Rainer Jung vom BVMW: Keine Denkverbote zu „Nach-Corona“
GASTKOMMENTAR | Um es vorauszuschicken: Ja, die Regierung musste so handeln, musste uns viele Einschränkungen und Unannehmlichkeiten zumuten, um das Gesundheitswesen auf Schlimmeres vorzubereiten und Reserven vorzuhalten, wenn viele Coronakranke die Krankenhäuser brauchen. Der Niedergang der Wirtschaft fordert viel Opfer. Aber damit sollte – und kann – nun Schluss sein. Gerade in unserer Region mit „rekordverdächtig“ niedrigen Zahlen der Covid-19-Erkrankungen wäre es an der Zeit, die Restriktionen zu lockern. Ein Gastkommentar.
Region. Wenn sich jemand aus der Wirtschaft zur Coronakrise äußert, wird ihm gleich die Lobby für die ach so gierigen Unternehmer unterstellt. Doch darum geht es gerade nicht, es geht allerdings nicht nur um das Sterben von vielen Menschen an Corvit 19, sondern auch um das mögliche Sterben von vielen kleinen und mittleren Unternehmen und in deren Folge die vielen Probleme, welche die Arbeitslosigkeit deren Mitarbeiter nach sich zieht, wenn der Stillstand der Weltwirtschaft nicht bald beendet wird. Stichwort Weltwirtschaft in diesem Zusammenhang: auch in der 3. Welt werden dann mehr Menschen an Hunger sterben als an dem Coronavirus. Machen wir uns nichts vor: uns steht die schlimmste Wirtschaftskrise ins Haus, die die jetzt lebenden Generationen erlebt haben – nur vergleichbar mit der aus den 1930er Jahren.
Falls die Wirtschaft in unserem Land nicht sehr schnell wieder in Gang kommt, werden wir uns von dem Leben, wie wir es gewohnt sind, verabschieden müssen, weil es das Eiscafè um die Ecke, unseren Frisör, unsere Boutiquen zum Shoppen und unser Lieblingsrestaurant schlicht und einfach nicht mehr gibt. Wollen wir das wirklich? Was bleibt sind die Großen der verschiedenen Branchen, Google, Amazon & Co, die allesamt fast keine Steuern zahlen und damit unseren Staat eben nicht in die Lage versetzen, Schulen, Bahnen, Krankenhäuser und Straßen zu bauen sowie seine Sozialleistungen zu realisieren. Ganz nebenbei liegen chinesische Investoren massenhaft auf der Lauer, insolvent gehende Mittelständler zu kaufen. Wollen wir das: weitere Abhängigkeit von den Chinesen?
Einmal von den zu erwartenden Unternehmens-Insolvenzen abgesehen, sind in deren Folge viele Privatinsolvenzen absehbar. Aber über diese Fälle berichtet keine Presse, weil nicht bekannt oder nicht spektakulär genug. Sie erscheinen auch in keiner Statistik: Herzinfarkte, nicht behandelte Krankheiten (z. B. „zurückgestellte“ Krebs-Behandlungen, Operationen), Depressionen, Suizide, verursacht durch Stress in den Familien, besonders der Stress mit den Kindern, die mit sich selbst nichts mehr anfangen können, aggressiv werden (oder schlimmeres). Katastrophenzahlen lassen sich besser verkaufen. Über die Folgen eines fortgesetzten Shut-downs wird später zu berichten sein.
Nun wird es Zeit, dass nicht die Virologen (haben die je über bereits Geheilte berichtet?) unser Land regieren, sondern der soziale und ökonomische Sachverstand. Auch die Bundeskanzlerin und ihr Kanzleramtsminister müssen dazu übergehen, die „Nach-Corona-Zeit“ anzugehen, statt den Querdenkern einen Maulkorb zu verpassen, wenn sie laut darüber nachdenken. Es geht nicht nur um den Schutz gefährdeter Gruppen, sondern auch um die Mehrzahl der übrigen Bundesbürger. Mit Einschränkungen und Unannehmlichkeiten werden weiterhin alle leben müssen, aber bitte mit einer offenen Diskussion über welche, für wen und bitte nur so lange, wie unbedingt nötig. Kreative Ideen gibt es genug. Die augenblickliche Geheimnistuerei darüber ist wieder einmal geeignet, die in der Sache bisher gute Arbeit der Regierung in den Schatten zu stellen und die Politikverdrossenheit wieder zu fördern.
Rainer Jung
Bundesverband mittelständische Wirtschaft BVMW
Geschäftsstelle Siegen (für Südwestfalen/LDK-Nord/Westerwald)
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