Koblenz/Kreis Neuwied. Kurze Replik zum bisherigen Verlauf des Verfahrens
Der Angeklagte aus dem Kreis Neuwied soll im August 2022 den auf einem Gehweg gehenden Geschädigten vorsätzlich mit einem Pkw von hinten angefahren haben. Dadurch erlitt der Geschädigte schwere Verletzungen, unter anderem Rippenbrüche, Schürfwunden und Platzwunden sowie eine Gehirnerschütterung. Nach der Tat soll sich der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit vom Tatort entfernt haben, ohne sich um den Zustand des Geschädigten zu kümmern. Zudem sei der Angeklagte nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis gewesen und habe die Tötung des Geschädigten zumindest billigend in Kauf genommen sowie eine schwere Körperverletzung des Geschädigten beabsichtigt. Auslöser der Tat soll eine vorangegangene verbale und körperliche Auseinandersetzung gewesen sein, in deren Verlauf der Geschädigte dem Angeklagten gegen das Bein beziehungsweise den Fuß getreten haben soll.
Der Angeklagte räumt die Tat ein, begründet sein Verhalten aber damit, dass der Geschädigte ihn beleidigt und bedroht habe. Außerdem habe er gesagt, dass er seine Familie abstechen wolle, weshalb der Angeklagte in Panik geraten sei und zudem die Ehre seiner Familie verletzt gesehen habe. Er habe den Geschädigten, der sich inzwischen auf einem Gehweg entfernt habe, wie ferngesteuert verfolgt. Erst durch den Knall beim Aufprall des Körpers des Geschädigten auf die Windschutzscheibe sei dem Angeklagten klar geworden, dass etwas Schreckliches passiert sei. In Panik sei er weitergefahren, ohne sich um den Geschädigten zu kümmern. Ein vom Angeklagten angebotenes Schmerzensgeld sowie eine Entschuldigung nahm der Geschädigte nicht an.
Nachdem in den letzten Sitzungen der Geschädigte und weitere Zeugen ausgesagt hatten, verlas Richter Stehlin zunächst zwei ärztliche Berichte über die Verletzungen des Geschädigten. Der Nebenkläger teilte mit, dass er mit seinem bisherigen Pflichtverteidiger unzufrieden sei und beantragte, ihm einen anderen Pflichtverteidiger beizuordnen. Anschließend erstattete eine Ärztin des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz ihr medizinisches Gutachten über die Verletzungen des Geschädigten unmittelbar nach dem Unfall.
Muskulöser Typ mit üblem Frauenbild
Die Ärztin bekundete, dass sie den Geschädigten einen Tag nach dem Vorfall, auf dessen Verletzungen hin untersucht habe. Zunächst habe der Angeklagte Probleme mit ihrem Geschlecht gehabt, hatte nicht akzeptiert, dass eine Frau ihn untersuchen würde und sagte zu ihr, wenn sie wolle, könne sie ruhig sein Geschlechtsteil anfassen. Dann beruhigte er sich jedoch und die Untersuchung konnte durchgeführt werden. Nach dem Verletzungsbild sei der Geschädigte eindeutig von hinten angefahren worden. Die Ärztin zählte einige Faktoren auf, warum der Geschädigte nicht tödlich verletzt wurde: „Der Geschädigte verfügt über einen muskulären Oberkörper, auch sein junges Alter spielt eine Rolle, weil er eventuell kurz vor dem Aufprall in einer Abwehrreaktion alle Muskeln angespannt haben könnte. Wenn der Kopf nicht gegen die Windschutzscheibe geprallt wäre, sondern die A-Säule getroffen hätte, dann hätte das tödlich enden können. Obwohl er über die Motorhaube, gegen die Windschutzscheibe und über das Auto geschleudert wurde, waren die äußerlichen Verletzungen relativ geringfügig. Es konnten keine klaffenden Wunden weder am Kopf noch am Körper festgestellt werden, lediglich ober flächige Schürfwunden. Eine akute Lebensgefahr hat nicht bestanden, jedoch ist eine Lebensbedrohung zu bejahen“, so die Sachverständige.
Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen und soll am 14. März (2023) fortgesetzt werden. Zu diesem Termin sollen zwei weitere Zeugen geladen werden und es ist geplant, die Plädoyers zu halten, um zu einem Urteil zu kommen. Der NR-Kurier wird weiter berichten. |