sein. Doch zuvor musste er sicher sein können, dass seine Haushälterin voll und ganz beschäftigt und zufrieden war.

„Hier, liebe Klara, Ihr Umschlag.“ Sein Blick fiel auf eine ausgeschnittene Anschrift, die er verwundert aufnahm und betrachtete. „Sie wollen an ein Hospiz schreiben?“ „Sie haben es erfasst. Wo sonst gibt es jetzt mehr Bedarf an Zeichen von außen? Die armen Leute dort drinnen können in der schwersten Zeit ihres Lebens nicht mal Besuch von ihren Angehörigen haben. Und das auch noch über Ostern … Da freuen sie sich doch bestimmt, auch wenn's jetzt erst hinterher bei ihnen landet, dass ein dicker Umschlag kommt, für jeden ein eigenes kleines Blatt mit einem lieben Spruch und einem bunten Bildchen. Wie das dort verteilt wird, werden die schon selbst entscheiden.“

Der Pfarrer nickte sprachlos. Wenn es jemanden gab, der ständig schöne Sprüche des Trostes, der Freude und der Zuversicht aus allen möglichen Zeitschriften ausschnitt und sammelte, dann war es seine Klara. Er schluckte, bevor er mit belegter Stimme sagte: „Das ist so ein wunderbarer Gedanke, ich finde keine Worte dafür.“

„Sollen Sie auch nicht“, sagte Klara, ohne ihm das Gesicht zuzuwenden. „Wenn Ihre Neugier jetzt gestillt ist, dann gehen Sie wieder raus.“

Van Kerkhof nickte und lächelte, während er die Tür hinter sich zuzog.
„Meine Herren, wir können beginnen“, sagte er kurz darauf zu den drei Männern am langen Tisch, deren Augen ihm freundlich zuzwinkerten, weil ein begrüßendes Lächeln durch die Schutzmasken nicht erkennbar war.



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„Was für eine harte Zeit“, sagte van Kerkhof, „aber wie dienlich nun die so oft verfluchte Technik doch sein kann.“ Und sie begannen mit den Punkten, die für diese Sitzung gelistet waren.

„Kommen wir zu Punkt vier auf der Tagesordnung“, drang es soeben aus dem Lautsprecher an van Kerkhofs Computer, als mit lautem Schlag die Tür seines Büros aufflog und Klara sich zielstrebig hinter seinem Stuhl vorbeizwängte. „Jetzt rücken Sie doch mal rüber, ich brauche den Knipser.“

„Den Tacker hätte ich Ihnen doch anreichen können“, sagte van Kerkhof leise, dem sehr wohl bewusst war, dass seine Haushälterin im Moment für die anderen ebenso gut sichtbar war wie er selbst. Wenn er sich nicht täuschte, vernahm er sogar ein unterdrücktes Lachgeräusch vom Bildschirm her. Erleichtert, dass Klara sich unverzüglich mit ihrer Gerätschaft wieder entfernte, ohne einen weiteren Kommentar abzugeben, setzte er sein Gespräch fort. Kaum drei Sätze weiter, schoss sie jedoch erneut ins Büro, hängte sich von hinten schräg über seine Schulter und verlangte: „Ihr Arm ist länger. Ich brauche auch noch die Lochmaschine!“

Van Kerkhof reichte ihr den Locher und sog tief die Luft ein. Doch auch diesmal war seine Haushälterin glücklicherweise schnell wieder verschwunden. Vom Bildschirm her ertönte ein gedämpftes Raunen, das der Pfarrer peinlich berührt ignorierte und sich wieder dem eigentlichen Thema zuwandte. Im Grunde war es gut, dass seine Klara nicht wusste, worum es hier gerade ging, sie hätte viele Fragen gestellt und ihre ganz eigene Meinung verlauten lassen. So hoffte er nun, dass der weitere Verlauf dieser Online-Sitzung ungestört vonstatten ging.

Für zehn Minuten gelang ihm das auch. Als Klara jetzt den Büroraum stürmte, wollte sie nichts holen, sondern brachte etwas mit, das sie exakt vor dem Computerbildschirm auf den Schreibtisch stellte.

„Sie haben Ihren Kakao nicht leergetrunken. So eine Verschwendung fangen wir uns erst gar nicht an. Den trinken Sie jetzt kalt!“ Dann stemmte sie die Hände in die Seiten ihrer Kittelschürze, schob das Gesicht näher an den Bildschirm, weil sie ihre Brille nicht trug, und sagte beim Anblick der drei Männer mit Mundschutz: „Ha, und Sie gucken mal wieder Corona!“

Als die Männer im gleichen Moment laut auflachten, schreckte Klara irritiert zurück, schüttelte den Kopf und verzog sich lieber ganz schnell wieder in ihre Küche. Was jetzt in ihr vorging, konnte van Kerkhof nur ansatzweise erahnen. So ganz geheuer war ihr diese Live-Szene wohl doch nicht gewesen.

Doch wenn er glaubte, seine Haushälterin würde sich aufgrund dieser Verunsicherung nun zurückhalten, hatte er sich getäuscht. Er hörte sie im Hausflur an der Tür der Besenkammer rumpeln, kurz darauf schepperte es auf den Fliesen in der Diele und schon schleifte sie ihren Staubsauger hinter sich her in sein Büro. Mit Elan zog sie die Schnur aus dem Gehäuse der Kabelrolle, begab sich damit abermals hinter van Kerkhofs fahrbaren Bürostuhl und schob ihren Chef mit einer kräftigen Bewegung ganz weit unter den Schreibtisch. „So, wenn Sie noch weiter gucken wollen, müssen Sie jetzt ins Wohnzimmer an den Fernsehapparat gehen. Ich brauche jetzt mal Ihre Steckdose!“

Und mit demselben Schwung zog sie den Stecker des Computers aus der Wand. Damit war die Sitzung beendet. (www.christoph-kloft.de)

Klara Schrupp und Pfarrer Willem van Kerkhof wünschen Ihnen ein schönes Osterfest und melden sich am Dienstag wieder. Frohe Ostern wünschen auch die Autoren!

Bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise


Mehr dazu:   Coronavirus  

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