Landeswahlleiter entschied gegen ausschließliche Briefwahl im Kreis
Von Wolfgang Tischler
Der Landrat und die Bürgermeister hatten Briefwahl für Landtagswahl am 14. März gefordert. Dies wurde nun negativ beschieden und juristisch begründet. Unser Chefredakteur hat dazu eine klare Meinung.
Neuwied. Der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung des Landeswahlleiters, in den beiden Neuwieder Wahlkreisen 3 und 4 keine ausschließliche Briefwahl für die Wahl zum rheinland-pfälzischen Landtag am 14. März durchführen zu lassen. „Gemeinsam mit den Bürgermeistern aller Verbandsgemeinden und dem Oberbürgermeister der Stadt Neuwied hatten wir gefordert, mit Blick auf die gegenwärtige Pandemielage auf eine Urnenwahl zu verzichten und stattdessen nur Briefwahlen durchzuführen.
Es liegen laut Landeswahlleiter keine hinreichenden Gründe für eine ausschließliche Briefwahl zugrunde. Er argumentiert in seinem Ablehnungsbescheid aufgrund von Rechtsgrundlagen und Prognosen unter anderem damit, dass das öffentliche Leben am Wahltag weder zum Erliegen gekommen sein wird noch erhebliche gesundheitliche Gefahren durch Stimmabgabe in Wahlräumen entstünden.
Landrat und Bürgermeister betrachten die Durchführung der Landtagswahl als Urnenwahl unter Berücksichtigung der aktuellen Pandemielage, trotz Hygienemaßnahmen in den Wahllokalen, als äußerst problematisch. Auch mit vielen Vorsichtsmaßnahmen ließe sich das Restrisiko einer Infizierung, möglicherweise auch beeinflusst durch ansteckendere Virusmutationen, nicht ausschließen. Ein weiteres Problem sehen sie in der Wahlbeteiligung. „Wer geht in diesen Tagen in ein Wahllokal, in dem schon mehrere Menschen aus mindestens vier Haushalten sitzen?“, sagt Hallerbach.
Vor allem wo es selbst den Familien gar nicht bis kaum noch möglich sei, sich privat zu treffen, Friseure, Fitnessstudios, Einzelhandel weiterhin geschlossen bleiben könne man der Argumentration des Landeswahlleiters nicht folgen. „Wie wollen wir es dann plötzlich möglich machen, dass sich auf einmal Menschen in größeren Gruppen treffen? Im Wahllokal, vor dem Wahllokal? Formaljuristisch mag das sogar richtig sein. Aber eine solche Pandemie wie wir sie aktuell zu bekämpfen haben, hatten wir noch nie - und gab es auch zum Zeitpunkt der Gesetzgebung nicht. Deshalb halte ich das Heranziehen von Gesetztestexten nach der reinen Lehre derzeit für völlig unangemessen und muss diese Argumentation zurückweisen. Unsere Fakten wurden leider nicht erhört. Eine einheitliche Lösung wäre zielführender gewesen und hätte allen Beteiligten mehr Planungssicherheit verschafft.
Nun gilt es, den Blick nach vorn zu richten und die Wahlen so vorzubereiten, dass ein höchstmögliches Maß an Hygienemaßnahmen - die im Übrigen viel Geld verschlingen werden - umgesetzt werden kann, um für alle die notwendigen gesundheitlichen Sicherungsmaßnahmen anzuwenden. Hierzu laufen ja bereits parallel seit Monaten entsprechende Vorbereitungen in Absprache mit den Akteuren vor Ort. Und ich bin sicher, dass dort mit größter Sorgfalt vorgegangen wird. Immerhin darf aber auch jede Wählerin und jeder Wähler nun selbst entscheiden, wo oder wie die Stimmabgabe erfolgen soll“, erklärte Hallerbach abschließend.
Eine völlig lebensfremde Entscheidung - Ein Kommentar von Wolfgang Tischler:
Die Entscheidung mag formaljuristisch korrekt sein. Sie ist aber lebensfremd. Hier verspielt die Landespolitik ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit ihrer Corona-Maßnahmen. Wieso darf ich ins Wahllokal, aber mein Frisör, mein Einzelhändler, mein Fitnessstudio darf mich nicht reinlassen? Vier Personen aus verschiedenen Haushalten sind für die korrekte Durchführung der Präsenswahl erforderlich und mindestens eine Person (der Wähler) kommt hinzu. Das verträgt sich nicht mit der gültigen Corona-Verordnung.
Die Begründung, dass von der Stimmabgabe keine erheblichen gesundheitlichen Gefahren ausgehen, ist fragwürdig. Rund ein Viertel der Rheinland-Pfälzischen Bevölkerung ist über 65 Jahre alt und damit Risikogruppe. Hinzu kommen noch diejenigen jüngeren mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auch der Risikogruppe zugeordnet werden. Es drängt sich die Frage auf: Wem nutzt diese Entscheidung politisch?
Wundert es dann, wenn sich die Bürger über geltende Regeln hinwegsetzen, wenn die Politik für sich selbst Ausnahmen schafft? Meiner Meinung nach: “Nein!“. Mein Rat: „Beantragen Sie Briefwahl und zeigen Sie der Politik damit, welche Entscheidung richtig gewesen wäre.“
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