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Nachricht vom 13.07.2011
Region
Urlaubszeit für Menschen, Leidenszeit für Tiere
Tierheim Neuwied beobachtet wieder Zunahme ausgesetzter Katzen und Hunde

Tierschützer fordern Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen.
Wenn die Menschen sich auf Sonne, Urlaub und Entspannung freuen, beginnt für viele Vierbeiner ein Alptraum: Vor allem Katzen werden im Frühjahr und Sommer ausgesetzt, weil sie entweder trächtig sind oder einfach nur die Ferienpläne stören.
Tierschützer sind überzeugt: Würden Katzenbesitzer dazu verpflichtet, ihre Tiere kastrieren und kennzeichnen zu lassen, könnte viel Elend verhindert werden und alle Schmusetiger hätten es so gut wie dieses Exemplar.Die Tierschutzvereine im Landkreis Neuwied – Arche Noah, Katzenhilfe und Tierschutzverein Neuwied und Umgebung - sind sich deshalb einig: Auch bei uns muss die Kastration von Katzen zur Pflicht gemacht werden. Außerdem setzen sie sich dafür ein, dass Hunde und Katzen routinemäßig mit einem Chip versehen werden, der es möglich macht, ihre Eigentümer ausfindig zu machen, wenn sie „verloren“ gehen.

Morgens um sieben vor dem Neuwieder Tierheim. Vor dem verschlossenen Tor steht ein grau-blauer Katzentransportkorb, aus dem kein Ton zu hören ist. Als der erste Mitarbeiter, der an diesem Morgen eintrifft, genauer hinschaut, findet er im Innern zwei völlig verängstigte Katzen.

Irgendwann in der Nacht hat sich jemand auf preiswerte Weise der beiden Tiere entledigt. Als die Tierschützer die Vierbeiner befreien, sehen sie auch warum: Während die silbergraue Katzendame außer einem Schock in körperlich guter Verfassung scheint, ist die zweite Katze offenbar schwer verletzt. „Sie hatte ein großes eitriges Loch im Bauch und litt offenkundig starke Schmerzen“, erinnert sich Tierheimleiterin Iris Wolsing mit Schaudern an den Anblick.

Der Tierarzt diagnostizierte mehrere große Tumore, die bereits aufgeplatzt waren. Helfen konnte er der Katze nur noch, indem er sie von ihren Leiden erlöste. „Für uns sieht es so aus, dass hier jemand die Kosten für die Behandlung des Tieres und am Ende sogar das Geld fürs Einschläfern sparen wollte. Statt die Katze auf ihrem schwersten Gang zu begleiten, hat er das leidende Tier mitten in der Nacht einfach ausgesetzt. Und seiner zweiten Katze hat er sich bei dieser Gelegenheit gleich mit entledigt.“

Sollten die Eigentümer der Katzen ausfindig gemacht werden, droht ihnen eine empfindliche Strafe, denn sie haben gleich mehrfach gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Doch einfach wird das nicht. „Zwar gibt es die Chance, dass Nachbarn oder Bekannte das zweite Tier erkennen und sich bei uns melden. Aber allzu groß ist unsere Hoffnung nicht.“ Denn egal ob im Tierheim oder auf den Pflegestellen der anderen Tierschutzvereine: Während Hunde relativ häufig wieder von Eigentümern abgeholt werden, werden Fundkatzen nur äußerst selten vermisst. Kein Wunder, meinen die Tierschützer. Denn viele der Tiere sind trächtig oder haben bereits Babys, wenn sie aufgefunden werden. Tierheime und Pflegestellen laufen deshalb in jedem Jahr zwischen Frühjahr und Herbst regelrecht über.

Gerade die massenhafte Vermehrung der Katzen ist das, was ihr Elend begründet, erklären die Vertreter der Tierschutzvereine. „Wenig verantwortungsvollen Tierhaltern fällt es leicht, sich von ihrer Katze zu trennen, wenn sie lästig wird oder ein teurer Tierarztbesuch ansteht. Denn wenn sie wollen, bekommen sie an der nächsten Ecke ein neues Tier geschenkt.“

Abhilfe könne nur die rechtliche Verpflichtung zu Kastration und Kennzeichnung bringen. Das Argument, dass es dafür einer Bundes- oder zumindest einer Landesinitiative bedürfe, lassen die Vereine nicht gelten. Schließlich haben Städte wie Paderborn, Leverkusen oder Siegen entsprechende Verordnungen längst durchgesetzt.

Dass die Verantwortlichen im Kreis Neuwied sich so schwer tun, diesem Beispiel zu folgen, können die Tierschützer nicht verstehen. Schließlich koste die Versorgung der Fundtiere nicht nur die Tierschutzvereine viel Geld, sondern auch die Kommunen. Denn die Betreuung und Aufbewahrung aufgefundener Hunde und Katzen ist keine Pflichtaufgabe der privaten Tierschützer, sondern ein gesetzlicher Auftrag der Gemeinden, in denen die Tiere auftauchen.
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