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Nachricht vom 30.08.2024
Region
Erstes stationäres Hospiz im Kreis Neuwied feierlich eröffnet
Das Festzelt am neuerbauten Rhein-Wied-Hospiz in Neuwied-Niederbieber war richtig voll am Freitag, dem 30. August anlässlich der feierlichen Eröffnung. Geschäftsführer Christoph Drolshagen konnte viele Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kirche begrüßen. Ab Dienstag können nun nach sechs Jahren der Planung, Bauphase und Vorbereitung die ersten Gäste betreut werden.
Schlüsselübergabe. Fotos: Helmi Tischler-Venter (7),  Joachim Gies (6), Marvin Maur (4)
Neuwied. Drolshagen betonte, das Hospiz sei weniger ein Ort, sondern eine bestimmte Art, seine letzte Lebenszeit zu gestalten. Das Haus dafür sei nun fertiggestellt, in Zusammenarbeit mit den Architekten sei ein zugleich bergender und offener Raum gestaltet worden, in dem Gäste in Würde bis zu ihrem Ende leben können, betreut von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern. Jetzt soll es mit ganz buntem Leben gefüllt werden.

Zunächst stellte Drolshagen die vier Gesellschafter der Hospiz für den Landkreis Neuwied gGmbH vor: Hans-Peter Knossalla, Vorsitzender der Neuwieder Hospiz e.V., Rainer Kaul, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, Bruder Bonifatius Faulhaber FFSC, der Grüße des Generalsuperiors überbrachte und der Geschäftsführer der Marienhaus-Gruppe Alexander Schuhler.


In einem Podiumsgespräch, das Dr. Sabine Zwierlein-Rockenfeller moderierte, wurde deutlich, dass es für alle mit großem Engagement Beteiligten ein schwieriger Weg war. Der Neuwieder Hospizverein, der durch 20 Bürger im August 1997 gegründet wurde, brachte die ambulante Hospizarbeit im Kreis Neuwied auf den Weg und ist nun als Gesellschafter auch am Rhein-Wied Hospiz beteiligt. Die Planung des stationären Hospizes begann 2018.

Die Schirmherrin, Fürstin Isabelle zu Wied brennt für das Thema Hospiz aufgrund von Kindheitserfahrungen. Sie will das Sterben im Privaten ändern, weil der Tod zum Leben gehört und mitten in die Familie. Sie betrachtet es als Privileg, dass sie beim Tod von Angehörigen dabei sein konnte und möchte die Scham nehmen, darüber zu reden. Dabei helfe, dass sie gut vernetzt sei und Hilfe vermitteln könne.

Barbara Schoppmann, stellvertretende Vorsitzende HPV RLP erläuterte den besonderen hospizlichen Gedanken: Er betrachte den Menschen in seiner Ganzheit mit seiner Geschichte und Geschichten, Ecken und Kanten. Die Gäste im Hospiz werden als lebendige Einheit gesehen, mitberücksichtigt werden spirituelle, körperliche und soziale Aspekte. Damit Alltägliches beachtet wird, seien immer auch Ehrenamtliche eingebunden. Es sei wichtig, dieses Menschenbild auch in Pflege- und Altenheime einzubringen. Stationäre Hospize kommen aus der Bevölkerung, die Häuser sind überschaubare Wohneinheiten, die allen Bedürfnissen gerecht werden und Lebensqualität gewährleisten. Im Unterschied dazu sind Palliativstationen Einheiten an Krankenhäusern, wo der Fokus mehr auf der Linderung körperlicher Beschwerden liegt.

Rainer Kaul, der als ehemaliger Landrat des Kreises Neuwied das Ehrenamt in der Region für sehr ausgeprägt hält, weil viele Leute Erfüllung in ihrem Tun finden, hält die Zukunft für gesichert und möchte als nächstes Ziel ein Tageshospiz verwirklichen.

Oberbürgermeister Jan Einig erinnerte sich an die Probleme, die bewältigt werden mussten, bis diese tolle Einrichtung, die für die Stadt und Region Neuwied gebraucht wird, entstehen konnte. Er sieht seine Aufgabe in der weiteren Integration des Hospizgedankens in die Gesellschaft.

Clemens Hoch, Minister für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz, freute sich, in einem Ehrenamtsland zu leben, in dem sicherlich in den nächsten Jahren noch ein paar Hospize eröffnet werden. Der Bedarf sei da. Die fünf Prozent Eigenanteil der Kosten durch die Bevölkerung sei eine Bürde, aber für 95 Prozent werde verlässlich gesorgt. "Das Rhein-Wied-Hospiz ist ein toller Baustein, genau das, was wir im Moment brauchen."

Landrat Achim Hallerbach prognostizierte, die Zahl Bedürftiger werde steigen, weil in den letzten acht Jahren 10.000 Menschen in den Kreis hinzukamen und die großen Mehrgenerationenfamilien nicht mehr existieren. Der Einsatz von Pflege-Robotik mache den Pflege-Notstand deutlich. Man müsse noch mehr ehrenamtlich tätige Menschen gewinnen. Er sei froh und stolz, dass der Kreis Neuwied eine Koordinierungsstelle hat, mit der die Weiterentwicklung sichergestellt ist. Bedarf für einen weiteren Standort sei da. "Wir müssen Verantwortung tragen, dass Menschen bis zum Ende hierbleiben können und Geld dafür aktivieren!"

Hospizleiterin Manuela Götz konnte aus 120 Bewerbungen ein Team geeigneter Mitarbeitenden mit hospizlicher Haltung auswählen, das sich bereits im August bewährte und bis kurz vor der Feier noch mit Vorbereitungen beschäftigt war. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter setzen die Hemmschwelle herunter und machen natürliche Begegnungen möglich. Für Anmeldungen, die über Krankenhäuser, Dienste und per Daten im Internet möglich sind, stehen feste Ansprechpartner zur Verfügung. Götz und Drolshagen betonten, das Hospiz sei offen für alle Institutionen und ermögliche seinen Gästen Teilhabe bis zum Schluss.

Einen interreligiösen Segen spendeten Pfarrer Martin Hassler, Pfarrer Christian Scheinost, Pfarrerin Susanne Isaak-Mans, Imam Mudassar Ahmed und Ahmed Cömez. Den musikalischen Rahmen gestalteten Michael und Eric Schmidt mit Piano und Saxophon.

Die offizielle Schlüsselübergabe erfolgte durch Architektin Nicole Berghaus an Christoph Drolshagen und Manuela Götz. Die Architektin war stolz, dass durch Ideenaustausch und vertrauensvolle Zusammenarbeit aus der Idee nun gebaute Wirklichkeit wurde. Das wunderbare Grundstück am Aubach habe geradezu auf das Bauwerk gewartet, dessen zwei Flügel sich wie ausgestreckte Arme zum Bach hin öffnen. Entstanden ist ein Zuhause für die letzte Lebensphase mit Ausblicken in die Natur, ein Ort, der Kraft und Geborgenheit gibt.

Die Gäste der Eröffnungsfeier waren im Anschluss zur Besichtigung mit Umtrunk und Imbiss eingeladen. htv
       
       
       
       
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