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Nachricht vom 02.02.2025 |
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Kultur |
Jürgen Becker rockt das Schlosstheater Neuwied |
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Interaktiv, gut recherchiert und lustig präsentierte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker sein Disco-Programm am Samstagabend im Schlosstheater Neuwied. Das Publikum im ausverkauften Theater brachte er immer wieder zum Mitsingen und -reagieren. Seine Absicht war es, mentale Aufbauarbeit zu leisten mit der Frage: "Ist Musik wirklich Trumpf?" |
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Neuwied. Beckers eindeutige Antwort lautete: "Ja, denn am Anfang war die Musik. Es sind der Soundtrack und die Resonanzen in der Gesellschaft, die Geschichte gestalten."
Mama war die erste Disco mit All-you-can-drink-Service und Musikförderung durch die Bauchdecke, denn nachweislich ist Musik eine kognitive Powerbank. Aus dem ersten Schrei hat sich die Oper entwickelt, oder Rockmusik. Die gewagte Theorie belegte Becker mit Musikbeispielen, die er mit einem Schalthebel ein- und ausblendete.
Immer wieder animierte er die Besucher zum Mitsingen, von "Backe, backe Kuchen" über "In the summertime" bis zu "Fiesta Mexicana". Der Neuwieder Spontanchor erwies sich zur Freude des Künstlers als text- und melodiesicher.
Pink Floyd hinterließen mit ihrer revolutionären und überaus erfolgreichen Konzeptmusik einen nachhaltigen Eindruck auf den Kölner. Nicht minder erfolgreich sang Heino, der Mann mit der Schutzbrille und tiefen Stimme seine Heimatlieder, denn Heino fand es überall schön. Im Gegensatz zu dem Barden fragte sich Becker in Orten wie Wirges oder Pirmasens, warum die Menschen gerade hier wohnen. Ist Heimat das Land, wo man die gleichen Lieder schmettert?
Kölsche Lieder haben viel mit Liebe zu tun, aber nie mit Arbeit, noch nicht einmal das Lied vom Maurer. In vielen Strophen wird nichts getan.
Die Französische Revolution brachte die "Marseillaise" hervor, der Klassenkampf von 1871 die "Internationale", aber es gibt keine Lieder für den Mauerfall. Aus Ratlosigkeit wurde "Griechischer Wein" gespielt. Zur deutschen Nationalhymne wurde 1950 die dritte Strophe des Deutschlandlieds von Konrad Adenauer bestimmt, der nicht mehr den Karnevalsschlager "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien" als Ersatz-Nationalhymne hören wollte.
Den Sieg der Sozialdemokratie begründeten Trinklieder, die zur alkohollastigen Gemeinschaft aufrufen. Je lauter Lieder gesungen werden, desto mehr stärken sie die Gemeinschaft.
Die Elektrogitarre bezeichnete Becker als das wichtigste Musikinstrument der letzten hundert Jahre, mit ihr bewirkten Jazz-Orchester eine musikalische Eruption. Die E-Gitarre verwandelte die Welt durch Flower-Power, Jimi Hendrix und Santana und durch Sex and Drugs and Rock’n’Roll.
Jede Bewegung hatte ihre prägende Musik: Hausbesetzer spielten Ton Steine Scherben, die Friedensbewegung hatte BAP, die Frauenbewegung hatte Ina Deter und die Punker hatten Patti Smith.
Die Klimabewegung jedoch steht völlig ohne Musik und daher erfolglos da. Der Soundtrack fehlt! Außerdem müssten wir zurückgehen auf die Verhältnisse im Jahr 1978, als es noch 25 Millionen Autos im Land gab statt 60 Millionen heutzutage, als die Wirtschaftsleistung gut war, mit der geringsten Arbeitslosigkeit, der 1. FC Köln deutscher Meister war und Boney M. "Daddy Cool" schmetterten.
Ein Soundtrack, der Mut macht, ist Vicky Leandros Lied "Ich liebe das Leben!" Jürgen Becker rollte ein Textplakat auf, damit alle Theaterbesucher begeistert mitsingen konnten. Diese spendeten zum Abschluss tosenden Applaus und Standing Ovations. Als Zugabe sang Becker "Ich brauche keine Millionen, ich brauche nur Musik", denn "nach 70 Jahren ständigen Aufstiegs geht eine Ära zu Ende. Ist etwas weniger zu haben, so schlimm?" htv
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Nachricht vom 02.02.2025 |
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