Klara trotzt Corona im Advent
Von dem Autoren-Duo Christiane Fuckert und Christoph Kloft gibt es in den vier Adventswochen noch einmal (jeweils wöchentlich) kurze Klara-Episoden. So können unsere Leser/innen sich während des neuen Lockdowns noch zweimal bis Weihnachten an der resoluten Limburger Pfarrhausköchin und ihrem gutmütigen Pfarrer van Kerkhof erfreuen. Die letzte Episode kommt nächste Woche.
Kölbingen. „Herr Pfarrer, Herr Pfarrer!“ Klaras aufgeregte Rufe drangen bis in den letzten Winkel des kleinen Pfarrhauses. Sie riss eine Tür nach der anderen auf und war schließlich beim Büro angelangt.
„Herr Pfarrer, hier sitzen Sie. Warum geben Sie keine Antwort?“ „Ich bin am Telefonieren“, reagierte van Kerkhof leicht verärgert. „Aber …“ „Jetzt nicht!“ Ihr Chef und machte eine für seine Verhältnisse sehr energische Handbewegung.
Klara blieb nichts anders, als betreten davonzuziehen. „Das büßt er mir“, schimpfte sie im Flur. „Wenn der das nächste Mal was will, bin ich auch gerade mal wichtig!“ Es dauerte nicht lange, bis sich die Bürotür öffnete und van Kerkhof in den Flur kam. „Klara?“, rief er vorsichtig. „Keine Zeit“, kam es nur beleidigt aus der Küche.
„Mein Gott, Klara“, meinte van Kerkhof entnervt, als er bei seiner Haushälterin war, „ich war doch gerade in einem Gespräch mit Pfarrer Tiedgen. Der Arme hat wirklich ein großes Problem. Er weiß nicht, ob er seinen Sohn zu Weihnachten sehen kann. Der macht ein Auslandssemester und wegen Corona …“ „Tja“, fiel Klara ihm schnippisch ins Wort. „Wäre er mal besser kein evangelischer Pfarrer geworden. Als katholischer Priester hätte er keine Kinder und damit auch diese Sorgen nicht.“ „Das ist aber jetzt sehr kaltherzig, meine Liebe.“
Klara besann sich tatsächlich, was aber nichts an ihrer Gekränktheit änderte: „Wenn er Sie auch davon abhält, an wichtige Termine zu denken!“ „Und die wären?“ „Die Anmeldung zur Vesper am 3. Advent! Sie haben das die letzten beiden Male schon vergessen, und ich will unbedingt wenigstens einmal vor Weihnachten in den Dom.“ „Das habe ich schon längst erledigt, meine Liebe!“
Klara klatschte in die Hände: „Das ist ja nicht zu glauben, es geschehen noch Zeichen und Wunder!“ „Da sehen Sie mal, dass Sie mir Unrecht getan haben.“ „Dann war das mal eine Ausnahme. Sie denken ja sonst an rein gar nichts. Zum Beispiel, dass wir noch kein einziges Weihnachtsgeschenk haben!“ „Gerade darüber habe ich auch mit dem Kollegen gesprochen. Er ist wie ich der Meinung, dass es dieses Jahr nicht die Zeit ist für ausgiebige Einkaufsbummel.“
„Das ist ja alles schön und gut, Herr Pfarrer. Aber wir wollen ja unsere Limburger Geschäfte auch unterstützen. Und das können wir nicht, wenn wir nicht dahin gehen.“ „Sie haben natürlich recht. Das sollte man auch tun, die Händler geben sich solche Mühe, alles weihnachtlich zu gestalten, jetzt wo es schon unseren Christkindlmarkt nicht gibt.“
„Also, dann sind wir uns doch einig.“ Die Ungeduld war Klara deutlich anzumerken. „Aber wir sollten auch noch an andere denken. Ich meine damit unsere gebeutelten Gaststätten-, Kino- und Cafébesitzer.“ „Natürlich sind die im Moment besonders arm dran. Aber was könnten wir für sie tun, Herr Pfarrer?“ „Die Lösung heißt Gutscheine, liebe Klara. Pfarrer Tiedgen und ich sind übereingekommen, dass wir zu Weihnachten statt der üblichen kleinen Aufmerksamkeiten Gutscheine an unsere treuen Mitstreiter verschenken.“
