Leserbrief zu: Wer macht eigentlich Politik für die Bürger in Windhagen?
LESERMEINUNG | In einer Pressemitteilung vom 11. November 2020 wirft die CDU Windhagen die Frage auf, wer tatsächlich in der Gemeinde Windhagen transparente, zukunftsorientierte und vor allem bürgerfreundliche Kommunalpolitik vorantreibt. Vorstand und Fraktion des Vereins „Gemeinsam – Bürger für Windhagen e.V" schreiben dazu den nachstehenden Leserbrief.
Windhagen. „Sofern sie auf die vor jeder Ratssitzung stattfindende Einwohnerfragestunde hinweist, so ist das kein Verdienst der CDU Windhagen, vielmehr ist in § 21 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GemO) gesetzlich vorgeschrieben, dass diese mindestens vierteljährlich stattzufinden hat. Dass der Ortsbürgermeister diese, im Benehmen mit den Beigeordneten und allen Fraktionen, monatlich abhält, wird von uns ausdrücklich begrüßt und entspricht der kurz nach der Wahl getroffenen Verabredung zwischen allen Fraktionen im Gemeinderat.
Unzutreffend ist die Behauptung, die monatlich stattfindende Dienstbesprechung des Ortsbürgermeisters mit den Beigeordneten und Fraktionsvorsitzenden erhöhe deutlich die Transparenz und Bürgernähe. Dieses Gremium tagt - was in der Natur der Sache liegt - unter Ausschluss der Öffentlichkeit; die Beratungsgegenstände bleiben mithin den Bürger/innen verborgen. Die Zielsetzung der Dienstbesprechung ist in etwa der eines Ältestenrats (§ 34 a GemO) vergleichbar und dient der Beratung des Bürgermeisters.
Diese beiden Punkte stellen eine bewusste Irreführung der Leser dar, sie sollen den Leser ausschließlich positiv auf die eigentlichen zentralen Aussagen der CDU-Pressemitteilung einstimmen.
Kernpunkt ist, dass die CDU -Fraktion im Gemeinderat Windhagen der Ratsmehrheit, bestehend aus B90/Grünen, Gemeinsam-Bürger für Windhagen (G-BfW) und SPD unterstellt, eine bürgerferne und investorenunfreundliche Politik zu betreiben. Der Blick auf die Ratsentscheidungen des letzten Jahres entlarvt diese Behauptungen als Polemik und Verächtlichmachung der Vertreter der anderen Fraktionen im Gemeinderat. Ist das der neue Politikstil der CDU? Hat die Partei noch immer keine Lehren aus ihrem Wahldebakel von 2019 gezogen?
Worum ging es konkret?
Es trifft zu, dass die seit Mai 2019 bestehende Ratsmehrheit mehrere Bauvorhaben gestoppt bzw. abgelehnt hat. Die Mehrheitsfraktionen waren insoweit weder investorenunfreundlich noch haben sie bürgerfern gehandelt. Es ging schlicht um die Frage, ob der Gemeinderat die bestehenden Gesetze beachtet oder darauf vertraut, dass schon niemand klagen wird.
In einem Fall ging es um geplante Mietshäuser in einem von Einfamilienhäusern geprägten Umfeld, die nicht zum sonstigen Ortsbild gepasst hätten und daher nicht im Einklang mit baurechtlichen Vorschriften standen.
Bei einem zweiten Projekt haben wir die Zustimmung aus rechtlichen Gründen versagen müssen, weil das Terrain im Flächennutzungsplan nicht, wie im Baugesetzbuch (BauGB) vorgeschrieben, für Zwecke der Wohnbebauung, sondern ausdrücklich als „Sonderfläche“ ausgewiesen ist.
Als drittes Projekt haben wir, ebenfalls aus Rechtsgründen, dem Vorhaben „Heckerfeld“ unsere Zustimmung verweigert. Dies geschah, weil kein baurechtlicher Bedarf für dieses Baugebiet bestand. Der Begriff des Bedarfes ist gesetzlich definiert und nicht gleichzusetzen mit einer bestehenden Nachfrage nach Baugrundstücken. Wir beziehen uns an dieser Stelle auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (OVG) vom 20. Mai 2020, das sich u. a. ausführlich mit der Frage des Bedarfes an weiteren Bauflächen in Windhagen befasst hat. Aus Sicht des OVG wurde nämlich seitens der Verbandsgemeinde Asbach gerade nicht nachgewiesen, dass ein Bedarf für die Ausweisung weiterer Bauflächen außerhalb des bestehenden Flächennutzungsplans besteht. Durch dieses Urteil sehen wir uns in unserer Rechtsauffassung in vollem Umfang bestätigt. Daran ändert auch die seitens der Prozessbevollmächtigten der Verbandsgemeinde in der Ratssitzung am 5. November 2020 vertretene Auffassung nichts. Denn die als Begründung für dieses Vorhaben gewählte Sondervorschrift des § 13 b BauGB steht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass eine städtebauliche Entwicklung der Gemeinde im Innenbereich nicht mehr möglich ist. Dieser Punkt ist in Windhagen noch längst nicht erreicht!
Dass diese Politik darüber hinaus bürgerfern sein soll, erschließt sich wohl nur aus dem eingeschränkten Blickwinkel der CDU.
Hier lohnt sich ein kurzer Rückblick auf die Causa „Heckerfeld“. Vor der Entscheidung des Rates haben die unmittelbar betroffenen Anwohner nahezu vollzählig - über 40 Personen - für eine Beendigung der weiteren Planung demonstriert.
