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Nachricht vom 22.03.2024
Region
"Hand in Hand"-Menschenkette für Demokratie und Toleranz zieht viele Bürger ans Neuwieder Rheinufer
Das Neuwieder Bündnis für Demokratie und Toleranz rief am Samstag (23. März) zu einer Aktion der Gemeinschaftlichkeit auf und knüpfte damit an die Demonstration vom 3. Februar an, die rund 3.000 Teilnehmer in die Innenstadt zog. Teilnehmer aus allen Altersstufen und unterschiedlicher Ethnien, die Stimme für Demokratie und Toleranz verband sie alle.
(Fotos: Elke Stockhausen)Neuwied. 11 Uhr, der Parkplatz unterhalb der Freitreppe am Neuwieder Pegelturm füllte sich schnell mit Menschen, die bereit sind, ihre Meinung nicht schweigend für sich zu behalten. Auch wenn das Treffen keine lautstarke Demonstration sein sollte, einzig der Initiator Peter Schwarz und Pfarrer Tilmann Raithelhuber das Anliegen dieses Vormittages in Worte fassten, war die Meinung der Teilnehmer hörbar und sichtbar. Mit Fahnen, Aufklebern, Buttons und selbstgestalteten Schildern zeigte man seine Einstellung.

Peter Schwarz sprach das Begrüßungswort. Die Protestwellen würden nicht abklingen, Beständigkeit und Regelmäßigkeit blieben bestehen, so der Veranstaltungsleiter, der alle Beteiligten zur nächsten Aktion am Samstag, 4. Mai, einlud. Der Ort am Rhein wurde bewusst gewählt. Als Verkehrsweg und Sammelpunkt für Begegnungen von Menschen, Völkern, Kulturen und Religionen. Es entwickelte sich eine Vielfalt von Migration, die das Leben durch Handel und Wandel, durch Kunst und Kultur weit über die Region hinaus bereichert habe.

"Großartiges, europäisches Erbe"
Toleranz und Offenheit habe das Rheinland bis heute geprägt. Es sei ein großartiges, europäisches Erbe, an dem alle teilhaben. Der Rhein sei die Verbindung zu einigen europäischen Nachbarländern, mit denen man Teil der europäischen Gemeinschaft sei. Dies sei die wichtigste politische Errungenschaft seit dem Zweiten Weltkrieg. Die menschenverachtende Plan der AfD wolle dies zerstören. Die europäische Gemeinschaft zerschlagen und als isolierter Nationalstaat 'nach Putins Gnaden' bestehen, die Verachtung der freien, liberalen Lebensformen - die Ideologie der AfD beschrieb er gekonnte: "Aus bunt soll grau, aus Vielfalt soll Einfalt werden".

Die heutige Menschenkette sei ein starkes Zeichen für Geschlossenheit und Entschlossenheit. An die Adresse der Demokratie-Feinde gerichtet stellte er heraus: "Mit uns wird es keinen Rückschritt in finstere Zeit geben, denn wir werden erfolgreich sein."

Verfassung als Garant für Frieden und Gerechtigkeit
"Frieden, Gerechtigkeit und Rechtstaatlichkeit sind keine Selbstverständlichkeit!" Mit dieser Feststellung begann Pfarrer Raithelhuber seine anschließende Rede. Er erinnerte an den Beschluss des Grundgesetzes vor 75 Jahren in Bonn. Unter den argwöhnischen Blicken zahlreicher alliierten Besatzungsoffiziere, sorgenbehaftet, dass in der neuen, provisorischen Verfassung des neuen Staates Bundesrepublik Deutschland der alte, braune Geist wieder lebendig werden würde, entstand unsere heutige Verfassung.

Unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte seien die Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft. Alle Menschen seien vor dem Gesetz gleich, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihres Glaubens und ihrer politischen und religiösen Anschauung. "Liebe Leute, es könnte sein, dass uns allen diese Rechte in den letzten 75 Jahren sehr, sehr selbstverständlich geworden sind, dass wir sie kaum noch wertschätzen", ermahnte er.

Kritisch betrachtete er das Problem, dass ein Verbotsverfahren zwar die AfD aushebeln würde, nicht aber das Denken der Mitglieder. Als wehrhafte Demokratie im Grundgesetz formuliert, sei die AfD verfassungswidrig und gehöre verboten. Im Blick auf die Zustimmungswerte in Thüringen, bei denen die AfD mit denen der NSDAP im Jahr 1932 gleich aufwiege, ließe die "demokratische Warnlampe angehen".

Tatendrang für die Demokratie
Europa, Toleranz, Gleichberechtigung und Demokratie, diese Worte und Gedanken waren in den Köpfen der bekennenden Teilnehmer. Tsiko Amesse, stellvertretender Fraktionsvorsitzender Die Linke im Stadtrat Neuwied und Akteur bei Amnesty International, kann aus eigener Erfahrung berichten, was Rassismus ist. Seine Worte waren voller Tatendrang. Er bleibe stark und deshalb mache er mit.

Dominik Reukauf und Uwe Waschke erklärten, dass es wichtig sei, für die Demokratie einzustehen. Ihr Blick richtet sich auch zu den Europawahlen und hier sei es wichtig, die Jungwähler zu erreichen, Demokratie erlebbar zu machen. Auch wenn Höcke in Anhausen aufwuchs und am Rhein-Wied-Gymnasium Abitur machte, hier sei kein "Höcke-Land". Das Kirchspiel Anhausen wird im Mai eine Kundgebung organisieren, bei der Zusammenhalt bewiesen werden kann.

Peter und Inge Gütler, deren Schilder eindeutig ihren Einsatz für Demokratie, Frieden und Freiheit zeigten, trugen Europa vielleicht sogar schützend auf ihren Köpfen. Gütlers Worte: "Wir sind Europa!" Auch die Jugend zeigte ihre Meinung. Janet, Leni, Karla, Rebekka und Ronja - junge Frauen um die 20 Jahre alt, die nicht nur mit ihren Schildern ihre Meinung äußerten. Es sein wichtig auf die Straße zu gehen und für Demokratie und Gleichheit einzustehen.

Bunt gemischte Geschlossenheit
Die Menschenkette war bunt gemischt. In ihrer Geschlossenheit ein Zeichen für den Zusammenhalt und die Kraft, Demokratie und Toleranz zu erhalten und verteidigen. Kalt und windig und auf dem Rhein bildeten sich kleine Sturmwellen, als die Gemeinschaft sich vom Pegelturm bis zum Biergarten am Ufer des Rheines in Bewegung setzte. Hand in Hand! In der Menge auch Landrat Achim Hallerbach und Neuwieds Oberbürgermeister Jan Einig. Ob es politische Gründe gäbe, dass sie dabei seien? Die Antworten der beiden fast synchron "Nein!". Auch ihnen ist es ein persönliches Anliegen, bei dieser Aktion mitzumachen. Hallerbach brach bei der letzten Kreistagssitzung einen Redebeitrag der AfD durch Ordnungsruf ab, der zu einem Eklat geführt hatte. Die nächste Aktion am 4. Mai wird die Rheinpromenade verlassen. Geplant ist ein Demonstrationszug durch Neuwied, ein Festival für Demokratie und Toleranz, verriet Klaus Hummel, der heute stellvertretender Versammlungsleiter war. Neuwied zeigt Meinung, steht nicht erst auf, sondern läuft weiter. (Elke Stockhausen)
       
       
     
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