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Nachricht vom 02.11.2024
Region
Ängste und Fakten: Was tun, wenn ich mit meinem Hund einem Wolf begegne?
Astrid Walter aus Härtlingen trifft auf ihren Spaziergängen mit ihrem Hund immer wieder auf Wölfe. Ihre Furcht steigt, insbesondere im Hinblick auf die kommende dunkle Jahreszeit. Doch wie gefährlich sind diese Begegnungen zwischen Hund und Wolf wirklich und wie kann man sich schützen?
Montage Hund begegnet Wolf. (Bildquellen: Pixabay)Region. Die zunehmende Wolfspopulation in Deutschland führt vermehrt zu Begegnungen zwischen Mensch und Tier. Eine Bewohnerin aus Härtlingen, Astrid Walter, gibt an, dass sie bereits mehrfach während ihrer Hunderunden Wölfen begegnet ist. Besonders am 10. August gegen 20.15 Uhr sah sie einen Wolf nahe ihres Dorfes. "Es ist recht gruselig, in den Wald traue ich mich definitiv nicht mehr", sagt Walter. Sie sorgt sich um ihre Sicherheit und die ihrer Mitbewohner, insbesondere mit dem Einbruch der Dunkelheit im Herbst und Winter.

Walter ist nicht alleine mit ihren Ängsten. Die Anwesenheit der geschützten Wölfe wirft Fragen auf, ob sie noch zeitgemäß ist und wie Menschen sich vor potentiellen Gefahren schützen können. Doch was sagen Experten dazu?

Der Wolf in Deutschland
Laut dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) bewohnen Wölfe in Deutschland Territorien von etwa 200 bis 250 Quadratkilometern und bestehen im Durchschnitt aus acht Tieren. Junge, erwachsene Wölfe verlassen ihr Elternrudel mit etwa zwei Jahren, um sich ein eigenes Territorium und einen Partner zur Gründung eines Rudels zu suchen. Dadurch kommt es auch im Westerwald zu einer Vermehrung des Bestandes (Die Kuriere berichteten).

Die Erfahrungen seit dem Jahr 2000, als Wölfe nach Deutschland zurückkehrten, zeigen, dass sie Menschen in der Regel aus dem Weg gehen. Junge Wölfe sind zwar neugieriger und unbedarfter, ziehen sich aber in der Regel ebenfalls zurück.

Der Wolf auch in Siedlungen
Der NABU betont, dass dies nicht bedeutet, dass Wölfe sofort fliehen, wenn sie auf einen Menschen treffen. Im Gegenteil: "Wölfe brauchen keine Wildnis, um sich niederzulassen, sie kommen überall zurecht, wo sie genug zu fressen finden und der Mensch sie leben lässt." Das bedeutet, dass mit zunehmender Population auch die Sichtungen im Siedlungsgebiet häufiger werden könnten.

Das Überleben eines Wolfes hängt also davon ab, dass er in seiner Umgebung ausreichend Nahrung findet, was in Deutschland gegeben ist, und vom Menschen geduldet wird. Wie Walter feststellte, können Wölfe daher auch in der Nähe von Siedlungen auftauchen. Dies ist jedoch kein Anlass zur Panik, sondern lediglich ein Zeichen dafür, dass Wölfe sich in Kulturlandschaften wie der unsrigen integrieren können.

Laut NABU ist eine direkte Begegnung zwischen Wolf und Mensch immer noch selten. Die meisten Menschen sehen Wölfe eher zufällig, etwa wenn sie mit dem Auto unterwegs sind und ein Wolf eine Straße überquert. Es besteht also kein Grund zur übermäßigen Angst, es ist jedoch wichtig, sich über das Verhalten von Wölfen zu informieren und angemessen zu reagieren, wenn man auf einen trifft.

Richtiger Umgang bei Begegnungen mit Wölfen
Begegnungen zwischen Menschen und Wölfen können sowohl für Mensch als auch Hund eine aufregende Situation darstellen. Wie verhält man sich am besten, um das Wohl beider Parteien zu gewährleisten?

