Rainer in Rommersdorf: „Für mich ist Karneval mein Leben“
Von Eckhard Schwabe
Die Karnevalsession 2020/2021 wird - der Corona-Pandemie geschuldet - wohl weitestgehend ausfallen. Dies ist für Rainer, den neuen Karnevalsstern am närrischen Himmel, keine Option. Im heimischen Garten plant er gemeinsam mit seinem Pianisten Holger Kappus eine Online-Sitzung für sein närrisches Volk.
Neuwied-Rommersdorf. Im malerischen Pfortenhof der Abtei Rommersdorf konnten am 4. August rund 80 Zuschauer die Premiere „Rainer plant eine Online-Karnevals-Sitzung“, erleben. Der Sitzungspräsident Rainer (Boris Weber, Freie Bühne Neuwied) betritt die Bühne und überlegt sofort, wie lange er wohl den tosenden Applaus den ihm sein närrisches Publikum spenden wird, für seine erste Online-Sitzung einplanen muss. Doch so ganz war er mit dem „Einmarsch“ nicht zufrieden und so geht es zurück auf Anfang und er marschiert erneut ein.
Holger Kappus, den Rainer kurzerhand in Volker umtauft, greift wieder in die Tasten und Rainer marschiert erneut ein, doch wieder stimmt etwas nicht, „Sun Mist, jetzt hann ich die Kamera vergessen änzuschalte“, unterbricht der Sitzungspräsident den Einmarsch, wieder auf Anfang und Einmarsch bitte.
„In Corona-Zeiten ist alles anders, auch im Karneval, damit wir den Corona-Vorgaben auch gerecht werden, habe ich mir überlegt, dass ich gleich alles selber mache, ich mache den Prinz, den Sitzungspräsidenten ja eh und alle anderen Beteiligten und damit wir gleich alle in Stimmung kommen, Volker, spiel mal eine Schunkelrunde.“
„Stop, dat gät awer su net, mir müsse de Coronaregele änhale, Ellenboge zom Nachbar raus un nur mit de Spitze berühre, su Volker jetzt kannste“, gibt Rainer die letzten Anweisungen und schon geht es los.
Freude, Melancholie, Trauer, Wut
„Do gibt et in Kowelenz su en Hannebambel vom RKK (Rheinische Karnevals-Korporation), der oos de Karneval nimme will“, oh Rainer gerät in Rasche, doch er kann sich rasch wieder fangen und erklärt, dass er sich von gewissen Herrschaften die Freude am Karneval und schon mal überhaupt nicht an einer Sitzung, die für ihn zum Karneval gehört, nehmen lässt. „Die han doch kän Stimmung in Kowelenz, wenn ich die Wahl zwischen der Teilnahme am RoMo (Rosenmontag-Zug) in Kowelenz und einer Knie-OP hätte, wüsste ich jetzt nicht, für was ich mich entscheiden müsste, was schlimmer wäre“, so der Vollblutkarnevalist aus dem beschaulichen Heimbach.
Die Karnevalisten rechnen in der närrischen Zeit immer mit Politik und Wirtschaft ab, so auch bei der grandiosen Premiere der Aufzeichnung zur ersten Online-Karnevals-Sitzung. Mit Lied und Büttenreden wird mit den verschiedenen Karnevalsgesellschaften in und um Neuwied abgerechnet. Der Freund von Rainer, US-Präsident Donald, darf auch nicht fehlen. Neben ihm kommt auch das politische Parkett in Neuwied nicht ungeschoren davon, doch „ding-dong“ es klingelt an der Haustür von Rainers Domizil. Neuwieds Oberbürgermeister Jan Einig gesellt sich zu Rainer und nimmt im Garten Platz. „Häs dau denn mit Karneval wat am Hot?“ fragt Rainer das Stadtoberhaupt. „Ja, ich war mal im Hofstaat in Mendig als Mundschenk." "Un, wie wor do dän Titulatur?", hakt Rainer sofort nach. "Mundschenk Jan von den zarten Zehen." Da muss Rainer einen großen Schluck aus der Flasche nehmen und stockt kurz in seinen Ausführungen, bevor es im reichhaltigen Programm, immerhin gibt es mehr als 13 Programmpunkte, mit unzähligen Schunkelrunden, weiter geht.
Die Trauer, dass sein geliebter Karneval in diesem Jahr nicht so stattfinden kann, kommt unter anderem in einem wundervoll vorgetragenen „Krätzchen“ zum Tragen, in dem auch die Lage in Neuwieds Innenstadt und die wirtschaftlichen Folgen aufgegriffen werden und für nachdenkliche Gesichter sorgt. Auch die Büttenreden lassen an manchem Politiker kein gutes Haar.
Doch dann wird Rainer ernst. Zu den Klängen von „My Way“ beendet er die mehr als gelungene Premiere mit den Worten: „Für mich ist Karneval mein Leben.“
Ob es noch Karten für die in den nächsten 14 Tagen stattfindenden Vorstellungen gibt, erfährt man hier.
Eckhard Schwabe
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