Stellenanzeige
„Gutscheine? Aber das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes!“ „Und ob, meine Liebe! Gerade in dieser Zeit – wie wunderbar wird es für die Menschen sein, wenn ihnen die Aussicht auf einen Theater- oder Kinobesuch geschenkt wird, wenn sie sich auf ein Essen im Restaurant freuen können oder vielleicht auch wieder in ein Fitnessstudio gehen können.“
Klara musste in diesem Moment so laut lachen, dass der Pfarrer sie erschrocken ansah. „Habe ich was Falsches gesagt?“ „Nein, nur das Wort Fitnessstudio und Sie – das passt überhaupt nicht zusammen.“
Klara kramte ein Taschentuch aus ihrer Schürze und wischte sich eine Träne aus den Augen. „Ich verstehe“, schmunzelte van Kerkhof. „Ich habe dabei auch nicht an mich gedacht.“ „Das wäre auch noch schöner“, prustete Klara jetzt los.
„Jetzt hören Sie doch einmal auf, meine Gute. Ich denke zum Beispiel an unsere Pfarrsekretärin.“ „Die Wischnewski, diese Bohnenstange? Die braucht kein Fitnessstudio.“ „Dann halt an jemand anderen. Jedenfalls ist das doch eine tolle Idee: Die Menschen die beschenkt werden, erfreuen sich an der Aussicht auf eine bessere Zeit, und den Restaurant- und Cafébesitzern und all den anderen, die im Moment besonders leiden, wird ganz konkret mit den Einnahmen geholfen.“
Klara überlegte einen Moment, um dann überzeugt zu nicken: „So schlecht ist das wirklich nicht. Aber da wäre es gut, wenn Sie mich vorher fragen würden, wem Sie welchen Gutschein schenken. So zerstreut, wie Sie sind.“ „Das will ich gerne tun.“ „Sie bringen sonst da wieder alles durcheinander.“
Van Kerkhof ließ seiner Haushälterin auch diese Bemerkung durchgehen. „Also abgemacht: Wir machen das so ...“ „Genau, und die anderen Sachen kaufen wir hier bei uns ein. Und Sie bestellen nichts im Internet bei diesem Dingsda aus Amerika, der sowieso schon das viele Geld verdient.“ „Daran will ich mich gerne halten, meine Liebe.“
„Und wehe, Sie schenken mir aus Versehen einen Gutschein für ein Nagelstudio oder so etwas!“ „Keine Sorge, meine Liebe“, musste nun der Pfarrer lachen. „Da gibt es sicher andere, denen man damit eine Freude machen kann.“ „Mir jedenfalls nicht,“ setzte Klara noch einmal nach.
„Und wenn Sie an eine Kleinigkeit für mich denken …“ Pfarrer van Kerkhof versuchte allerdings vergeblich zu Wort zu kommen, denn Klara fiel ihm ins Wort: „Da weiß ich seit heute was! Ein Gutschein fürs Fitnessstudio. Da kriegt der Pfarrer Tiedgen gleich einen mit. Das lass ich mir was kosten! Und dann können diese durchtrainierten Sportler sich freuen, wenn sie die zwei Dicken sich quälen sehen.“ Klara hielt sich beide Hände vor den Mund, so sehr musste sie jetzt lachen.
„Wenn Ihnen der Gedanke so viel Freude macht, dann will ich Sie nicht weiter dabei stören“, tat der Pfarrer beleidigt und stand auf. “Moppel ... da wissen der arme Kollege und ich mal wieder Bescheid”, murmelte er im Gehen grinsend in sich hinein. (www.christoph-kloft.de)
Mehr dazu:
Coronavirus
Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Westerburg auf Facebook werden!