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Nachricht vom 12.02.2023
Kultur
One-Woman-Show in Waldbreitbach: Es lebe das Leben! Viva Da Vina!
Im Lauf der Jahre haben die Kultur-Manager des Waldbreitbacher Hotels zur Post ein glückliches Händchen für das Entdecken neu erstrahlender Sterne am Unterhaltungshimmel bewiesen. Am Sonntagabend (12. Februar) brachten sie ein neues Genre und eine junge, erfrische Wort-Künstlerin auf die Bühne des Rittersaals: Mit einer Mischung aus Comedy, Moderation und Poetry Slam spielte Sandra Da Vina sich selbst in ihrem Solo-Programm "Viva Da Vina!"
Fotos: Wolfgang TischlerWaldbreitbach. Der Titel ist Programm, denn es geht um das Leben der Wort-Spielerin in chronologischer Abfolge von der Geburt bis zur Gegenwart. Mit dem Leben kennt die Da Vina sich seit über dreißig Jahren aus und freut sich jeden Morgen darüber, ohne Tentakel aufzuwachen und ein Mensch geworden zu sein. Babys kommen schreiend auf die Welt angesichts des Zustands des Planeten, der absolut empörende Willkommensgruß ist eine Steuernummer.

Da Vinas Kindheitserinnerungen sind positiv. Das Mädchen liebte Wassereis und Fernsehsendungen. "Man wird älter, klüger, größer, rennt dem Bus und der großen Liebe hinterher. Schürfwunden und blaue Flecken sind die Tattoos der Kindheit."

Sinnsprüche entlarvt die Künstlerin, zum Beispiel der von Tom Hanks in der Rolle des Forrest Gump geäußerte Spruch "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man kriegt", stimmt nicht, denn es steht drauf, was drin ist. Besser wäre etwas Bodenständiges wie die "Gemischte Tüte" vom Kiosk. Das Leben ist voller Überraschungen, man hat es nie im Griff.

Voller Überraschungen ist auch die Sprache der Poetry Slammerin. Das jahrelange Germanistik-Studium wirkt sich in rhythmischer, moderner Dichtung aus, die mal lyrisch und liebevoll, mal hart und zuschlagend daherkommt, thematisch angepasst. Slam Poetry ist "heftige Dichtung", oft pointierter als Büttenreden, auf jeden Fall schneller und immer authentisch.

Sandra Da Vina packt verbal heiße Eisen ihrer Persönlichkeitsentwicklung an, gesteht, dass sie nicht gern telefoniert, weil sie ihr Gegenüber nicht sieht. Ihre Angst ist begründet, denn jeder Sechste sitzt beim Telefonieren auf der Toilette! Schlimmster Endgegner sind offizielle Telefonate, zum Beispiel wegen eines Termins beim Arzt.

Fragen halten die junge Frau nachts wach, etwa die, ob sie den Herd angelassen hat. Outdoorerfahrungen sind nicht für ihren Körper gemacht, ihre Naturkenntnisse beschränken sich auf nur zwei Pflanzen: Tannen, wenn sie geschmückt sind und Brennnesseln, wenn sie sie anfasst. Die von Selbstzweifeln Geplagte wendet Humor als Überlebensstrategie an, denn Humor macht resilienter, jedes Scheitern kann zu einer netten kleinen Anekdote geformt werden.

In einer poetischen Zeitreise in das Jahr 2004 schreibt die Autorin einen Brief aus der Zukunft an ihr 15-jähriges Ich, der Lebensweisheiten enthält wie "Wer mit 15 nicht geseufzt hat, hat im Leben nicht geliebt."

"Ich bin erwachsen geworden, denn ich mag jetzt Oliven und Wein." Der Geschmack und die Persönlichkeiten ändern sich im Lauf des Lebens, dadurch entsteht Vielfalt. Kaffee lehnt die Essenerin ab und wenn ihr Papa mehr als eine Tasse Kaffee trinkt, wird er merkwürdig aktiv. Diese Hyperaktivität schilderte Da Vina in einem rasanten Comedy-Text. Auch ihre vielfältigen Schwächen haute sie ihrem Gegenüber beim Vorstellungsgespräch hammerhart in rhythmischen, wortstarken Aussagen, beginnend "Ich bin die, die…" in die Ohren.

Sandra Da Vina kam in neuen Silberglitzerschuhen aus der Garderobe, weil genau in der Pause die sieben Jahre um waren, in denen man sich verändert. Tanzen könne sie nicht so gut, obwohl sie in ihren Zwanzigern viel getanzt habe: lyrisches Tanzen!

Ihre Erfahrungen mit den immer ausgeflippter und komplexer werdenden Brettspielen hat sie in dem humoristisch-tragischen Text "Spieleabend" verdichtet. Das einfache Spiel "Wahrheit oder Pflicht" brachte die Poetin um ihren Schlaf und ihre Freundinnen ins Gefängnis. Als Gegenleistung für Mareikes Alpaka-Spaziergang-Geschenk hielt Da Vina eine "Freie Scheidungsrede" für Mareike und Thomas. Ehrlich, tiefsinnig und treffend dichtete sie eine Slam-Version vom Ort aller Familienfeiern, bevor das fünfzehnjährige Ich sich meldete und wunderte, was aus ihm geworden ist.

Die Schluss-Lyrik der jungen Mutter lautete: "Viva la Vita! Es lebe das Leben! Viva Da Vina!"

Ganz andere Kunst erwartet die Besucher am Sonntag, 5. März: Christoph Brüske lädt zu seinem aktuellen Programm "Willkommen in der Rettungsgasse", einem satirischen Notdienst mit Kabarett und Gesang ein. (htv)
   
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