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Nachricht vom 22.09.2024
Region
Brandstifter aus der VG Puderbach ist schuldfähig und muss drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis
Ein 24-jähriger Mann aus der Verbandsgemeinde Puderbach wurde vom Landgericht Koblenz wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit zweifacher Körperverletzung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Der Vorwurf des versuchten Mordes wurde fallen gelassen, nachdem der Angeklagte den Notruf wählte und damit vom Mordversuch zurücktrat. Seine Mutter konnte durch das Eingreifen eines Zeugen und der Polizei gerettet werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Fotograf: Wolfgang RabschKoblenz. Vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Koblenz wurde heute (23. September) der Prozess wegen schwerer Brandstiftung in der VG Puderbach vorläufig beendet. Dem 24-jährigen Angeklagten war zunächst versuchter Mord vorgeworfen worden, da er das Haus, in dem er zusammen mit seiner Mutter lebte, in Brand setzte – obwohl er wusste, dass sie arglos im Obergeschoss schlief. Der Vorwurf des versuchten Mordes wurde von der Staatsanwaltschaft Koblenz zurückgenommen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Angeklagte kurz nach dem Legen des Feuers den Notruf wählte. Dies wurde als Rücktritt vom versuchten Mord gewertet. Die Mutter konnte von einem Zeugen und einem Polizeibeamten aus dem Obergeschoss über das Dach gerettet werden. „Ohne das Eingreifen der Zeugen wäre die Mutter unweigerlich verbrannt“, stellte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung fest.

Nach einigen prozessualen Erfordernissen, darunter das Verlesen eines Sachverständigengutachtens vom BKA, das eine Stimmenvergleichsanalyse der Notrufaufzeichnung und einer WhatsApp-Nachricht beinhaltete, sowie der Behandlung eines Adhäsionsantrags des Nebenklägers, wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Der Verteidiger des Nebenklägers beantragte, im Urteil festzuhalten, dass der Angeklagte ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro an die Geschädigten zu zahlen habe. Es wurde festgestellt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und keine Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden haben. Danach folgten die Plädoyers.

Plädoyers wichen stark voneinander ab
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit zweifacher schwerer Körperverletzung. Zu den wesentlichen Punkten seiner Begründung gehörte die sorgfältige Planung der Tat: Der Angeklagte hatte einen Rucksack mit Wechselkleidung und Hygieneartikeln in einem Straßengraben versteckt, um nach der Tat zu flüchten. Reste des Brandbeschleunigers wurden auf seinen Schuhen gefunden, und der Notruf belegte, dass nur er das Feuer gelegt haben konnte. Der Angeklagte äußerte sich jedoch nicht zum Tatmotiv. Der Staatsanwalt betonte, dass der Angeklagte zur Tatzeit schuldfähig war, da der Gutachter keine Psychose feststellen konnte.

Der Vertreter der Nebenklage schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an und beantragte zusätzlich die Annahme des Adhäsionsantrags.

Die Verteidigerin, Rechtsanwältin Natalie Bauer, sah den Fall jedoch anders und beantragte Freispruch. Ihrer Ansicht nach basierte die Anklage lediglich auf Indizien. Zwar könne es so gewesen sein, wie die Staatsanwaltschaft den Fall schilderte, es könnte jedoch auch anders gewesen sein, wenn die Ermittlungen nicht ausschließlich gegen den Angeklagten geführt worden wären. Ein zweifelsfreier Beweis, dass der Angeklagte das Feuer gelegt habe, fehle. Der Rucksack mit Wechselkleidung sei gepackt worden, weil der Angeklagte teilweise unter Verfolgungswahn gelitten habe. Bauer beantragte daher Freispruch und die Aufhebung des Haftbefehls.

Der Angeklagte wirkte in seinem letzten Wort apathisch und emotionslos, so wie an den bisherigen Verhandlungstagen, und schloss sich lediglich den Ausführungen seiner Verteidigerin an.

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit zweifacher Körperverletzung verurteilt. Der Haftbefehl bleibt aufrechterhalten. Dem Nebenkläger wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zugesprochen.

Die Vorsitzende Richterin erklärte in ihrer Urteilsbegründung, dass es keinerlei Hinweise auf einen „großen Unbekannten“ gebe, der das Feuer gelegt haben könnte. Alles spreche dafür, dass der Angeklagte planmäßig gehandelt habe – unter anderem das Packen des Rucksacks mit Kleidung und Medikamenten. Zudem habe der Angeklagte einen Tag nach dem Brand bei der VG Puderbach nach einer Ersatzwohnung gefragt. Der Angeklagte habe gewusst, was er tat, und sei schuldfähig. Deshalb sei er wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit zweifacher Körperverletzung zu verurteilen.

Da kein Rechtsmittelverzicht erklärt wurde, wurde die Rechtsmittelbelehrung erteilt. Das Urteil ist somit bislang nicht rechtskräftig. Der Angeklagte wurde in Handfesseln abgeführt und bleibt weiterhin in Untersuchungshaft.
     
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