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Nachricht vom 30.09.2011
Wirtschaft
Steuerhinterziehung durch Altmetallhändler in Neuwied und Koblenz: Anklageerhebung gegen vier Angeschuldigte
Mutter und Sohn sowie zwei Brüder prellten den Fiskus um 5,6 Millionen Euro – Höchststrafe: 15 Jahre Haft

Neuwied. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat nach umfangreichen Ermittlungen durch die Steuerfahndung des Finanzamts Koblenz gegen vier deutsche Staatsangehörige Anklage wegen Steuerhinterziehung zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz erhoben.
Die Anklage richtet sich gegen eine 67-jährige Unternehmerin und ihren 39-jährigen Sohn, die gemeinsam einen Metall-Recyclingbetrieb in Neuwied führen, sowie zwei 50 bzw. 47 Jahre alte Brüder aus Koblenz, die als Altmetallhändler tätig sind.

Den Unternehmern aus Neuwied wird vorgeworfen, in den Jahren 2004 bis 2010 unberechtigt Vorsteuererstattungen erlangt zu haben. In Ausführung eines gemeinsamen Tatplanes sollen die angeklagten Altmetallhändler und weitere Personen, gegen die in gesonderten Verfahren noch ermittelt wird, geschäftsunerfahrene und mittellose Personen angeworben haben, die zum Schein ein Gewerbe anmeldeten.

Diese Scheinselbstständigen bevollmächtigten dann die Altmetallhändler, in ihrem Namen Altmetalle an das Unternehmen in Neuwied zu veräußern. Bei Lieferung der Altmetalle wurde ihnen neben dem Kaufpreis auch die ausgewiesene Umsatzsteuer ausgezahlt. Dabei war den Angeschuldigten bewusst, dass die Scheinunternehmer keine Umsatzsteuererklärungen einreichten und auch nicht in der Lage waren, Steuern zu zahlen.

Vielmehr händigten die Mittelsmänner die Gelder den Altmetallhändlern in voller Höhe aus und erhielten selbst nur ein geringes Handgeld, mit dem sie überwiegend ihre Drogen- oder Alkoholsucht finanzierten. Dem Fiskus entstand durch die Erstattung der Vorsteuer an die Unternehmer aufgrund der Rechnungen, welche die Scheinunternehmer ausgestellt hatten, ein Schaden von mindestens 5,6 Millionen Euro.

Zudem konnten sich die Altmetallhändler ihren steuerlichen Pflichten (Einkommen- und Gewerbesteuer) entziehen, weil die Lieferungen formal über die Scheinunternehmer abgewickelt wurden.

Die angeklagten Neuwieder Unternehmer stehen darüber hinaus im Verdacht, neben diesen Schwarzgeschäften mit fahrenden Altmetallhändlern auch Lieferungen von Entfallstellen über Scheinunternehmer abgerechnet zu haben, die einer der beiden Koblenzer Angeschuldigten angeworben hatte.

Entfallstellen sind metallverarbeitende Betriebe, in denen große Mengen hochwertiger Produktionsabfälle anfallen. Für die von den Entfallstellen stammenden Lieferungen stellten Scheinunternehmer Rechnungen aus, so dass die wahre Herkunft der Lieferungen verschleiert wurde. Aufgrund dieser Scheinrechnungen wurde ungerechtfertigte Vorsteuer erstattet.

Die Ermittlungen gegen die Inhaber der Entfallstellen wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer und Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer dauern an. In einem Fall liegt eine strafbefreiende Selbstanzeige vor, die die Geschäftsführer des betroffenen Unternehmens kurz nach Festnahme der Angeschuldigten erstatteten.

Während die beiden Koblenzer Altmetallhändler die Anklagevorwürfe einräumen, haben die beiden Neuwieder Angeschuldigten nur Teilgeständnisse abgelegt.

Drei der Angeschuldigten befinden sich seit Januar 2011 in Untersuchungshaft. Der 47 Jahre alten Altmetallhändler aus Koblenz wurde im Mai aus der Untersuchungshaft entlassen, weil sich der Tatverdacht gegen ihn als weniger schwer herausgestellt hat.

Die Abgabenordnung sieht für jede einzelne Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Der Strafrahmen für Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall liegt bei Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Da alle Angeschuldigten wegen mehrerer Straftaten der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall angeklagt sind, ist die gesetzliche Höchststrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünfzehn Jahren.

Ein Termin zur Hauptverhandlung ist noch nicht bestimmt.
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