Kinderrechte und Grundgesetz
Die diesjährige Woche der Kinderrechte in Rheinland-Pfalz geht vom 20. bis 27. September über die Bühne und steht unter dem Motto „Kinderrechte im/ins Grundgesetz!?“. Stadt und Land fördern Projekte zu den Kinderrechten auch 2020.
Neuwied. Ausrufe- und Fragezeichen: Das Motto macht deutlich, dass das Thema Kinderrechte und Grundgesetz kontrovers diskutiert wird. „Seit 30 Jahren gilt die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Deutschland, seither wird darüber diskutiert, sie im Grundgesetz zu verankern. Der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht diese Verankerung vor“, berichtet Sonja Jensen, die beim Kinder- und Jugendbüro (KiJuB) die Fachstelle für Partizipation innehat. „Dies ist ein starkes und notwendiges Signal!“ Zudem weist sie auf ein Kernstück der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen hin: das Prinzip, dass bei allen staatlichen Entscheidungen, die Kinder betreffen, das Kindeswohl berücksichtigt werden muss.
Ein immer wiederkehrendes Argument gegen eine Verankerung im Grundgesetz ist der Hinweis, dass Kinder bereits durch dieses geschützt seien. In der Praxis werden laut einigen Experten Grundgesetz und Kinderrechtskonvention jedoch nicht miteinander in Verbindung gebracht. So sehen zwei vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Gutachten bei der Umsetzung des Kindeswohlprinzips und des Beteiligungsrechts noch erhebliche Defizite, da das Grundgesetz nicht ausdrücklich ausspricht, welche spezifischen verfassungsmäßigen Rechte Kinder in Deutschland haben.
Jensen dazu: „Hier wird deutlich: Bei der Umsetzung des Kindeswohlprinzips und des Beteiligungsrechts gibt es erhebliche Defizite. Die Gutachten sehen daher eine explizite Verankerung dieser Prinzipien im Grundgesetz als verfassungspolitisch sinnvoll an. Die Rechtsanwendung bereits bestehender Kinderrechte würde deutlich verbessert.“ Zudem wären die Kinderrechte dann auch schon Thema im allgemeinen Jurastudium und nicht nur auf Sonderveranstaltungen.
Immer wieder wird dem Vorschlag die Kinderrechte ins Grundgesetz zu integrieren, die Angst entgegengesetzt, dass dadurch die Stellung der Eltern eingeschränkt werde. Jensen erklärt: „Diese Angst kann man allen Eltern nehmen, an der Rechtsstellung der Eltern würde sich nichts ändern. Der Staat erhält durch ein Kindergrundrecht keine neuen Befugnisse oder Kompetenzen. Das gesetzliche Verhältnis von Eltern zum Staat wird nicht angetastet, es geht lediglich darum, das Verhältnis und die Pflichten von Staat zu Kind klarer auszuformulieren.“
Der bisherige Vorschlag für ein Kindergrundrecht sieht vor, das Kindeswohl bei allen Entscheidungen, die ein Kind betreffen, „angemessen“ zu berücksichtigen. Doch das geht den Kinderrechtsorganisationen nicht weit genug, sie möchten eine „vorranginge“ Berücksichtigung des Kindeswohls. Dies unterstützt die Fachstelle Partizipation in Neuwied eindeutig. „Diese kleine Unterscheidung in einem Wort ist eine sehr wichtige, denn nur dann ergibt sich aus der Pflicht zur vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohl auch eine Pflicht zur Beteiligung der betroffenen Kinder“, erklärt Jensen.
Auch in diesem Jahr können sich wieder alle Institutionen und Vereine in Neuwied für eine Förderung in Höhe von 300 Euro für ein Projekt bewerben, das ein oder mehrere Kinderrechte behandelt. Das Projekt muss bis zum 15. Oktober durchgeführt worden sein. Interessenten schicken ihre Projektbeschreibung per Post an Sonja Jensen, Kinder- und Jugendbüro der Stadt Neuwied Fachstelle Partizipation, Heddesdorfer Straße 33, 56564 Neuwied, oder per E-Mail an sjensen@neuwied.de. (PM)
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