NR-Kurier |
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied |
|
Nachricht vom 31.03.2024 |
|
Region |
Weltsensation: Westerwälder Dinosaurier wurde am Weltende entdeckt! |
|
Ein Erdrutsch legte nahe des Natur- und Erlebnispfades Weltende am jenseitigen Ufer der Nister bei Alhausen eine Weltsensation frei: Hervorragend erhaltene Knochenfunde zweier Schädel aus dem Jura mit einem geschätzten Alter von etwas mehr als 60 Millionen Jahren! |
|
Stein-Wingert/Alhausen. Die Auflösung finden Sie hier.
Das Weltende beim Stein-Wingerter Ortsteil Alhausen hat derzeit eine Attraktion mehr. Nachdem ein Wanderer am Weltende durch Zufall auf zwei gewaltige Schädelknochen gestoßen war, entdeckte ein Team von Paläontologen aus Wiesbaden, dass es sich bei den Schädeln um gut erhaltene versteinerte Überreste einer bislang unbekannten Dinosaurierart handelt. Der größere der beiden Schädel weist einschließlich der Kiefer eine Gesamtlänge von 2,7 Metern auf. Der als "Westerwalddino" bezeichnete Vertreter der Donnerechsen wird geschätzt auf eine Gesamtlänge von 18 Metern und einer Höhe von 6,5 Metern. Ein Fund, der exzellent in die bizarre Landschaft des Weltendes passt, in der man sich durchaus als in der Zeit zurückversetzt fühlen kann. Eine Wanderung am Weltende mutet an, wie ein Abenteuerparcours. Da regt der Knochenfund echter Dinosaurier die Fantasie an. Doch wie ist es überhaupt möglich, dass gerade hier ein derartiger Sensationsfund gemacht wurde? Um das zu erklären, müssen wir einen tiefen Blick in die Erdgeschichte werfen.
Erdgeschichte der Westerwälder Heimat im Zeitraffer
Vor 400 Millionen Jahren lag der Westerwald noch unter Wasser, war tatsächlich einmal Meeresboden. Die Plattentektonik brach den Urkontinent auseinander und ließ die einzelnen Kontinentalfragmente wie Schollen in unterschiedliche Richtungen auseinanderdriften. Dort, wo sich die Platten auf unserem Globus wieder aufeinander zubewegen und sogar untereinander schieben, entstehen Erdbeben und ganze Gebirge. So drückt heute unter anderem die indische Landmasse gegen das nördliche Asien, wodurch sich das höchste Gebirge der Welt auftürmt, der Himalaja.
Auf diese Weise hob sich der Westerwald aus dem Wasser
Durch die Dehnung der Erdkruste während der Trias kam es zu gewaltigen Vulkanausbrüchen im Westerwald. Aus der erkalteten Lava wurde der Basalt, der seit der Industrialisierung im Westerwald vielerorts abgebaut wurde und noch immer wird. Zeitgleich bildeten sich zahlreiche Becken, in denen sich Ton ablagerte. Während der Blütezeit der Dinosaurier in der Jura und der Kreidezeit wirkten diese Tonbecken unter subtropischer Hitze und hoher Niederschlagsrate für die Giganten der Urzeit wie eine Klebefalle, aus der es kein Entkommen mehr gab - zahlreiche Exemplare versanken im Tonschlamm. Über die Jahrmillionen hob sich die Landschaft.
Durch den hohen Druck wurde der Ton zu Schieferplatten gepresst.
Die Überreste der Lebewesen, die vom Ton eingeschlossen waren, versteinerten. Durch Erosion wurden die Schiefergebirge nach und nach wieder abgetragen. Während die Basaltfelsen noch heute die Höhenzüge des Westerwalds bilden, stellt das spröde Schiefergestein teils schroffe Felsen dar, die an mehreren Stellen im Westerwald für eine interessante und abwechslungsreiche Landschaft sorgen. So auch am Weltende bei Alhausen. Über die Jahrtausende wurden unzählige Tonnen Schiefer mit weiterem Geröll weggeschwemmt, wodurch nach und nach die darunter liegenden Schichten freigeräumt werden.
„Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, wann versteinerte Knochen prähistorischer Tiere freigelegt werden“, kommentierte der leitende Paläontologe, Prof. Orma Dicti, „Wir hatten allerdings erwartet, dass wir am ehesten bei den Tongruben im Unterwesterwald oder vielleicht auch im Stöffelpark fündig würden“.
Stattdessen ist es nun das Weltende geworden, das jetzt wohl internationalen Ruhm erhalten wird. Die urwüchsige Landschaft hat ihren Namen, weil die Nister an dieser Stelle in einer Schleife vorbei an steilen Schieferfelsen vorbeifließt. Das Land bildet dazwischen eine Zunge und man hat wirklich das Gefühl, dass es dort hinter Alhausen kein Durchkommen gibt.
Diese Annahme stimmt aber nicht ganz, denn kleine Seitenbäche schwemmen immer wieder Gestein aus und haben in Äonen einige Quertäler zur Nister hin gegraben. Ein Teil des Westerwaldsteigs geht mitten durch das Weltende hindurch und überbrückt die Wasserläufe mit kleinen Holzstegen. Das Gelände ist derart steil, dass viele Stiegen im Boden verankert wurden. Auch führt der Weg teilweise mit alpinem Charakter auf windschiefen Ebenen oder schmalen Simsen vorbei an den Felswänden.
Die Fundstelle
Der Fund der Schädel erfolgte am hinteren Ausläufer des zweiten Quertals. Die Fundstelle ist auf einer Distanz von acht bis zehn Metern komplett abgesperrt. An einer Stelle der Umzäunung jedoch ist ein guter Blick auf die Schädelknochen möglich.
Im Laufe der Woche werden die Dinoschädel unter Federführung der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesarchäologie/Erdgeschichte (GDKE) zunächst zur weiteren Untersuchung im Landschaftsmuseum Westerwald in Hachenburg zu sehen sein. Die Bergung aus dem unwegsamen Gelände ist eine Herausforderung. Fahrzeuge kommen nicht so nahe heran. Das Landschaftsmuseum organisiert daher einen Tross ehrenamtlicher Helfer, um die beiden Fundstücke sicher zu bergen und in Flögert auf einen Transporter zu verladen.
Ausstellung der Funde
Die Ausstellung in Hachenburg wird etwa drei Wochen betragen, bis eine genaue Altersbestimmung und ein genetischer Abgleich erfolgt sind. Die Wissenschaftler sind sich einig, eine bislang unbekannte Art der Sauropoden entdeckt zu haben. Der Genabgleich kann hier Gewissheit bringen und zugleich die Klassifizierung im Stammbaum der Saurier erleichtern. Wer die Funde also auf Tuchfühlung mit eigenen Augen sehen möchte, sollte sich mit einer Reservierung beeilen. Im Anschluss wird der Westerwaldsaurier mit dem wissenschaftlichen Namen iocabundusaurus Calendae Neroneum in Frankfurt im Senckenbergmuseum für Naturkunde in die Dauerausstellung verschiedener Dinosaurierfunde aufgenommen.
Am Weltende indes werden im kommenden Jahr weitere Grabungen professionell durchgeführt. Es wird angenommen, dass weitere Funde durchaus wahrscheinlich sind. Die Archäologen werden dabei kein schweres Gerät einsetzen, sondern Stein für Stein untersuchen. Für die Umwelt besteht also keine Gefahr.
Übrigens: Der "Westerwalddino" ist nicht der erste Fund seiner Art in Deutschland:
Bei Nürnberg wurde bereits 1834 der erste Dinosaurier in Deutschland gefunden, 1859 bei Solnhofen wurde sogar das erste vollständige Dinosaurier-Skelett der Welt entdeckt. Der bislang größte Saurier Deutschlands wurde 1998 bei Minden ausgegraben. Jetzt reiht sich Stein-Wingert in dieser Hall of Fames ein. (Thomas Sonnenschein) |
|
Nachricht vom 31.03.2024 |
www.nr-kurier.de |
|
|
|
|
|
|