Die Nähe des Besitzers stellt für den Hund den besten Schutz dar, falls ein Wolf auftaucht. Selbst in diesen Situationen besteht keine Gefahr für den Hundeführer. Wölfe interessieren sich hauptsächlich für ihre domestizierten Verwandten, nicht für Menschen.

Sollte es zu einem Zusammentreffen von Wolf und Hund kommen, empfiehlt es sich, den Hund zu sich zu rufen, anzuleinen und sich ruhig zurückzuziehen. Zeigt der Wolf weiterhin Interesse an dem Hund, sollte man durch Rufen auf sich aufmerksam machen und den Wolf gegebenenfalls durch das Werfen von Gegenständen vertreiben.

Es ist wichtig, keine hektischen Bewegungen zu machen und sich vorsichtig zurückzuziehen. Das Tier sollte dabei ruhig beobachtet und ihm genügend Raum gelassen werden, damit es sich zurückziehen kann. Bei Unwohlsein sollte man sich aufrichten und größer machen. Lautes, energisches Rufen oder Klatschen kann den Wolf vertreiben. Einem Wolf sollte weder hinterhergelaufen noch -gefahren werden und man sollte niemals versuchen, ihn anzulocken oder zu füttern, sagt auch Hundeexpertin Daniela Ackermann von der Hundeschule Easydogs.

Bei einer Begegnung mit einem Wolf sollte man sich grundsätzlich ruhig verhalten und Abstand halten. Zieht sich der Wolf nicht zurück und die Situation kommt einem unheimlich vor, ist lautes Sprechen oder Klatschen angebracht, um auf sich aufmerksam zu machen. Weglaufen sollte vermieden werden, da dies ein Verfolgungsverhalten des Tieres auslösen könnte.

Wölfe, die weder positive noch negative Erfahrungen mit Menschen gemacht haben, bleiben diesen gegenüber argwöhnisch und nähern sich nicht aktiv an. Junge Wölfe können aufgrund ihrer Neugier und Naivität eine geringere Fluchtdistanz zu Menschen aufweisen als erwachsene Wölfe.

Bei einer Begegnung mit einem Wolf sollte man sich langsam zurückziehen und die Beobachtung an die zuständige Behörde melden. Wenn Sie einen Wolf gesehen oder einen Verdacht auf einen Wolfsriss haben, rufen Sie bitte die Hotline 06306-911-199 an.

Hunde nah am Menschen führen
Trotz aller Vorsicht gibt es in der freien Natur keine hundertprozentige Sicherheit. Hunde sollten sich stets nah am Menschen aufhalten, da sie sonst vom Wolf als Eindringling oder potenzieller Paarungspartner wahrgenommen werden können.

In Wolfsgebieten ist es ratsam, Hunde anzuleinen und sich bei einer Begegnung ebenfalls langsam zurückzuziehen. Die Leinenpflicht ist während der Brut- und Setzzeit sowie in Wäldern mit besonderer Ausweisung - unabhängig von der Anwesenheit von Wölfen - ohnehin zu beachten.

Spezielle Rückruf-Trainings, wie sie beispielsweise von der Hundeschule Easydogs in Neitersen angeboten werden, können helfen, den eigenen Hund in Extremsituationen sofort dicht an den Halter heranzuführen, egal welche Ablenkung er erfährt.

Statistik in Berlin veraltet
Besonders die Land- und Forstwirtschaft sieht sich mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Laut einem Monitoring der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) in Berlin existierten bis April 2023 insgesamt 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 Einzeltiere in Deutschland. Für Rheinland-Pfalz allerdings wurde lediglich ein einziges Wolfspaar erfasst. Die Zahlen, die der EU-Gesetzgebung zugrunde gelegt werden, entsprechen also nicht annähernd der Realität.

