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Nachricht vom 28.04.2021
Politik
Martin Hahn zu Hintergründen der Grundsteuererhöhung in Neuwied
In der am 10. Dezember 2020 durchgeführten Stadtratssitzung wurde mit einer knappen Mehrheit von einer Stimme, der von der Papaya-Koalition beantragten Erhöhung der Grundsteuer B und somit dem gesamten Haushaltsplan für das Jahr 2020/2021 zugestimmt.
Martin Hahn steht dem NR-Kurier Rede und Antwort in Sachen Grundsteuer B. Foto: privatNeuwied. Seit dem Beschluss gibt es heftige Diskussionen in Neuwied und die Forderung der Rücknahme der Beschlüsse. Wir haben mit dem Fraktionsvorsitzenden der CDU Martin Hahn gesprochen.

Herr Hahn, können Sie sich vorstellen, die Entscheidung der Koalition zu revidieren?
Martin Hahn:
Wir haben selbstverständlich absolutes Verständnis dafür, dass niemand eine Erhöhung der Abgaben- und Steuerlast gut findet und eine solche Entscheidung natürlich zu Diskussionen führt. Mit dieser Entscheidung sind sicherlich keine Pluspunkte zu sammeln; es geht uns aber um die Verantwortung für die Zukunft des Gemeinwesens und vor allem um sichtbare Verbesserungen in zahlreichen Bereichen unserer Stadt.

Warum treffen Sie dann eine solche unpopuläre Entscheidung?
Martin Hahn:
Fakt ist: Bereits in den letzten Jahren haben wir trotz aller - über alle Fraktionen hinweg - Sparbemühungen, auch die wurden immer wieder kritisiert, nur unter gravierenden Auflagen eine Haushaltsgenehmigung erhalten. Immer mehr Aufgaben durch Landes- und Bundesgesetze und eine seitens des Landes nachweislich verfassungswidrige Finanzausstattung haben unsere Handlungsfähigkeit gegen Null gebracht. Im Jahr 2020 haben wir aufgrund der Corona-Pandemie, trotz massiven Drucks der Aufsichtsbehörde und des Landesrechnungshofes, auf eine Erhöhung der Grundsteuer verzichtet. Bis September 2020 hatten wir dadurch keinen genehmigten Haushalt und waren nahezu handlungsunfähig.

Nun konnten Sie dem Druck nicht mehr standhalten?
Martin Hahn:
Ohne die beschlossene Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B hätten wir für 2021 keine Genehmigung für einen Haushalt mit einem Defizit von 13 Millionen Euro erhalten.

Genau diese Negativ-Spirale einer immer höheren Verschuldung und einer nicht vorhandenen Handlungsfähigkeit für elementar wichtige Zukunftsprojekte durchbrechen wir. Und ja, wir erwarten sowohl vom Land eine bessere Ausstattung von mindestens fünf Millionen pro Jahr und wir belasten genau aus diesem Grund als ultima Ratio und durch die ADD gezwungen, unsere Bürger über die Erhöhung der Grundsteuer B. Das tut weh, ist aber unumgänglich.

Der Bürger sieht nur Nachteile. Wo sollen die Vorteile liegen?
Martin Hahn:
Wir schaffen damit aber die Grundlage, und hierzu hat die ADD bereits ihre Zustimmung erteilt, für zwei für uns zentrale Anliegen. Zum einen den KITA-Ausbau, uns fehlen mindestens 500 Plätze über die gesamte Stadt verteilt. Das Investitionsvolumen beträgt etwa 15 bis 20 Millionen Euro. Zum anderen den Erwerb und die Erschließung von Gewerbeflächen. Hier betragen die Investitionskosten etwa zehn Millionen. Damit schaffen wir die Ansiedlung von Unternehmen und die Gewinnung von Arbeitsplätzen. Hiermit schaffen wir uns Handlungsfähigkeit auch in anderen Bereichen des Investitionshaushaltes.

Wo wollen Sie noch investieren?
Martin Hahn:
Über die genannten Punkte hinaus werden wir im kommenden Jahr mehrere Schulsanierungen (unter anderem Wülfersberg-Grundschule Gladbach), in Radwege, in die Infrastruktur der Sportanlagen und weitere Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung in der Innenstadt angehen können. Ebenfalls werden wir in Oberbieber und Heimbach-Weis Grundlagen zu einer nachhaltigen Entwicklung zentraler Projekte legen und diese dann auch finanzieren.

Über zwei Förderprogramme des Bundes (90 Prozent der zuschussfähigen Kosten) werden wir versuchen die Deichkrone (Sanierung, Herrichtung und Nutzbarmachung) und die Sporthalle Engers (Neubau), die beide bekanntermaßen in katastrophalem Zustand sind, schnellstmöglich in Angriff zu nehmen.

Hört sich ja gut an. Was ist das längerfristige Ziel?
Martin Hahn:
Insgesamt ein schlüssiges und zukunftweisendes Paket an Maßnahmen, Projekten und eine Strategie, die uns mittelfristig zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen lässt, die uns hierdurch Handlungsfähigkeit zurückgibt, die wir seit 20 Jahren mit Kämmerern und Wirtschaftsförderung der SPD nie hatten und die es uns ermöglicht, unsere Ziele und politischen Schwerpunkte sichtbar anzugehen und umzusetzen.

Glauben Sie, dass der Bürger dies versteht?
Martin Hahn:
Seit Herbst 2019 arbeiten wir in unserer Koalition gemeinsam mit dem Stadtvorstand hart an Verbesserungen in und für unsere Stadt. Wir können, wollen und werden nicht weiter zusehen, wie wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel durch eine weiter steigende Schuldenlast und eine gleichzeitig sich immer schneller drehende Abwärtsspirale aufs Spiel setzen. Ich appelliere an unsere Bürger, diesen für eine positive Entwicklung unserer Stadt, ihrer Infrastruktur und der Lebensqualität in City und Stadtteilen elementaren Beitrag zu leisten. Ein Beitrag übrigens, der für den Einzelnen leistbar und verantwortbar ist und der mit konkreten Gegenleistungen für die Entwicklung unserer Stadt verbunden ist.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.
woti
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