NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 14.03.2012
Region
Letzte Ausfahrt: Tierheim
Neuwieder Tierschützer ziehen Bilanz: 466 Tiere kamen 2011 auf dem Ludwigshof unter, 295 fanden neues Zuhause

Segendorf. 466 Tiere hat das Neuwieder Tierheim im vergangenen Jahr aufgenommen. Die meisten kamen als Fundtiere, andere wurden von ihren Eigentümern abgegeben, vom Veterinäramt beschlagnahmt oder kamen von anderen Tierschutzvereinen auf die Segendorfer Höhen.
Katzen haben schlechte Karten, wenn sie einmal im Tierheim gelandet sind. Meist fragt niemand mehr nach ihnen. Foto: Michael Diefert/pixelio.deFür jedes einzelne dieser Tiere markierte der Aufenthalt im Tierheim einen Einschnitt in sein Leben: Manchmal war es nur ein kurzer Schreck, weil die Besitzer sich nach wenigen Tagen meldeten und ihre Lieblinge wieder mit nach Hause nahmen. Doch in den meisten Fällen bedeutet der Aufenthalt auf dem Ludwigshof für die Vierbeiner das Ende ihres bisherigen und der Beginn eines neuen Lebens – für viele nach kurzer Zeit zum Glück im Schoße einer liebevollen neuen Familie. Doch nicht immer gelingt es den Tierschützern, ihre Geschichten zu einem Happy-End zu bringen.

191 Vierbeiner kamen 2011 als so genannte Fundtiere auf den Ludwigshof: 79 Hunde, 82 Katzen und 30 Kleintiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen. Am besten stehen die Chancen für Hunde, von ihren Menschen aus der misslichen Lage befreit zu werden. Immerhin konnten 52 von ihnen nach wenigen Tagen in ihr Zuhause zurückkehren.

Dieses Glück hatten dagegen nur acht Katzen. Nach verloren gegangenen Kaninchen oder Meerschweinchen fragte überhaupt niemand. „Das ist ein Phänomen, das wir schon seit Jahren beobachten“, erklärt Tierheimleiterin Iris Wolsing. „Katzen und Kleintiere werden offenbar nur in den seltensten Fällen vermisst. Jedenfalls fragt kaum jemand nach ihnen, wenn sie erst einmal bei uns sind.“

Während das Tierheim für viele „Findlinge“ eine echte Verbesserung ihrer Situation bedeutet, weil sie nun regelmäßig Futter und Streicheleinheiten bekommen, leiden Abgabetiere in der Regel sehr unter der für sie völlig unverständlichen Situation.

31 Hunde, 21 Katzen und 54 Kleintiere kamen auf dem Ludwigshof unter, weil ihre bisherigen Besitzer krank oder verstorben waren, sich nicht mehr um sie kümmern konnten oder wollten. „Diese Tiere fallen oft in eine regelrechte Depression, aus der sie nur mit viel Geduld zu befreien sind. Sie verstehen ja nicht, warum in ihrer bisherigen Welt für sie nun kein Platz mehr ist. Es gibt kaum etwas Traurigeres als die Augen dieser Tiere.“

Eine besondere Herausforderung für die Tierschützer auf dem Ludwigshof sind beschlagnahmte Tiere. Und das nicht nur, weil zunächst oft nicht klar ist, was mit ihnen geschehen wird. Immerhin stimmten die Behörden im vergangenen Jahr in elf von 65 Fällen der Rückgabe an den bisherigen Eigentümer zu. Meist war die Situation dieser Tiere in ihrem „Zuhause“ aber so schrecklich, dass eine Rückkehr ausgeschlossen war.

So befreiten Mitarbeiter des Veterinäramtes im Sommer zum Beispiel zwei Hunde, deren Eigentümer den einen von ihnen Tag und Nacht in einer Garage und den anderen in einem dunklen Kellerloch gehalten hatte. Im Herbst mussten die Tierschützer zwei fast verhungerte Hunde aufnehmen: Ein Nachbar war auf den schlechten Zustand der Tiere aufmerksam geworden. Außerdem stellte sich heraus, dass der Tierbesitzer nach seinem Umzug einfach mehrere Katzen und Echsen in seiner alten, unbeheizten Behausung zurück gelassen hatte – ohne ausreichend Futter und Wasser.

Den schlimmsten Einsatz erlebte das Tierheimteam im Sommer 2011 in einem Haus in Neustadt, in dem ein Mann mit 34 unkastrierten Katzen in unvorstellbaren Zuständen zusammen lebte. „In dieser Wohnung gab es wirklich keinen Millimeter, der nicht völlig verdreckt war“, erinnert Iris Wolsing sich mit Schaudern. „Zu allem Überfluss lagen überall verweste Tierkadaver herum, mit denen die Katzen offenbar gefüttert worden waren. Ich habe noch niemals zuvor einen so bestialischen Gestank erlebt.“

In solchen Situationen greift das Netzwerk, durch das sich die Tierschutzvereine im näheren und weiteren Umfeld ohne große Vorabsprache unterstützen. Denn 34 Katzen, die Hälfte von ihnen trächtig, kann im Sommer kein Tierschutzverein mal gerade eben unterbringen.

Auch im Fall der 34 Neustädter Samtpfoten konnte sich das Neuwieder Tierheim-Team auf die benachbarten Vereine verlassen. Im Gegenzug landen auf dem Ludwigshof aber auch immer wieder Tiere, die ursprünglich in die Obhut anderer Vereine gelangt waren. 104 Tiere waren es im Jahr 2011.

Nicht jedes Tier, das zu ihnen kommt, können die Tierschützer retten. Sieben Katzen, sechs Hunde und neun Kleintiere starben im vergangenen Jahr im Tierheim oder mussten eingeschläfert werden, weil ihr Zustand aussichtslos war. Umso glücklicher ist Iris Wolsing, dass die allermeisten Tiere, die auf dem Ludwigshof landeten, mehr Glück hatten: 295 Vierbeinern haben die Tierschützer im vergangenen Jahr zu einem neuen Zuhause verholfen.
Nachricht vom 14.03.2012 www.nr-kurier.de