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Nachricht vom 14.08.2023
Wirtschaft
Taufe: Schluss mit altbackenen Ritualen
RATGEBER | Die Taufzahlen sind laut offiziellen Kirchenzahlen rückläufig. Ein Grund dafür ist der nicht oder nur teilweise erfüllte Wunsch der Gläubigen nach einer Modernisierung der Kirchen. Die alten Rituale werden deshalb immer öfter abgelehnt und immer mehr Menschen kehren den Kirchen komplett den Rücken. Viele von jenen, die weiterhin dabei bleiben, gestalten die Taufe ihrer Kinder ganz individuell. Warum das Sakrament immer öfter unter freiem Himmel stattfindet, zeigt dieser Einblick.
Foto Quelle: pixabay.com / <a href=https://pixabay.com/de/users/feeloona-694250/ target=_blank rel=nofollow>feeloona</a>Traditionelles Ritual in neuem Gewand: Taufen mit Grillfest-Flair
Noch vor einigen Jahrzehnten war die Taufe von Kindern beinahe obligatorisch. Zahlen der katholischen Kirche zu der Anzahl der Taufen zeigen jedoch einen rückläufigen Trend. Waren es 2011 noch mehr als 169.000 Taufen jährlich, ließen sich bei 1020 nur ca. 104.600 Täuflinge das geweihte Wasser über die Stirn träufeln.

Die Gründe für die Tauf-Verdrossenheit sind vielfältig. Viele Gläubige treten jedoch aus der Kirche aus, um mit den vermeintlich altbackenen Ritualen zu brechen. Für viele bleiben Traditionen wie die Taufe allerdings ein wichtiger Teil des eigenen Lebens, wenn auch auf individuell interpretierte Art und Weise. So wird die Einladungskarte zur Taufe etwa in fröhlichen Farben und digital gestaltet verschickt. Immer öfter ist darauf ein Ort zu lesen, der so manchen Gast überraschen könnte: die Blumenwiese, der Picknickplatz am See oder sogar der eigene Garten.

Diesen Trend sieht der Marburger Theologieprofessor Karl Pinggéra bereits seit Langem. Auf einer Tagung 2016 machte er auf die Taufpraxis im Wandel aufmerksam. Immer öfter wird das Sakrament in ungezwungener Atmosphäre mit Grillparty-Flair gestaltet. Die Individualisierung steht im Vordergrund und ist sinnbildlich für den Wandel in der Gesellschaft. Immer mehr Bürger möchten sich nicht mehr den strengen Riten und dem einheitlichen Ritual beugen, sondern wollen ihre Persönlichkeit in den Fokus rücken.

Die Kirchen kommen diesen Wünschen immer öfter nach. So werden die Taufen an den Wunschorten der Eltern der Täuflinge abgehalten, auch unter freiem Himmel. Ein Beispiel: Die evangelische Kirche in Kassel zelebriert bereits seit 2012 ein jährliches Tauffest im UNESCO-Weltkulturerbe Bergpark Wilhelmshöhe. Beliebt sind auch Tauffeste an Seen, im eigenen Garten oder an anderen Orten.

Let´s party: Täuflinge werden immer älter
Ein weiterer Grund für die Änderungen bei der Tauffest-Gestaltung ist das Alter der Täuflinge. Immer mehr Eltern möchten ihre Kinder bisher nicht im Säuglingsalter taufen lassen, sondern warten zunächst ab. Häufig ist es ihr Ansinnen, dass der Nachwuchs später selbst entscheiden kann, ob er sich taufen lassen möchte oder nicht. Daher steigt auch die Anzahl der Erwachsenentaufen. Die älteren Täuflinge wünschen sich natürlich mehr Mitspracherecht bei der Ausgestaltung ihrer Veranstaltung. Deshalb gibt es öfter eine Party mit Freunden und Bekannten. Damit soll die bewusste Entscheidung, sich taufen zu lassen, noch einmal einen ganz besonderen Stellenwert bekommen.

So modern und individuell wie die Ausgestaltung der Party sind auch die Einladungen oder die Dankeskarte zur Taufe. Gab es früher oftmals nur wenige klassische Motive, können sich die Täuflinge heute ebenfalls viel individueller bei ihren Gästen für den Besuch und die Taufgeschenke bedanken. Wer möchte, gestaltet seine Karten für die Einladung bzw. Danksagung sogar höchst individuell und nutzt dafür sein eigenes Foto. Durch verschiedene Online-Gestaltungsmöglichkeiten kommt die Karte eine persönliche Note und ist alles andere als langweilig. Wer möchte, kann zur Dankeskarte sogar ein paar Schnappschüsse legen, die auf der Taufparty geschossen worden. (prm)
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