Vier Wölfe seien in Rheinland-Pfalz bei Verkehrsunfällen getötet worden und mindestens ein weiterer illegal erlegt worden, so die DBBW. Das Koordinationszentrum Luchs und Wolf in Rheinland-Pfalz (KLUWO) berichtet von einem zusätzlichen Fall: Am 22. Oktober wurde innerhalb des Territoriums des Rudels "Hochwald" in der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell (Landkreis Trier-Saarburg) ein toter männlicher Wolf auf der Bundesstraße 407 gemeldet.

Das Bundesministerium für Umwelt in Rheinland-Pfalz verweist auf eine gründlichere und aktuellere Dokumentation durch die KLUWO, welche sämtliche nachgewiesene Fälle auflistet und sogar Bewegungsprotokolle von Einzeltieren und Rudeln führt.

Dramatisch: Übergriffe auf Weidetiere
Klaus Skowronek, Vorsitzender der Kreisgruppe Westerwald des Jagdverbands, erinnert an den Blutrausch eines Wolfs in Langenhahn am 26. September, bei dem 13 tote, 7 notgetötete, 3 im Nachgang gestorbene und 19 verletzte Schafe gemeldet wurden. In Bundesländern mit dauerhaftem Wolfsvorkommen wird der wirtschaftliche Schaden aufgefangen, wenn der Wolf als Verursacher nachgewiesen und die Herde durch einen hohen Zaun geschützt wurde. Skowronek betont jedoch, dass dies dem Verlust keineswegs gerecht wird: "Dabei wird die Herdenstruktur zerstört", so Skowronek. Jahrelange aufwendige und fachmännische Züchtung sei in einem Augenblick dahin, mit Geld sei das gar nicht auszugleichen.

Schwierigkeiten für Jäger
Im Hinblick auf das Zusammenleben mit Wölfen besteht auch für Jäger eine neue Herausforderung. Die Jagdmethoden werden anspruchsvoller, da die potenziellen Beutetiere des Wolfs, wie etwa Rotwild, ihr Verhalten ändern. Wildtiere entwickeln ein besonderes Gespür, da sie vom Wolf oft auch gemeinsam im Rudel erlegt werden. Dieses neue Verhalten erschwert auch die Jagd als solche.

Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit der Jagdhunde. Als Wildheger im Wald hat auch Skowronek wie nahezu alle seine Kollegen bereits Erfahrungen mit dem Wolf gesammelt. Er selbst hält auch einen Hund. Immer häufiger bemerkt er, dass der Hund besonders vorsichtig wird, wenn er auf die Jagdfährte eines Wolfes stößt. Früher habe er den Hund zur Wache am Wild, das er erlegt hat, zurückgelassen, während er Utensilien und Fahrzeug zum Transport näher herangeführt hatte. Heute lässt er den Hund nicht mehr allein zurück.

Das Landesministerium für Umwelt empfiehlt, Jagdhunde nicht für das Anzeigen von Wolfszeichen zu belohnen. Andernfalls riskieren Hunde, die eine Wolfsfährte verfolgen, von diesem angegriffen zu werden. Ein solcher Vorfall ereignete sich bereits 2005 in der Lausitz, als eine Jagdterrierhündin eine Wölfin verfolgte und stellte. Sie wurde von der Wölfin mehrfach gebissen und starb wenig später bei der tierärztlichen Behandlung an ihren Verletzungen.

"Wir stehen erst am Anfang, Erfahrungen mit dem Wolf zu sammeln", sagt Skowronek. Mit steigender Population und mehr Begegnungen mit Menschen könne sich das Verhalten von Wölfen weiter stark verändern. Aktuell werden nur selten Fohlen oder Kälber gerissen. Ob dies so bleibt, ist ungewiss.

Oft ist es die Schuld der Menschen
Die Begegnung zwischen Mensch und Wolf in den Wäldern kann durchaus eine beidseitig respektvolle sein. Es ist jedoch wichtig, dass Menschen bestimmte Verhaltensregeln beachten und sich verantwortungsvoll verhalten, um potenzielle Konflikte zu vermeiden.

