NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 07.02.2022
Wirtschaft
IHK-Umfrage: Fachkräftemangel und Lieferengpässe bringen Erholung ins Stocken
Laut einer großen IHK-Umfrage zur Wirtschaftslage in Rheinland-Pfalz bringen Fachkräftemangel, Lieferengpässe und natürlich Corona die wirtschaftliche Erholung ins Stocken. Fehlende Rohstoffe erzeugen einen Dominoeffekt. Preisanstiege und Lieferengpässe erreichen auch den Handel. Steigende Energiekosten kommen hinzu.
Logo der IHKRegion. Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz startet verhalten ins dritte Corona-Jahr: Im Winter 2021/22 verliert die Konjunktur den Schwung, den sie im Herbst entwickelt hat. Die jüngsten Einschränkungen aufgrund der vierten Corona-Welle, Lieferengpässen und Preisanstiegen hemmen die Wirtschaftsaktivität. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen der rheinland-pfälzischen Unternehmen in einem Wert zusammenfasst, fällt von 115 Punkte auf derzeit 113 Punkte und damit wieder zurück auf das schwache Niveau vom Jahresstart 2020, vor Beginn der Krise.

Die Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage zwar als stabil, erwarten für die Zukunft aber wieder einen schlechteren Geschäftsverlauf. Das belegt die Konjunkturumfrage der vier rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) zum Jahresauftakt, die auf einem repräsentativen Querschnitt der Wirtschaft von 1.089 Betrieben mit mehr als 218.000 Beschäftigten basiert.

„Corona-Maßnahmen, wie die 2G- und 2G+-Regelung, etwa im stationären Einzelhandel, in Kultur- und Freizeiteinrichtungen und bei personenbezogenen Dienstleistungen, sowie Lieferengpässe und Preisanstiege belasten die rheinland-pfälzischen Unternehmen. Der Rückgang der Geschäftserwartungen zeigt, dass das Vertrauen in einen stabilen Aufschwung in den kommenden Monaten schwindet“, kommentiert Susanne Szczesny-Oßing, Präsidentin der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.

Lieferschwierigkeiten und Preisanstiege belasten Wirtschaft
Laut IHK-Umfrage kämpfen 87 Prozent der Unternehmen mit Lieferschwierigkeiten. Die Folge: lange Wartezeiten, Ertragseinbußen, steigende Kosten und ein höherer Planungsaufwand. Mit einer Verbesserung der Versorgung mit relevanten Rohstoffen, Vorprodukten und Waren rechnen 31 Prozent der rheinland-pfälzischen Betriebe erst im zweiten Halbjahr 2022, 19 Prozent sogar erst im Jahr 2023. Deutlich weniger Unternehmen erhoffen sich in den kommenden sechs Monaten eine Verbesserung (11 Prozent).

„Bei den Lieferengpässen ist mittlerweile ein Dominoeffekt sichtbar. Berichten zunächst die Industrie und Bauwirtschaft von einem Mangel an Rohstoffen und Vorprodukten, klagen aktuell zunehmend mehr Handels- und auch Dienstleistungsunternehmen über Lieferprobleme“, bemerkt Arne Rössel, Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. Damit einhergehen zudem Preisanstiege, von denen 90 Prozent der Unternehmen berichten. 57 Prozent sprechen sogar von Preissteigerungen in erheblichem Umfang. Insbesondere die Industrie ist davon betroffen (74 Prozent).

Konjunkturrisiken: Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel und Corona
Als größte Herausforderung für ihre weitere Entwicklung sehen die Betriebe die Energie- und Rohstoffpreise (67 Prozent). Vor allem die Industrie belasten die enormen Preissteigerungen. An zweite Stelle setzt sich der Fachkräftemangel, den 61 Prozent der Unternehmen als Risikofaktor benennen. „Zu Beginn der Corona-Krise kam es schlagartig zu einem Nachfrageeinbruch am Arbeitsmarkt. Mit dem schrittweisen Hochfahren der Wirtschaft hat sich die Nachfrage nach Arbeitskräften jedoch wieder erhöht, sodass sich der Fachkräftemangel wieder zuspitzt. Der demografische Wandel und der Strukturwandel der Wirtschaft verschärfen diese Situation nochmals“, erläutert Arne Rössel. Durch das Hochschnellen der Infektionszahlen im Zuge der vierten Corona-Welle haben auch die Sorgen um die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie wieder sichtbar an Bedeutung gewonnen (Jahresbeginn 2022: 60 Prozent, Herbst 2021: 48 Prozent).

Konjunkturelle Lage nach Branchen
Mit Blick auf die Branchen zeigt sich, dass die Spanne zwischen der stärksten und der schwächsten Branchenentwicklung wieder deutlich zunimmt. Dabei befindet sich die Industrie weiterhin auf dem Wachstumspfad. Der IHK-Konjunkturklimaindex steigt hier um zwei Punkte auf 120 Punkte.

„Die Industrieunternehmen berichten von stabilen Auftragsbeständen, einer zunehmenden Kapazitätsauslastung und wachsenden Exporterwartungen, welche sich sehr positiv auf die Beschäftigungsabsichten in der Branche auswirken. Sichtbar verschlechtert haben sich hingegen die inländischen und auch ausländischen Auftragseingänge. Erklären lässt sich diese Entwicklung mit aktuellen Preissteigerungen. Darüber hinaus sorgen sich gerade die exportorientierten Unternehmen um den hochkochenden Ukraine-Russland-Konflikt oder ein mögliches Russlandembargo“, ergänzt Szczesny-Oßing.

Bemerkenswert ist der Stimmungszuwachs in der Bauwirtschaft. Hier schießt die Bewertung der aktuellen Geschäftstätigkeit maßgeblich in die Höhe, der Konjunkturklimaindex ist von einem Wert von 105 im Frühsommer auf 119 gestiegen.

In der Corona-Krise benachteiligt sind hingegen die Handels- und Dienstleistungsbereiche. Ihre Verfassung hängt entscheidend von den geltenden Infektionsschutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ab. So hat sich das Konjunkturklima dieser Branchen wieder abgekühlt, was vornehmlich in den teils deutlich gesunkenen Geschäftserwartungen sichtbar wird.

Nennen lassen sich hier vor allem der Großhandel, personenbezogene Dienstleister, Unternehmen aus dem Bereich Verkehr und Lager sowie IT-Dienstleister. Im Handel haben sich die Wachstumsaussichten aufgrund der rückläufigen Investitions- und Beschäftigungsabsichten sogar verschlechtert.

Die Umfrage lief zwischen dem 20. Dezember 2021 und dem 25. Januar dieses Jahres. (PM)
Nachricht vom 07.02.2022 www.nr-kurier.de