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Nachricht vom 15.04.2025
Region
Urteil: Acht Jahre Gefängnis wegen Körperverletzung mit Todesfolge bei Altenkirchen
Am Dienstag (15. April) fand der letzte Verhandlungstag vor der 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz statt unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin. In dem Verfahren wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge, geschehen in einem kleinen Ort in der Nähe von Altenkirchen, wurde nach eingehender Beweisaufnahme und Beratung das Urteil verkündet.
Der Angeklagte mit Rechtsanwalt Jörg Weißgerber (Foto: Wolfgang Rabsch)Koblenz/VG Altenkirchen-Flammersfeld. Am Dienstag (15. April) wurde unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin am Landgericht Koblenz nach eingehender Beweisaufnahme und Beratung das Urteil verkündet.

Der Angeklagte wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge an seinem 74-jährigen Nachbarn nahe Altenkirchen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Gemäß bisherigem Verhandlungsverlauf soll laut Staatsanwaltschaft Koblenz der Angeklagte seinem Nachbarn vorgeworfen haben, mit seiner Lebensgefährtin ein intimes Verhältnis geführt zu haben. Am Tattag, im Juli 2024, soll der Angeklagte den Mann in dessen Wohnung zunächst verbal und körperlich mit Schlägen und Tritten attackiert haben. Dann sei der Angeklagte in seine eigene Wohnung zurückgegangen, um von dort ein Messer mit einer Klingenlänge von zehn Zentimetern zu holen. Anschließend sei er wieder in die Wohnung des Nachbarn gegangen und soll dort mit dem Messer auf ihn eingestochen haben, dabei insbesondere den Genitalbereich des Mannes im Visier gehabt haben, um ihn zu kastrieren. Bei den Stichen habe der Angeklagte auch die große Beinvene des Nachbarn getroffen, woran der Mann wegen starker Blutungen anschließend verstorben ist.

Der Angeklagte beschuldigte seine Ex-Freundin
Der 45-jährige Angeklagte bestritt bis zuletzt, seinen 74-jährigen Nachbarn durch Messerstiche tödlich verletzt zu haben. Er habe ihn lediglich mit einem Messer bedroht, weil er vermutete, seine Freundin habe mit dem 74-jährigen Sex gehabt. Dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen, er habe zwar ein Messer in der Hand gehabt, aber lediglich mit der Spitze durch die Hose im Genitalbereich des Mannes etwas "geritzt". Das Messer habe er danach wieder in der Küche abgelegt und es etwas später blutverschmiert in der Hand seiner Freundin gesehen. Er habe auch ein Stuhlbein gesehen und vermutet, dass sie den Mann geschlagen hat, weil er mehrere dumpfe Schläge gehört habe.

Die Kuriere haben mehrfach von den bisherigen Verhandlungen berichtet, unter anderem am 19. März und am 8. April.

Einige Zeugenaussagen
Im Verlauf des Verhandlungstags am Dienstag (8. April), eine Woche vor der Urteilsverkündung, wurden zunächst weitere Zeugen vernommen, unter anderem ein Kriminalbeamter, der weitere Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten vernommen hatte.

Mehrere Zeugen aus der Altenkirchener Bahnhofsszene bestätigten, dass der Verstorbene vor dem Angeklagten Angst hatte, da dieser "polytoxisch" wäre, weil er Alkohol und Drogen zusammen konsumiere. Die Partnerin des Angeklagten wäre immer dann in die Wohnung des Opfers geflüchtet, wenn dieser sie bedroht, oder geschlagen habe. Die Zeugen vermuteten, dass der Angeklagte auf das spätere Opfer sehr eifersüchtig gewesen sei, weil dieser annahm, seine Lebensgefährtin hätte Sex mit dem 74-jährigen Opfer. Die Zeugen bekundeten auch, dass der Getötete Angst davor gehabt hätte, von dem Angeklagten umgebracht zu werden.