Auch wenn wir in erster Linie rechtliche Erwägungen für unsere Entscheidung in den Vordergrund gerückt haben, so waren wir uns nicht nur wegen der zahlreich erschienen Anwohner, sondern auch aufgrund vieler E-Mails und anderer Nachrichten von unmittelbar betroffenen Anwohnern, die uns erreicht haben bewusst, dass diese der Fortführung des Projektes mehrheitlich ablehnend gegenüber standen.
Wo war sie hier – die „Bürgernähe“ der CDU-Fraktion? Kein einziges CDU-Ratsmitglied hat mit den Bürger/innen auch nur ein Wort gewechselt.
Wozu auch..? Die CDU-Fraktion stand und steht ohne Wenn und Aber, ungeachtet der vorgetragenen rechtlichen Bedenken und der erkennbaren Ablehnung seitens der betroffenen Anwohner, an der Seite des Investors. Das ist Klientelpolitik, die Partikularinteressen Einzelner zu Lasten des Gemeinwohls befördern will.
Dies genau zeigt, worum es im Windhagener Gemeinderat seit einem Jahr wirklich geht: Die Politik der CDU in Windhagen ist seit Jahrzehnten von der Überzeugung geprägt, was den Firmen und Investoren dient, ist auch gut für Windhagen und seine Bürger/innen.
Diese Grundüberzeugung mag für die Vergangenheit durchaus ihre Berechtigung gehabt haben, aber die Zeiten haben sich geändert. Seit Jahren wächst weltweit die Erkenntnis, dass Wachstum kein schierer Selbstzweck sein darf. Weder für Unternehmen noch für Kommunen gibt es grenzenlos Wachstum.
Die Menschen wollen, anders als in der Nachkriegszeit, nicht mehr allein Arbeit und Wachstum. Für sie sind im Laufe der Jahre der Umwelt- und besonders der Klimaschutz, ein lebenswertes Umfeld vor Ort, eine lebenswerte Zukunft für die Kinder, der Einklang von Ökologie und Ökonomie wesentlich wichtiger geworden.
Grund und Boden sind ein knappes Gut, das nicht vermehrt werden kann. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, bei jedem geplanten Bauprojekt zu hinterfragen, ob es notwendig ist und wenn ja, ob es auch den Interessen der Windhagener Bürger dient.
Alle Fraktionen des Rates, auch die CDU, haben deshalb die Uni Kaiserslautern beauftragt, ein Raumplanungskonzept für Windhagen zu erstellen. In diesem Zusammenhang ist das vorgeschlagene Moratorium für Bauplanungen zu sehen, damit die Ergebnisse dieser Universitätsstudie in künftige Planungen einfließen können.
Da für die Ratsmehrheit das lebenswerte Umfeld vor Ort und die Zukunft der Kinder ein wichtiges Anliegen ist, hat sich der Verkehrsausschuss ausführlich mit dem von der Fraktion von G-BfW mitentwickelten Konzept für die Schulwegsicherung auseinandergesetzt und diverse Beschlüsse und Anregungen an die Verbandsgemeinde übermittelt. Diese wurden entweder nicht beachtet oder wurden als undurchführbar zurückgewiesen. In dem Konzept, dass der von der VG beauftragte Verkehrsplaner in der Ratssitzung vom 5. November 20 vorgestellt hat, wurde darauf überhaupt nicht eingegangen. Dies ist insbesondere für die Eltern der Kinder, die über die Straße „Im Hohnerbüchel“ zur Schule gehen, nur schwer verständlich.
Die Verkehrssicherheit ist insbesondere für die Fraktion von G-BfW ein wichtiges kommunalpolitisches Thema. Mit Verwunderung wurde deshalb dort der Hinweis der CDU aufgenommen, sie habe zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer die Einrichtung einer Tempo 30-Zone (gemeint ist das Baugebiet Grabenbitze/Auf dem Sack) beantragt. Dies ist zwar zutreffend, G-BfW hatten jedoch ihrerseits die Schaffung einer „verkehrsberuhigten Zone“ beantragt, die z. B. für Autofahrer die Einführung von „Schrittgeschwindigkeit“ zum Schutze von Kindern und anderer schwacher Verkehrsteilnehmer bedeutet hätte. Das hätte gerade in einem reinen Wohngebiet die Sicherheit für diesen Personenkreis deutlich erhöht. Wenn dem entgegen gehalten wird, Schrittgeschwindigkeit führe zu mangelnder Aufmerksamkeit der Kraftfahrer und im Übrigen halte sich sowieso niemand daran, zeugt das von einem bemerkenswerten Rechtsverständnis. Mit diesem Totschlagargument kann man letztlich jegliche staatliche Regelung ad absurdum führen.
Schließlich fanden die Ideen der CDU, 100 Bäume in Windhagen zu pflanzen und Wildblumen zu säen, die volle Unterstützung aller Fraktionen im Gemeinderat. Mehr Grün in der Landschaft schafft mehr Biodiversität. Angesichts der Tatsache, dass wir in der Gemeinde etliche Ausgleichsflächen haben, um deren Pflege sich niemand so recht kümmert und die zu versteppen drohen, muss man sich fragen, ob diese Aktivitäten konzeptionell richtig durchdacht sind. Auf welchen Flächen will man Bäume pflanzen, wo sollen Wildblumensamen ausgesät werden?
Die Fraktion Gemeinsam-Bürger für Windhagen lädt alle Bürgerinnen und Bürger ein, sich selbst ein Bild davon zu machen, wer wirklich eine transparente, zukunftsorientierte und vor allem bürgerfreundliche Kommunalpolitik in Windhagen betreibt.“
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