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Nachricht vom 08.06.2024
Wirtschaft
Welche Rolle spielt die Psyche bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
RATGEBER | Viele Menschen kennen die Wirkung ihrer eigenen Psyche auf den Körper aus dem Alltag. Vor einer wichtigen Präsentation schlägt das Herz schneller, wenn ein peinlicher Fehler passiert, steigt die Durchblutung im Gesicht, oder wenn die To-Do-Liste zu voll ist, verspannt sich die Muskulatur am gesamten Körper. Die Effekte von psychischer Belastung auf den Körper sind vielfältig. Aber wieso können durch diesen Umstand auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgelöst werden und welche hilfreichen Maßnahmen gibt es, wenn Sie etwas dagegen unternehmen wollen?
KI generiertes Bild

Wie wirkt die Psyche auf das Herzkreislaufsystem?


Die Fähigkeit Stress abbauen zu können ist für unser heutiges Leben ein wichtiger Vorteil. Dabei sind Stressreaktionen eigentlich ein essenzieller biologischer Mechanismus. Für unser Überleben sind wir darauf angewiesen, dass es eine schnelle Verbindung zwischen dem Gehirn als nervaler Schaltzentrale und dem Rest des Körpers gibt. Dieser physiologische Ablauf hat sich in der Evolution durchgesetzt, da es für den Menschen früher etliche physische Gefahren gab, denen entsprechend entgegengetreten werden musste. Der berühmte Säbelzahntiger ist dafür ein passendes Beispiel. Wenn durch das Gehirn eine gefährliche Situation registriert wird, dauert es nur Sekunden, bis für das Überleben unentbehrliche Reaktionen eintreten: die Muskeln spannen sich an, der Herzschlag wird schneller und der Blutdruck steigt. Der Körper wird also in die Bereitschaft versetzt, sich gegen die Gefahr zu wehren oder die Flucht zu ergreifen.

Das Signal des Gehirns wird über verschiedene Botenstoffe im Körper verteilt. Zu nennen sind hier vor allem die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Adrenalin und Noradrenalin sind wichtig für kurzzeitige Reaktionen auf Bedrohungen, während Cortisol die Stressreaktion über einen längeren Zeitraum aufrechterhält.
So nützlich das beschriebene System in der Vergangenheit auch war, so dysfunktional kann es in unserer heutigen Lebensrealität wirken. Bedrohungen wie der Säbelzahntiger treten uns heute nur noch selten entgegen. Aufgrund der Komplexität des klassischen Lebens in der westlichen Welt werden jedoch objektiv ungefährliche Situationen von unserem Gehirn fälschlicherweise als Gefahren interpretiert. Wenn sich diese Situationen häufen und wir keine Gegenregulation einleiten, kann dies zu chronischem Stress führen und die Entstehung von allen möglichen Krankheiten begünstigen. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch chronischen Stress ausgelöst werden.

Welche Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch psychische Belastung ausgelöst werden?


Was das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht, ist weitestgehend bekannt. Nicht nur der klassische Alltagsstress kann sich negativ auf die Gesundheit des Herzkreislaufsystem auswirken. Auch andere Formen der psychischen Belastung wie Depressionen oder Ängste können dieses Organsystem belasten.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit 33,59 % im Jahr 2022 die häufigste Todesursache in Deutschland gewesen¹. Diese Erkrankungen können auf vielerlei Arten entstehen — durch einen ungesunden Lebensstil, durch genetische Faktoren, aber eben auch durch zu hohe psychische Belastungen. Zu den schwerwiegendsten Erkrankungen zählen etwa der Herzinfarkt (Myokardinfarkt) oder der Schlaganfall. Beim Herzinfarkt kommt es zum Verschluss einer oder mehrerer Arterien, die das Herz mit Blut versorgen. Anzeichen für einen Herzinfarkt sind ein nichtnachlassender Schmerz im Brustbereich, Kaltschweißigkeit mit Übelkeit und Erbrechen.

Beim Schlaganfall wird ein arterielles Gefäß im Gehirn verstopft. In beiden Fällen bedeutet dies, dass die entsprechenden Gewebe nicht mehr mit Blut und damit auch nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden können. Sowohl Herz- also auch Nervengewebe reagieren empfindlich auf eine zu geringe Sauerstoffversorgung und sterben deswegen schnell ab.

Die europäische Leitlinie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nennt Stress im Beruf oder im Familienleben, Depressionen und Angst als Risikofaktoren für die Entstehung solcher Krankheiten.² Demnach ist auch das Risiko für einen Herzinfarkt durch psychische Belastung erhöht.

Vor allem auslösend dafür ist der durch die Stressreaktion chronisch erhöhte Blutdruck. Dieser schädigt die Gefäße und trägt so langfristig zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei.³

Welche Möglichkeiten gibt es, den Stress zu regulieren?


Die Folgen von chronischem Stress, Depressionen und Angst auf das Herzkreislaufsystem sind im obigen Abschnitt deutlich geworden. Nun stellt sich die Frage, was man tun kann, um mit dieser Problematik besser umzugehen.

Chronischer Stress ergibt sich meistens aus einer Kombination von ungünstigen Faktoren. Wenn Sie das Gefühl haben sollten, dass Sie unter chronischem Stress leiden, dann sollten Sie sich die Zeit nehmen, um alle Stressfaktoren zu sortieren. Vielleicht finden Sie dann schon Wege, um den Stress zu reduzieren. Etwa dadurch, dass Sie bei Ihrem Job andere Aufgaben übernehmen, mit denen Sie sich wohler fühlen oder Sie mehr Sport zur Entspannung in Ihren Alltag integrieren.

Manchmal ist es aber so, dass wir Stress ausgesetzt sind, egal, wie wir unser Leben strukturieren. Stress gehört zum Leben dazu und genau deswegen ist ein guter Umgang damit auch so wichtig.

Vor allem Entspannungstechniken, ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung tragen zu einem gesunden Herzkreislaufsystem bei und können so Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden. (prm)

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¹ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/240/umfrage/verteilung-der-sterbefaelle-nach-todesursachen/
² https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-0870-1420.pdf
³ https://leitlinien.dgk.org/files/2014_Pocket-Leitlinien_Arterielle_Hypertonie.pdf
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