Raiffeisenbank Neustadt: Erstmals tagte Vertreterversammlung online
Das hat es in der 158-jährigen Geschichte der Raiffeisenbank Neustadt auch noch nicht gegeben: Erstmals fand die Vertreterversammlung rein digital statt. Die Bank legt positive Zahlen fürs Geschäftsjahr 2019 vor.
Neustadt. Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Werner Breithausen sprach denn auch von einem historischen Moment, als er die 226 im Frühjahr frisch gewählten Mitgliedervertreter begrüßte. Dabei blickte er nicht wie gewohnt in die Gesichter der Kunden in der Wiedparkhalle, sondern in eine Videokamera in einem eigens eingerichteten Studio im Bankgebäude. An mehreren Tagen hatten die Mitglieder die Möglichkeit, sich die Vorträge zu den einzelnen Tagesordnungspunkten anzusehen, bevor sie in einem bestimmten Zeitfenster ihre Stimme zu den notwendigen Beschlussvorschlägen abgeben konnten.
Die Digitalpremiere hat reibungslos funktioniert: Einzelne Vertreter lobten zwischendurch per Chatkommentar die professionelle Aufbereitung – und am Ende gab es fast ausnahmslos einstimmige Beschlüsse. Der für die rund 11.130 Mitglieder der Raiffeisenbank vielleicht wichtigste betraf die Gewinnverwendung: Vom Bilanzgewinn in Höhe von 948.000 Euro fließen 230.000 Euro an die Mitglieder – in Form einer Dividende in Höhe von drei Prozent. Der Rest fließt in Rücklagen und stärkt damit die Finanzkraft des Hauses. Da die Mitglieder zusätzlich vom VR-Mitglieder-Bonus für die Intensität ihrer Geschäftsbeziehung profitieren, fließen ihnen insgesamt in diesen Tagen 415.000 Euro zu.
Es ist der Corona-Krise geschuldet, dass sich die Mitgliedervertreter erst im Dezember mit der Bilanz des Jahres 2019 beschäftigen konnten. Bis zuletzt hatten Vorstand und Aufsichtsrat gehofft, doch noch die gewohnte Präsenzveranstaltung in der Wiedparkhalle durchführen zu können. Doch angesichts des Infektionsgeschehens platzte dieser Traum. Der Bankvorstand machte aus der Not eine Tugend und präsentierte per Videostream nicht nur Zahlen und Fakten, sondern gab auch Einschätzungen zur aktuellen Lage am Finanzmarkt und sparte nicht mit Lob für die eigene Mannschaft.
Dieses betraf vor allem das große Engagement, das das Team der Raiffeisenbank rund um die Einführung einer neuen Bankensoftware an den Tag gelegt hatte. Dank guter Vorbereitung und der Bereitschaft, unterm Strich 4.000 Überstunden zu machen, klappte der technische Umstieg wie am Schnürchen. Vorstand Martin Leis dankte für eine „eindrucksvolle Teamleistung“ und betonte: „Dies war erst der Anfang vieler Veränderungen.“ Die Softwareumstellung ist nach Leis‘ Worten die Voraussetzungen für eine Vernetzung aller Kanäle, die sich künftig auf einer neuen Vertriebsplattform darstellen wird.
Bankvorstand Konrad Breul nutzte die Gelegenheit, die aktuelle Lage zu beleuchten: „Es ist noch ungewiss, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung darstellen wird. Wir sind jedoch zuversichtlich.“ Grund für seinen Optimismus: Die heimische Wirtschaft ist nach Beobachtung der Raiffeisenbank Neustadt bisher recht gut durch die pandemiebedingte Krise gekommen. „Die staatlichen Hilfsprogramme haben große Wirkung entfaltet“, betonte Breul. Außerdem: Nach der Wirtschaftskrise vor zehn Jahren hätten viele Unternehmen ihre Eigenkapitalausstattung deutlich verbessert.
Was die Lage auf dem Finanzmarkt angeht, so berichtete Martin Leis, dass die Zinsen weiterhin schrumpfen. „Durch die expansive Geldpolitik wird uns die Grundlage für ein normales Bankgeschäft entzogen“, erläuterte er. Die Raiffeisenbank stellt sich auf eine länger anhaltende Niedrig- oder Nullzinsphase ein, will aber alles versuchen, damit für Privatkunden weiterhin keine Minuszinsen erhoben werden müssen. Bei einzelnen Firmenkunden hingegen musste die Genossenschaftsbank inzwischen die ersten Verwahrentgelte für hohe Guthaben berechnen.
Weil das klassische Bankgeschäft immer schwieriger wird, stärkt die Raiffeisenbank neue Geschäftsfelder. So baut sie das Immobiliengeschäft weiter aus und ist mittlerweile verstärkt auch als Vermieterin aktiv. Nach dem Bau eines Mietobjekts in Bonn-Holzlar entsteht derzeit der Wohnpark Asbach, in dem die Bank in etwa einem Jahr die ersten 16 Wohneinheiten vermieten möchte. Vorerst zerschlagen haben sich Baupläne in Windhagen. Konrad Breul kündigte weitere Gespräche an: „Wir bleiben dran!“
Weiterhin setzt die heimische Genossenschaftsbank auf Kundennähe: Das Filialnetz ist mit sieben Geschäftsstellen unverändert. Und auch in der Corona-Zeit gilt: „Wir sind und waren zu jeder Zeit für unsere Kunden da“, wie Konrad Breul unterstrich. Die örtliche Verwurzelung soll noch gestärkt werden: in Form von vier Regionalbeiräten. Der erste für den Bereich Straßenhaus/Anhausen steht bereits in den Startlöchern und will im Frühjahr -wenn die Pandemie es zulässt- seine Arbeit aufnehmen.
Zum Geschäftsjahr 2019 gab es durchweg Positives zu berichten: Die Summe der Kundeneinladen wuchs um 5,3 Prozent auf 340 Millionen Euro, das Kreditgeschäft legte mit einem Plus von 8,1 Prozent deutlich zu und erreichte 266 Millionen Euro. Bei der Betrachtung des sogenannten Kunden-Gesamtvolumens knackte die Raiffeisenbank erstmals die Milliardengrenze: 1,016 Milliarden Euro betrug dieser Wert. Dies alles trug zu einer gestiegenen Bilanzsumme bei, die bei 408 Millionen Euro lag und damit um 4,9 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Zu guter Letzt standen auch noch Wahlen zum Aufsichtsrat an: Turnusgemäß endete die Amtszeit von Anna Schramke-Wagner und Hans-Werner Breithausen. Beide kandidierten erneut und wurden in ihren Ämtern bestätigt.
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