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Nachricht vom 26.02.2022 |
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Region |
Leserbrief zur Demonstration in Neuwied gegen den Krieg in der Ukraine |
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In vielen deutschen Städten gab es am Samstag, dem 26. Februar Demonstrationen gegen den russischen Angriff auf die Ukraine, so auch in Neuwied, von der wir berichteten. Hierzu erreicht uns der nachfolgende Leserbrief. |
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Neuwied. Der Leserbrief hat folgenden Wortlaut: „Dass auf der Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine mehrere Redner eine Mitschuld der Nato nahelegten, war aus zwei Gründen deplatziert. Erstens bleibt auch durch eine derartige „Entlastung“ der Täter ohne Wenn und Aber der allein verantwortliche Täter, Aggressor. Und zweitens kam der Anstoß für die tatsächlich erfolgte Nato-Osterweiterung nicht aus dem Westen. Im konkreten 2+4-Vertrag über den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik ging es nur um den künftigen Status des DDR-Gebietes.
Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen konnten laut Vertrag der Nato zugewiesene deutsche, jedoch keine ausländischen Kräfte und auch keine Nuklearwaffen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stationiert werden. Aus heutiger Sicht glauben viele, es sei doch klar, dass der Warschauer Pakt nach dem Beitritt der DDR nicht zu halten gewesen sei. Dass sich der Pakt neun Monate nach dem Beitritt der DDR auflösen würde, nahm damals jedoch noch nicht einmal Michail Gorbatschow an. Schließlich hatte auch der polnische Regierungschef 1990 Angst vor der deutschen Wiedervereinigung, so dass er auf jeden Fall die sowjetischen Truppen in Polen behalten wollte.
Dass ganz Deutschland NATO-Mitglied wurde, entsprang tatsächlich dem Wunsch Michail Gorbatschows und seines Außenministers Eduard Schewardnadse, dass das größere Deutschland durch die Nato eingehegt wird. Man versicherte dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, dass man ihm persönlich vertraue, aber schließlich nicht wissen könne, welche Leute in der Zukunft in Deutschland an der Spitze seien.
Als mitteleuropäische Länder dann in die Nato wollten, vereinbarte die Nato 1997 mit Russland die Grundakte, um das Sicherheitsverhältnis zu regeln, und die Stationierung von Atomwaffen in Nato-Beitrittsstaaten wurde ausgeschlossen. Der Sündenfall der Nato war danach aber tatsächlich, dass sie bei ihrem Bukarester Gipfel 2008 der Ukraine signalisierte, die Tür sei offen. Die deutsche Regierung konnte zwar den sofortigen Nato-Beitritt der Ukraine verhindern, musste aber den fatalen „Kompromiss“ hinnehmen.
Wahrscheinlich war keinem der Redner bewusst, dass 77 Jahre nach Auschwitz ein russischer Aggressor als oberstes Kriegsziel formuliert, einen Juden zu töten, den demokratisch gewählten Präsidenten der Ukraine. Ich denke, in Zukunft sollte beim Gedenken am 27. Januar nicht mehr allgemein von der Roten Armee gesprochen werden, sondern nicht nur Amnesty International sollte offen und präzise davon sprechen, dass die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front am 27. Januar 1945 das KZ Auschwitz befreite.“
Siegfried Kowallek, Neuwied
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Nachricht vom 26.02.2022 |
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