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Nachricht vom 17.08.2011
Region
Die Riesenmammutbäume in Straßenhaus – Ferne Welt in der Gegenwart
Zum internationalen Jahr der Wälder hat Dr. Georg von Wühlisch vom Johann Heinrich von Thünen-Institut/Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei in Großhansdorf einen Beitrag über den Mammutbaum-Wald zwischen Rengsdorf und Straßenhaus geschrieben. Wir veröffentlichen den Artikel im Wortlaut:
Blick in den Mammutbaumwald bei Straßenhaus. Foto: Edda Burchard2011 ist als Jahr der Wälder durch die Vereinten Nationen ausgerufen worden. Da lohnt es sich auf den 40-jährigen Mammutbaumwald in Straßenhaus zu schauen.

Weit sichtbar ragen die exotisch anmutenden Bäume bereits in diesem jungen Alter über die sie umgebenden Buchen hinaus. Da der Mammutbaumwald als wissenschaftlicher Versuch gepflanzt wurde, ist genau bekannt, woher jeder einzelne der rund 60 Mammutbäume in seiner kalifornischen Heimat stammt. Dort stellen Riesenmammutbäume (Sequoiadendron giganteum) ein Relikt vergangener Zeiten dar, wo sie streng geschützt in entlegenen Hainen, Groves genannt wachsen. Es handelt sich um das kalifornischen Sierra Nevada Gebirge mit beeindruckenden Naturparks wie der Yosemite Nationalpark, der zu einem Höhepunkt nordamerikanischer Schönheit zählt.

Die Straßenhausener Mammutbäume stammen von vier Standorten, einer etwas nördlich dieses Yosemite Parks und drei etwas südlicher davon. Die südlichste Herkunft entstammt dem Sequoia National Park, der mit seinem “Trail of 100 Giants“ (Pfad der 100 Giganten), damit sind die gewaltigen Mammutbäume gemeint, nicht weniger beeindruckend ist als der Yosemite Park.

Und wahrlich gigantisch sind die Riesenmammutbäume! Die Hitliste der größten Zehn tragen Namen wie “General Sherman“, “General Grant“, “Lincoln“, sind über 80 Meter hoch (zum Vergleich: der höchste Baum in Deutschland hat 56 Meter), haben Stammdurchmesser von 9 Meter und wiegen 1500 Tonnen. Bei einem geschätzten Alter von 2000 Jahren hat ein Baum jährlich 750 Kilogramm an Masse im Mittel zugelegt.

Die ältesten in Deutschland gepflanzten Mammutbäume sind dagegen nur 140 - 150 Jahre alt. Die größten unter ihnen erreichen 50 m in der Höhe und Durchmesser von 5 Meter. Damit gehören diese „Jünglinge“ schon in die Gruppe der größten Bäume Deutschlands. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann ein Riesenmammutbaum sich größter Baum Deutschlands nennen kann. Da die Wuchsbedingungen in Straßenhaus scheinbar besonders günstig sind, könnte sogar einer der Straßenhauser Exemplare es einmal schaffen, allerdings werden wir das kaum erleben.

Wie kamen die Mammutbäume nach Straßenhaus? In den 1960 Jahren waren die ältesten Riesenmammutbäume in Deutschland gerade 100 Jahre alt und überzeugten durch die hohe Wuchskraft. Die Frage kam auf, ob die Herkunft des Samens, z.B. die Höhenlage aus der er stammt eine Rolle für die Wuchsleistung und andere wichtige Merkmale eine Rolle spielt. Dazu wurde vom Institut für Forstgenetik in Großhansdorf ein Herkunftsversuch im Mai 1971 an verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz nach den Regeln des Versuchswesens gepflanzt.

Das Saatgut dafür hat Dr. Ostrom, ehemaliger Leiter des Timber Management and Research Bureau, USDA bereitgestellt. Ein wesentliches Ergebnis des Versuchs ist, dass die Mammutbäume in Straßenhaus im Vergleich zu den Parallelflächen am besten gewachsen sind. Erklärung dafür könnte das mildere Klima des Standorts sein, denn die Heimat der Riesenmammutbäume ist insgesamt wärmer weil sie deutlich südlicher liegt. Die Breite auf Europa bezogen entspricht der Südspitze Italiens. Allerdings gedeihen Mammutbäume in Höhenlagen von 1.000 – 2.000 Meter Höhe, wo im Winter viel Schnee liegt und im Sommer eine ausreichende Wasserversorgung durch Flüsse und Bäche gewährleistet sein muss, damit die hohen Wipfel nicht vertrocknen.

Zwischen den vier angepflanzten Herkünften zeigten sich auch Unterschiede, wobei die Herkünfte aus den tieferen Lagen (1.220 Meter) etwas besser geeignet waren als die aus höheren Lagen (1.830 Meter), vermutlich weil sie etwas später austreiben und deshalb durch Spätfröste im Frühjahr weniger geschädigt wurden. Frostschäden waren nämlich in der Anfangsphase ein Problem. Durch die Frostschäden und damit einhergehende Schwächung konnten sich Pilze wie der Hallimasch ansiedeln und das hat zum Ausfall vieler der ursprünglich gepflanzten Bäume geführt. Im Alter von 40 Jahren sind in Straßenhaus deshalb nur noch ein Drittel der ursprünglichen Anzahl Bäume vorhanden. Der höchste unter ihnen ist 40 Meter hoch und hat einen Stammumfang von 2,12 Meter, gemessen 1,30 Meter über dem Boden.

Für Menschen sind die riesigen Dimensionen und das hohe Alter der Bäume tief beeindruckend und nicht fassbar. Sie zählen zu den größten und zugleich ältesten Lebewesen. Die Bäume sind potenziell gegen alle Unbill gefeit, um ihnen ein langes Leben zu sichern. So sind sie durch ihren breiten Stammfuß und spitze Krone besonders sturmfest und ihre dicke, aber faserige Borke isoliert sie gut gegen die Hitze von Waldbränden, die in ihrer Heimat häufiger vorkommen.

Mit der jetzt vorhandenen relativ hohen Anzahl von 60 Bäumen des Straßenhauser Mammutbaumwalds ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass einige 1.000 oder gar 2.000 Jahre alt werden können. Damit hat Straßenhaus ein besonderes Naturerbe, das weit über unseren Zeithorizont Bestand haben kann. Sorgen wir dafür, dass diese Bäume überleben, dann ist auch unser Überleben besser möglich.

Dr. Stöhr als Leiter des damaligen Forstamtes Rengsdorf hat für die Anpflanzung des Versuchs gesorgt und sich damit ein hoffentlich lange währendes Denkmal gesetzt. Über den durch die Verbandsgemeinde Rengsdorf führenden Butterpfad kann man den Mammutbaumwald in weniger als einem Kilometer in südlicher Richtung von Straßenhaus aus leicht erreichen. Ein Besuch lohnt sich, nicht nur im Jahr der Wälder!
 
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