Leserbrief: Es kräht der Hahn
MEINUNG | Die Stadt Neuwied hat es endlich geschafft. Sie ist jetzt bundesweit und nicht nur in Rheinland-Pfalz skandalbekannt. Geschuldet nicht etwa einem halsstarrigen Bürgermeister, der nicht zurücktreten will. Geschuldet vielmehr einem Konglomerat von CDU und anderen Parteien und Gruppierungen. Leithammel dieser bunten Truppe ist der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Hahn. Seit Jahren städtischer Unruhestifter und handelnd nach dem Motto: "Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich die Politik oder sie bleibt wie sie ist".
Hahn hat die Lunte gelegt, die zur Abwahl des SPD-Bürgermeisters Michael Mang führen sollte. Fahrlässig handelnd, weil er genau wusste, dass die Stimmen seiner Gefolgschaft allein nicht ausreichen. Dass die SPD-Fraktion ihren eigenen Bürgermeister nicht abwählt, dass wusste Martin Hahn sehr genau. Auf wen muss er also gehofft und es auch billigend in Kauf genommen haben? Auf die verbleibenden AfD-Stimmen. Diesen Gefallen hat ihm die AfD allerdings nicht getan. Sie hat sich geschlossen enthalten. Bürgermeister Mang bleibt im Amt.
Hahns politische Einfalt gipfelt jetzt in seiner Behauptung, Michael Mang verdanke sein Amt der AfD. Eine unverfrorene Umkehr der Tatsachen. Denn der Bürgermeister hat allein dem CDU-Vorsitzenden und seinen Komparsen zu verdanken, dass er noch im Amt bleiben darf. Schließlich hat er es versäumt, sich vor der Abstimmung zahlenmäßig die notwendige Mehrheit zu sichern.
Irritierend ist auch die Haltung der Landes- und Kreis-SPD. Sie kreidet Michael Mang an, dass er vor der Abstimmung über seine Abwahl mit allen Parteien und damit auch mit der AfD gesprochen hat. Das hatte er vorher angekündigt. Es war auch sein gutes Recht. Dabei sollte die SPD wissen, dass viele Kommunalparlamente in dieser Republik handlungsunfähig wären, wenn auf örtlicher Ebene nicht mit AfD-Vertretern gesprochen würde. Die SPD kann kaum befürworten, dass ihr eigener Mann allein mit Hilfe der AfD aus dem Amt gekegelt wird. Was hat die AfD im Neuwieder Stadtparlament getan? Weil sich die Fraktion nicht in Luft auflösen konnte, hat sie sich der Stimme enthalten.
Ärgerlich ist in der Causa Mang auch der Umgang mit der Öffentlichkeit. Es werden Allgemeinplätze und unbewiesene Behauptungen in den Raum gestellt, gepaart mit persönlichen Verunglimpfungen. Dies, obwohl sich bereits Gerichte mit den Anschuldigungen gegen Mang beschäftigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es politisch klug ist, sich an das Bürgermeisteramt zu klammern. Darum geht es allerdings nicht. Es geht allein darum, dass die Öffentlichkeit darüber umfassend informiert werden muss, welche sachlichen und erheblichen Gründe für die Abberufung des Bürgermeisters maßgebend sind. Daran fehlt es bislang. Dass aus beamtenrechtlichen Gründen eine Offenheit von beiden Seiten schwierig ist, das musste auch der CDU-Fraktionsvorsitzende wissen. In Kenntnis dessen hätte Hahn sein Krähen zumindest so lange unterdrücken müssen, bis gerichtliche Entscheidungen vorliegen.
Leserbrief von Claus Kopinski, Neuwied/Frankfurt a.M.
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