Nicht selten sind Menschen selbst die Ursache dafür, dass Wölfe ihre natürliche Scheu vor ihnen verlieren. Besonders Hundebesitzer sollten in Wäldern Rücksicht nehmen und ihren Vierbeiner nicht ohne weiteres frei laufen lassen.

Besonders problematisch wird es, wenn Menschen Wölfe anfüttern und ihnen Abfälle hinlegen - ein durch falsch verstandenes Mitgefühl entstandenes Verhalten. Wölfe, die solche Erfahrungen machen, verlieren ihre instinktive Vorsicht vor dem Menschen und können aufdringlich oder sogar aggressiv reagieren, wenn sie auf Menschen treffen, die ihnen kein Fressen hinstellen. Eine solche Entwicklung könnte zu fatalen Verhaltensveränderungen und sogar Angriffen führen.

Respektvoller Abstand sollte ebenso eingehalten werden wie das Unterlassen von Nachlaufen hinter Tieren. Jungtiere dürfen nie angefasst oder aufgenommen und Bauten oder Wurfhöhlen niemals aufgesucht werden. Auch das Füttern der Tiere ist strengstens untersagt.

Gesunde Wölfe, die nicht provoziert oder angefüttert werden, stellen für den Menschen in der Regel keine Gefahr dar. Seit der Wiederansiedlung von Wölfen in Deutschland im Jahr 2000 hat es keine Situation gegeben, bei der sich freilebende Wölfe aggressiv gegenüber Menschen verhalten haben.

Der Wolf als Urahn
Hunde und Wölfe teilen eine gemeinsame Geschichte. Vor mehr als 10.000 Jahren wurden Wolfswelpen von Menschen domestiziert, was zur Entstehung verschiedener Hunderassen führte. Auch heute noch können Hunde und Wölfe miteinander kommunizieren, doch das unterschiedliche Verhalten kann zu Missverständnissen führen, denn der Wolf sieht im Hund noch immer einen Artgenossen und mag es gar nicht, wenn der Hund dessen Revier mit Urin markiert. Die Hunde hingegen reagieren äußerst selten aggressiv auf Wölfe. Im Gegenteil: In den meisten Fällen verhalten sie sich eher passiv. Sie alle spüren bei der Begegnung mit einem Wolf oder seiner Fährte eine Art Urverwandtschaft. Kabarettisten würden dieses Gespür als eine Art Ehrfurcht bezeichnen.

Daniela Ackermann betont, dass der Wolf seine Daseinsberechtigung hat: "Wir werden uns mit ihm arrangieren müssen." Sie weiß, dass Wölfe voneinander lernen und empfiehlt daher, "schlechte" Wölfe, also solche, die Nutztiere gerissen haben, zu entnehmen. Da es sich um Einzeltiere handelt, lernen die Wölfe generell nicht, Abstand von den Weidetieren zu halten, selbst wenn diese Exemplare gejagt werden. Aber Wölfe, die einen Weg gefunden haben, sogar 1,8 Meter hohe Zäune zu überwinden, sind in der Lage, dieses Wissen an andere Wölfe weiterzugeben. Daniela Ackermann hat selbst eine Hobbyzüchtung an Schafen und bisher zum Glück noch keinen Wolfsangriff erlebt. Allerdings hat sie Belege dafür gesehen, dass Wölfe immer wieder einen Weg auf die Weide finden, egal wie hoch der Zaun ist.

Schutzstatus des Wolfes
Die Entnahme schließt sowohl das Fangen als auch das Töten einzelner Tiere ein und muss durch eine Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde autorisiert werden. Der Wolf ist auf Bundesebene durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und hat damit den höchstmöglichen Schutzstatus.

Laut Bauern- und Winzerverband Nassau beabsichtigt die EU, noch in diesem Jahr den Schutzstatus von "streng geschützt" in "geschützt" zu ändern. Auch die Bundesregierung habe mittlerweile Zustimmung zur Neuregelung signalisiert. In der Folge kann dies eine Regulierung des Bestandes und eine eventuelle Bejagung des großen Beutegreifers maßgeblich vereinfachen. (Thomas Sonnenschein)
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