Trauerschritte sind Werdeschritte
Durch den Tod eines nahestehenden Menschen wird oftmals das ganze Leben durcheinandergewirbelt. Der rote Faden, der sich durch den Alltag zieht, scheint verloren. „Und dies geschieht, unabhängig davon, ob man den Tod des geliebten Menschen annehmen kann oder nicht“, sagt Dr. Sylvia Brathuhn.
Neuwied. Die Pädagogin und Trauerbegleiterin Brathuhn bietet im Neuwieder Hospizverein Gesprächskreise, Auszeittage und -wochenenden für trauernde Angehörige an.
Warum diese Angebote Trauernden helfen können, wieder Selbstvertrauen zu finden, um ihren eigenen Trauerweg beschreiten zu können, beschreibt Dr. Sylvia Brathuhn so: „Trauerbegleitung ist sprichwörtlich Entwicklungshilfe, denn der Prozess der Trauer ist eine Entwicklung, die jeder Mensch individuell durchlebt.“ Gerade die Begleitung in einer Gruppe mit Gleichbetroffenen lassen viele Trauernde erleben, dass sie nicht allein sind mit ihrer Trauer. Sie fühlen sich nicht als Außenseiter, erleben, dass auch andere Menschen so fühlen und denken, wie sie. „Kurz nach dem Tod eines Menschen erleben viele vielleicht noch die Unterstützung durch die Verwandtschaft oder Nachbarschaft. Doch später wird die Trauer des Betroffenen im Umfeld nicht mehr aufmerksam wahrgenommen.“ Und genau dann sei es gut, einen Raum zu haben, in dem man so sein darf, wie man ist. Wo man seine eigenen – manchmal befremdlichen - Gedanken aussprechen und an den Erfahrungen der anderen teilhaben kann.
In ihrem Gesprächskreis, aber auch in den Auszeiten für Trauernde bietet Sylvia Brathuhn mittels unterschiedlicher Impulse und Methoden an, den eigenen Fragen und denen der anderen Teilnehmer nachzugehen, um gestärkt aus den Treffen zu gehen. Die Auszeittage bieten sich beispielsweise gut an, einmal „hineinzuschnuppern“ in die Trauerbegleitung und herauszufinden, ob man sich gemeinsam mit anderen auf den Weg machen möchte, die eigenen Trauerschritte, die Brathuhn als „Werdeschritte“ beschreibt, zu gehen. „Auf diesem Weg darf man auch mal auf der Stelle treten, zurückgehen oder eine Pause einlegen“, so Brathuhn. Der Teilnahme am Gesprächskreis, dem sich jederzeit Interessierte anschließen können, geht ein Vorgespräch voraus, um herauszufinden, wo die jeweiligen Bedürfnisse des Trauernden liegen.
„Manchmal ist es hilfreich, erst eine Einzelbegleitung in Anspruch zu nehmen, bevor man sich einer Gruppe anschließen kann“, sagt Sylvia Brathuhn. Im Durchschnitt nehmen die Teilnehmer am Gesprächskreis eineinhalb Jahre teil. „Aus diesem Angebot wird keine Lebensgruppe. Wer das Gefühl hat, Halt und wieder eine Zukunftsperspektive gefunden zu haben und spürt, dass es wieder ein ‚ich‘ gibt, kann im Kreis aller verabschiedet werden“, berichtet Brathuhn. „Das heißt aber nicht, dass man nicht vielleicht noch einmal an einem Auszeittag oder -wochenende teilnehmen kann, wenn man das Gefühl hat, noch einmal der eigenen Entwicklung nachspüren zu wollen.“
Die Wochenenden würden beispielsweise noch viel mehr Gemeinschaft, wie etwa beim Essen oder dem gemeinsamen Verbringen der Abende, ermöglichen. „Gerade wenn man das Thema Einsamkeit bedenkt, sind für viele Trauernde die Wochenenden unerträglich. Das Auszeitwochenende ist dann wie eine Insel im Alltag, der ja so schwierig ist“, weiß Dr. Sylvia Brathuhn zu berichten.
Der Gesprächskreis für trauernde Angehörige findet einmal im Monat in der Geschäftsstelle des Neuwieder Hospizvereins von 18 bis 20.15 Uhr statt (Anmeldung erforderlich). Vom 27. bis 29. November findet das nächste Auszeitwochenende (Es sind noch Plätze frei) statt. Veranstaltungsort ist Vallendar. Infos und Anmeldungen zu allen Angeboten unter Tel. 02631/344 214 (Neuwieder Hospizverein).
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