Plädoyer der Staatsanwaltschaft
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hegte keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Anklage und an die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten. Die Schilderung des Angeklagten vom Tattag würde einem "Episodenroman" alle Ehre machen, denn der Angeklagte habe vier Varianten des Geschehens erzählt, die er jeweils dem neuesten Stand der Dinge angepasst hätte. Die Geschichte, dass seine frühere Partnerin das Opfer mit einem Stuhlbein malträtiert hätte, sei ein Märchen, da die Sachverständige eindeutig feststellte, dass sie bei der Obduktion keinerlei Verletzungen am Körper des Opfers habe feststellen können, die auf Schläge mit einem festen Gegenstand hindeuten könnten. Der Angeklagte habe aus Eifersucht auf das Opfer eingestochen, jedoch wollte er ihn nicht töten, habe aber fahrlässig dessen Tod in Kauf genommen.

Der psychiatrische Sachverständige Dr. Buchholz stellte fest, dass der Angeklagte zur Tatzeit keinerlei Einschränkung der Schuldfähigkeit gehabt habe und daher voll schuldfähig sei. Strafschärfend sei zu bewerten, dass der Angeklagte kein Geständnis abgelegt und keine Reue gezeigt habe. In früheren Beziehungen sei der Angeklagte gegen seine Partnerinnen gewalttätig geworden und habe mehrere Haftstrafen verbüßen müssen. "Die einzige Provokation des Opfers hat darin bestanden, dass es lebte", so der Staatsanwalt wörtlich.

Letztendlich beantragte die Staatsanwaltschaft eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren, gebildet aus zwei Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und von sieben Jahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Verteidigung beantragte Freispruch
Rechtsanwalt Jörg Weißgerber aus Altenkirchen beantragte Freispruch für seinen Mandanten, nach dem Grundsatz "In dubio pro reo" (Im Zweifel für den Angeklagten). Der Angeklagte hätte seine damalige Lebensgefährtin mit einem Messer aus der Wohnung des Opfers kommen gesehen, an dem Blut zu sehen gewesen wäre. Das Stuhlbein, mit dem die Zeugin auf das Opfer eingeschlagen habe, fand der Angeklagte später in seiner Wohnung und übergab es der Polizei. Da der gesamte Prozess lediglich auf Indizien basiere, müsse sein Mandant freigesprochen werden.

In seinem letzten Wort beteuerte der Angeklagte seine Unschuld: "Ich habe nicht gelogen und habe meinem Nachbarn nichts getan. Es tut mir sehr leid, dass er gestorben ist".

Nach eingehender Beratung des Gerichts wurde am 15. April das Urteil gesprochen.

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Haftfortdauer wird angeordnet.

Urteilsbegründung:
In der Gesamtschau sei die Täterschaft des Angeklagten zweifelsfrei erwiesen. Das Tatmotiv sei übertriebene Eifersucht gewesen, weil der Angeklagte annahm, seine damalige Partnerin habe mit dem späteren 74-jährigen Opfer Sex gehabt. Der Angeklagte habe auch eingeräumt, dass er gegen das Opfer Gewalt ausgeübt und mit einem Messer bedroht habe. Die damalige Partnerin des Angeklagten hätte bei Gericht mit einem stabilen Aussageverhalten überzeugt und keinerlei Belastungseifer dem Angeklagten gegenüber gezeigt, obwohl sie wusste, dass er sie beschuldigt hatte, den Mann mit dem Messer erstochen zu haben. Die Strafkammer sah keinen Tötungsvorsatz bei dem Angeklagten, er wollte dem Mann bewusst Schaden zufügen und einen Denkzettel verpassen, weil er glaubte, er hätte Sex mit seiner Partnerin. Erst nach der Tat habe er gemerkt, was er angerichtet hatte.

Der Angeklagte sei voll schuldfähig gewesen, wie der Sachverständige ganz klar in seinem Gutachten bestätigte. Darum sei die Freiheitsstrafe, mit der die Strafkammer weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte, straf- und schuldangemessen.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden wurden keine Erklärungen abgegeben, das Urteil ist damit also noch nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte verfolgte den Urteilsspruch vollkommen regungslos mit keinerlei erkennbaren Emotionen.

Im anschließenden Pressegespräch teilte Rechtsanwalt Jörg Weisgerber mit, dass er auf jeden Fall Revision einlegen würde, um das Urteil auf materielle und formelle Fehler prüfen zu lassen. (Wolfgang Rabsch)
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